14.10.2016 18:54 |

Gauck an Wutbürger:

"Dieses Deutschland werdet ihr nicht kriegen"

Nach den massiven Anfeindungen und Pöbeleien am Deutschen Einheitsfeiertag Anfang Oktober hat sich Bundespräsident Joachim Gauck für Grenzen im Dialog mit Wutbürgern ausgesprochen. Wer nur seinen Hass zum Ausdruck bringe und Politiker als Abschaum bezeichne, habe die Kultur des Diskurses verlassen. Gaucks provokante Botschaft an die Wutbürger: "Ihr könnt hassen, so viel Ihr wollt. Dieses Deutschland werdet ihr nicht in die Hand kriegen."

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"Wir befinden uns in einer Zeit, in der allzu oft Anstandsregeln und Respekt missachtet werden", zitierte die deutsche Tageszeitung "Die Welt" das Staatsoberhaupt unter Berufung auf den Evangelischen Pressedienst. Gauck bezog sich damit auf persönliche Erfahrungen während der Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit in Dresden.

Anhänger des rechtsradikalen Bündnisses Pegida hatten dort den Bundespräsidenten und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wüst beschimpft. Die Demonstranten hatten Parolen wie "Volksverräter", "Haut ab" und "Merkel muss weg" gerufen. Augenzeugen hatten von einem Spießrutenlauf für Gäste und Politiker berichtet. Vor zwei Jahren schlug mit dem ersten sogenannten Abendspaziergang durch Dresden die Geburtsstunde der islam- und fremdenfeindlichen Pegida-Bewegung.

Gauck: "Land ist geprägt von Sicherheit, Demokratie und Freiheit"
Für diese Form der Wut zeigte Gauck im Interview mit der "Welt" kein Verständnis. Das Land sei geprägt von Rechtssicherheit, stabilen Institutionen, sozialer Sicherheit, Demokratie und der Freiheit jedes Einzelnen, "so wie wir es niemals zuvor in Deutschland hatten". Die Wut passe nicht zu diesen Verhältnissen. Gauck forderte die Politiker auf, denjenigen Brücken zu bauen, die zum Dialog bereit seien und Argumente benutzten. "Aber nicht denjenigen, die mit Hass oder Wut oder sogar mit Straftaten auf eine Gesellschaft und ihre politischen Vertreter reagieren, die von der ganz breiten Mehrheit der Bevölkerung so gewollt und so gewählt wurden", betonte er.

Lob für ehrenamtliche Flüchtlingshelfer
Gegenüber der "Welt" wies der Bundespräsident auch auf die vielen Menschen in Deutschland hin, die sich ehrenamtlich um die Integration der Flüchtlinge bemühten: "In jedem Ort dieses Landes leben Menschen, die sich nicht nur um sich kümmern, sondern um das Gemeinwesen, die freiwillig Not lindern wollen oder sozial Schwachen helfen." Gauck bezeichnete diese Menschen als "Inspiration und Kraftquelle". In mehreren Jahrzehnten habe sich in der Bundesrepublik ein "echtes Bürgerbewusstsein" entwickelt.

Minister: "Pegida-Anhänger wollen nicht diskutieren"
Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) will dagegen weiterhin auf den Dialog mit Pegida-Anhängern setzen. "Wir sind bereit zu diskutieren, damit es am Ende vielleicht sogar Veränderungen geben kann", sagte Ulbig in der Vorwoche den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Ulbig sagte, die Landesregierung, Kommunen und Kirchen böten den Pegida-Anhängern "seit Langem immer wieder Gespräche an". Es habe sich aber leider gezeigt, dass die Pegida-Anhänger gar nicht diskutieren wollten. Sie wollten lieber allen zeigen, "dass sie für Argumente und Diskussionen nicht mehr zur Verfügung stehen", sagte Ulbig. Diese Menschen seien aus Prinzip gegen alles. "Sie säen Hass, der in Gewalt münden kann", betonte er. In dieser respektlosen Form stoße die Demokratie an ihre Grenzen.

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