Alarmierende Zahlen im neuen, österreichweiten Sektenbericht riefen vor dem Sommer die Politik auf den Plan. Kritische Worte von Barbara Neßler an als Online-Coachings getarnten Gewaltaufrufen im Netz wurden für die Grüne zum Bumerang. Sie sieht sich nun selbst Attacken und Anfeindungen ausgesetzt.
„Denke die frigide alte sollte mal ne Privatsession bekommen zur Einsicht“. Nachrichten wie diesen sieht sich die Grüne Nationalrätin Barbara Neßler seit geraumer Zeit ausgesetzt. In der „Krone“, aber auch auf Social-Media hat sie im Juli im Nationalrat vor den Gefahren von Pseudo-Coaching gewarnt. Als Beispiel führte sie unter anderen Markus Streinz an. Der Oberösterreicher bietet Online-Coachings für bis zu 15.000 Euro an
„Ich habe sie schlagen müssen …“
Alleine im Jahr 2024 verzeichnete die Bundesstelle für Sektenfragen, die bundesweit eine ganz generelle deutliche Radikalisierung im esoterischen Coaching-Sektor feststellte, 24 und damit überdurchschnittlich viele Anfragen zu dem selbsternannten spirituellen Mentor.
„Über seine Plattform vermarktet er sich als Transformationscoach und verspricht tiefgreifende Bewusstseinsveränderung. Was auf den ersten Blick wie ein spirituelles Erfolgsprogramm wirkt, entpuppt sich laut zahlreichen Berichten als manipulatives System mit sektenähnlichen Strukturen“, heißt es darin. Streinz, der mit der „Liberator Academy“ ebenfalls für eine Online-Akademie zur Selbstoptimierung, zur Verwirklichung geschäftlichen Erfolgs und für ein tieferes Verständnis der menschlichen Psyche wirbt, hat laut dem Bericht wiederholt in Online-Coachings gewaltidealisierende und abwertende Aussagen getätigt. „Ich habe sie schlagen müssen …“, ist in seinen Videos etwa zu hören.
Die Bundesstelle verortet Streinz im Trend vom Rollenklischee-Coaching hin zu misogynen bzw. gewaltbefürwortenden Inhalten; Misogynie zeige sich weniger offen, aber implizit in Erzählungen und Handlungen. Im Kapitel „Entwicklungen/Trends“ wird Streinz als prominentes Beispiel dafür analysiert, wie Online-Coachings bis hin zu offen frauenfeindlichen Weltbildern und Gewaltverherrlichung kippen können. Streinz selbst hielt zu den Vorwürfen zuletzt gegenüber dem ORF fest, dass alles stets einvernehmlich passiert sei.
Grüne fordert Gütesiegel
Für die Grüne hatte die offene Kritik jedenfalls eine Welle an Beleidigungen zur Folge. Im Netz sieht sie sich seither Angriffen aus seiner Anhängerschaft, mit zutiefst widerlichen Aussagen, ausgesetzt, die der „Krone“ vorliegen. Einschüchtern lassen will sich die Nationalrätin, sie gilt auch als Kandidatin für den Chefposten in der Tiroler Landespartei, aber nicht. „Was in der Online-Pseudo-Coaching-Szene passiert, ist einfach irre. Esoterik, toxische Männlichkeitsbilder und sektenähnliche Strukturen vermischen sich. Menschen werden von Familie und Freunden isoliert, gedemütigt – teils sogar sexuell missbraucht, wie u. a. Betroffene auch über den Österreicher Markus Streinz berichten“, meint Neßler.
Politisch werde das Thema laut der Grünen noch immer unterschätzt. Oft sehe man am ersten Blick nicht, ob ein Coaching seriös ist oder ein gefährliches Geschäftsmodell dahintersteckt. Darum fordert Neßler nun ein verpflichtendes Gütesiegel mit klaren Standards, um Konsumenten zu schützen und seriöse Anbieter sichtbar zu machen.
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