Yasmin liest derzeit keine Zeitung, sie schaltet das Radio aus, wenn die Nachrichten kommen. "Ich bin doch keine Sozialschmarotzerin", sagt die 39-Jährige traurig. Das Problem: Yasmin hat ihren Job verloren und sie ist mittlerweile auf Mindestsicherung angewiesen - so wie sehr viele andere Österreicher auch. Wenn sie aktuell ständig liest und hört, dass bei Menschen wie ihr noch mehr gespart werden soll, sagt sie: "Ich drehe jetzt schon jeden Euro dreimal um. Es ist nicht leicht, mit 837 Euro im Monat über die Runden zu kommen. Ich bin oft verzweifelt und weiß nicht, wie ich meine Rechnungen bezahlen soll."
Ich kann Yasmin verstehen. Die Art und Weise, wie derzeit über Menschen in Not gesprochen und berichtet wird, tut mir weh. Oft wird so getan, als ermögliche die Mindestsicherung ein Leben in Luxus. Die Wahrheit ist: Sie verhindert ein Abrutschen in totale Armut - von Männern, Frauen und besonders erschreckend von vielen Kindern. Sie verhindert Obdachlosigkeit und Krankheit. Sie verhindert Hoffnungslosigkeit und Elend.
Wovon reden wir eigentlich? Hier ein paar Fakten:
Unser Appell als Caritas lautet: Die Mindestsicherung muss reformiert, sie darf nicht diffamiert werden! Wir benötigen ein echtes Reformpaket!
Manche finden es ungerecht, dass Menschen auf der Flucht, die hier Asyl erhalten, auch Mindestsicherung bekommen. Ich nicht. Warum? Ich glaube, der Name Mindestsicherung ist hier nicht passend. In Wirklichkeit geht es ja um eine Starthilfe für den Neuanfang in Österreich, von dem alle profitieren. Während sie diese Starthilfe erhalten, sollen die Menschen Deutsch lernen, eine Ausbildung absolvieren und sich eine Arbeit suchen können. Darum geht es. Um nicht mehr und um nicht weniger, und das können wir auch einfordern.
Yasmin sagt: "Politiker, die die Mindestsicherung als zu hoch empfinden, lade ich gerne ein, einen Monat mit 837 Euro auszukommen. Da geht es nicht nur um Menschen auf der Flucht, die wollen auch bei mir kürzen." Würden sie dieser Einladung nachkommen, sähe die Welt vermutlich anders aus. Vielleicht sollten sie aber auch in die Obdachloseneinrichtung Gruft kommen und dort ihre Verhandlungen führen. Sie sind dort auf alle Fälle genauso herzlich willkommen wie obdachlose Menschen, die im Vorjahr dort mehr als 110.000 warme Mahlzeiten erhalten haben.
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