Keine Anstellung

“Krisenmütter” frustriert: “Brauchen Absicherung!”

Steiermark
03.08.2016 21:15

Wenn Kinder in Krisenfällen aus ihren Familien genommen werden müssen, öffnen ihnen steirische Pflegefamilien ihre Türen und Herzen. Die Frauen, die diese Pflege meist übernehmen, können und dürfen von dieser Aufgabe nicht ihren Lebensunterhalt bestreiten. Drei von ihnen haben der "Krone" ihre Situation geschildert.

"Wir rechnen jederzeit mit dem Anruf, dass irgendwo ein Kind abzuholen ist", schildern die Krisenmütter. Es ist eine schwere Aufgabe, die sie übernehmen - sie sind keine klassischen Pflegeeltern, die ein Kind in Dauerbetreuung haben, sondern springen in Krisenfällen vorübergehend ein. Als Familienpädagoginnen sind sie ausgebildet; die Fälle, die sie übernehmen, brauchen meist Rund-um-die-Uhr-Pflege. Man würde meinen, dass sie dafür dementsprechend entlohnt werden. Doch die Realität sieht anders aus!

Ausgaben müssen vorfinanziert werden
"Die erste Frage, die mir gestellt wurde, war: Sind Sie finanziell abgesichert?", erinnert sich eine von ihnen. Solange Krisenkinder bei ihnen sind, bekommen sie monatlich Pflegekindergeld und Familienbeihilfe - für die betreuerische Tätigkeit zusätzlich in einem freien Dienstvertrag einen Betrag knapp über dem Mindestlohn. "Der Großteil geht für die Kinder auf. Viele sind krank, traumatisiert." Oft haben die Kinder, wenn sie kommen, nur die Kleidung, die sie am Leib tragen, müssen neu ausgerüstet werden. Auch wenn das Kind eine Zahnspange braucht oder zum Musikunterricht will, müssen die Familienpädagogen sämtliche Ausgaben vorfinanzieren und die Beträge später mit den jeweiligen Behörden abrechnen. "In jedem Bezirk läuft das anders, nicht überall wird das Gleiche genehmigt. Oft dauert es ein Jahr, braucht viele Diskussionen, bis wir das Geld bekommen", erzählen sie.

Keine Rechte, viele Pflichten
Dadurch, dass ihnen kein angemessenes Einkommen zugestanden wird, werden sie in eine unzeitgemäße Abhängigkeit geführt: "De facto sind wir finanziell total von unseren Partnern abhängig", beklagen sie. Und: "Wenn die Kinder nicht zu uns, sondern in ein Kinderdorf kommen, werden sie auch von Betreuerinnen mit Anstellung versorgt." Als Familienpädagoge hat man viele Pflichten: Neben der Betreuung der Kinder wird die Zusammenarbeit mit den involvierten Behörden und den leiblichen Eltern  gefordert. Aber man hat keine Rechte - etwa  auf Mitsprache bei Entscheidungen über die Zukunft der Kinder. Auch persönliche Bedürfnisse muss man hintan stellen.

Einheitliches System gefordert
"Was wir machen, ist direkte soziale Arbeit im Auftrag der öffentlichen Hand, behandelt werden wir, als wäre es eine Charity-Aktion", sind sie wütend und fordern: "Die Situation der Familienpädogen muss verbessert und das System österreichweit einheitlich geregelt werden. Wir wollen keine Extras, nur menschenwürdige Anerkennung und ein angemessenes Entgelt."
Mit ihren Sorgen und Klagen fühlen sich die Familienpädagoginnen schon seit Jahrzehnten von den Verantwortlichen ignoriert.

Einen Fehler im System sieht man im Büro der Soziallandesrätin Doris Kampus nicht: "Wir sind dankbar, dass es Menschen gibt, die sich dieser schweren Aufgabe stellen." Aber: "Anders als etwa im SOS-Kinderdorf ist die Betreuung im Familienverbund nicht als Vollzeitjob gedacht. Das weiß man, wenn man sich für dieses Modell entscheidet. Deshalb braucht man auch eine viel geringere Ausbildung." Eine Anstellung wäre zudem auch rechtlich schwierig, man könne Müttern ja nicht vorschreiben, wie sie in ihren Familien, wo die Betreuung stattfindet, agieren. Aber: "In der Steiermark gibt es seit 2013 eine sozialversicherungsrechtliche Absicherung. Die  gibt es in vielen Bundesländern nicht."

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