Bangen nach Unglück
Gewaltiger Felssturz: Paar aus Österreich vermisst
Nach einem gewaltigen Bergsturz im Schweizer Kanton Graubünden werden acht Menschen vermisst, darunter nach Angaben der Kantonspolizei auch zwei Österreicher. Laut Außenministerium in Wien handelt es sich um ein Ehepaar. Das Unglück hat sich am Mittwoch im Dorf Bondo ereignet. Am 3369 Meter hohen Piz Cengalo hinter der Ortschaft hatten sich Gesteinsmassen gelöst und waren ins Tal gedonnert. In der Nacht auf Freitag musste die Suche nach den Vermissten aus Sicherheitsgründen unterbrochen werden, in der Früh wurde sie wieder aufgenommen.
Sechs Personen wurden von Angehörigen als vermisst gemeldet, gesucht werde aber nach insgesamt acht Personen - zwei Österreichern, vier Deutschen und zwei Schweizern, sagte ein Sprecher der Kantonspolizei. Von ihnen fehle jede Spur, berichtete Andrea Mittner, Einsatzleiter im Katastrophengebiet, am Donnerstag bei einer Pressekonferenz.
Wanderer bewegten sich in Gefahrengebiet
Die Vermissten waren laut den Behörden unabhängig voneinander in Zweiergruppen in einem offiziell ausgewiesenen Gefahrengebiet unterwegs gewesen. Die Gemeinde Bondo habe zuletzt am 14. August eine Warnung vor einem möglichen Felssturz herausgegeben, sagte die Gemeindepräsidentin Anna Giacometti bei der Pressekonferenz. "Die Leute haben gewusst, sie bewegen sich in einem gefährdeten Gebiet." Auch die Hüttenwirte hätten Wanderer auf die Gefahren aufmerksam gemacht. Allerdings seien nur wenige Teile des Tales gesperrt gewesen.
Ein Drohnenvideo zeigt das Ausmaß der Katastrophe:
Suche nach Opfern mit Hubschraubern und Hunden
Laut Mittner sei noch in der Nacht auf Mittwoch das Gelände um den Piz Cengalo mit Helikoptern abgesucht worden - ohne Ergebnis. Am Donnerstag wurde eruiert, wo man mit der terrestrischen Suche beginnen könne. Diese wurde dann auch mit Hunden durchgeführt. Mittner berichtete von enormen Geröllmassen. In einem fünf Kilometer langen Gebiet hätten sich die Schuttkegel "mehrere zehn Meter" hoch aufgetürmt. Rund 120 Kräfte von Polizei, Feuerwehr, Zivilschutz und Gemeindepersonal waren am Donnerstag im Einsatz. Wärmebildkameras und Geräte zur Ortung von Handystrahlen helfen bei der Suche, die nun weitergeht.
"Das betroffene Gebiet wird oft von Wanderern und Bergsteigern begangen", zitierte die Schweizer Tageszeitung "Blick" einen Sprecher der Kantonspolizei. Es gebe dort möglicherweise nicht überall Handyempfang. "Wir hoffen, dass dies der Grund ist, weshalb wir nicht alle im Gebiet vermuteten Personen erreichen konnten."
Dorfbewohner wurden von Alarmsystem gewarnt
Der Bergsturz am 3369 Meter hohen Piz Cengalo war so gewaltig, dass die Erdbebenwarte in Zürich die Erschütterungen als Beben der Stärke 3,4 auf der Richterskala registrierte. Ersten Schätzungen zufolge rutschte den Gesteinsmassen eine bis zu vier Millionen Kubikmeter große Mure aus Schlamm und größeren Gesteinsbrocken nach. Die graue Masse schob sich direkt an den Häusern des 200-Seelen-Ortes Bondo, der an der Grenze zu Italien und rund 35 Kilometer südwestlich von St. Moritz liegt, vorbei.
Zwölf Ställe und Almhütten wurden zerstört oder in Mitleidenschaft gezogen. Verletzt wurde im Ort niemand - es gibt ein Alarmsystem, das vor dem Murenabgang gewarnt hatte.
Hauptstraße durch das Tal beschädigt und gesperrt
Experten hatten den Bergsturz erwartet, seien aber von den mitgeschwemmten Wassermassen überrascht worden, berichtete die Lokalzeitung "Engadiner Post". Die Einwohner des Ortes dürfen vorerst nicht in ihre Häuser zurückkehren, da weitere kleinere Felsstürze im Seitental Val Bondasca nicht ausgeschlossen werden können. Am Freitagvormittag soll die Lage neu beurteilt werden. Die Hauptstraße durch das Tal blieb vorerst gesperrt. Die Fahrbahn war sowohl unterspült als auch überspült worden, ist beschädigt und stellenweise verschüttet.
Zweite Wanderergruppe unversehrt gefunden
Eine zweite Gruppe Wanderer, die auch in dem Tal in Graubünden vermutet und ursprünglich als vermisst gemeldet worden war, sei inzwischen wieder unversehrt in Italien aufgetaucht, wie eine Sprecherin der Polizei am Donnerstag erklärte.
Bergsturzgefahr war schon seit Langem bekannt
Die Bergsturzgefahr am Piz Cengalo war seit Langem bekannt. Das Gebiet wird seit Jahren vom kantonalen Amt für Wald- und Naturgefahren überwacht. Bei einer Messung Ende Juli hatten Geologen laut einem Medienbericht massiv erhöhte Felsbewegungen festgestellt. Vergangene Woche war dann offenbar ein Betretungsverbot für "Maiensässe" - eine Sonderform der Alm - im gefährdeten Gebiet ausgesprochen worden.
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