Euphorisch wurde für Ende 2026 die neue Zugverbindung München – Innsbruck – Mailand mit dem italienischen „Frecciarossa“ vermeldet. Freilich: Die angepeilte Zeit von rund sechseinhalb Stunden schaffte man schon 1976. Die „Krone“ fragte nach, warum sich der Fortschritt in Grenzen hält.
Die Eisenbahn-Zukunft beginnt 2026 – oder sind die Fortschritte doch nicht so spektakulär? ÖBB, Deutsche Bahn und Trenitalia kündigten eine Direktverbindung an, die die 600 Kilometer lange Strecke München via Innsbruck nach Mailand in etwa sechseinhalb Stunden bewältigen wird. Rund fünf Stunden dürfte man demnach von Innsbruck nach Mailand benötigen. Exakte Zeiten fehlen noch.
Österreich und Tirol wird erstmals an das italienische High-Speed-Netz angebunden. Damit rücken Europas Regionen enger zusammen.
Sabine Stock, Vorständin ÖBB Personenverkehr
Jubeltreffen kürzlich in München
Ein Großaufgebot an Politikern und Bahnmanagern traf sich im Mai in der bayerischen Weißwurstmetropole, um die Pläne stolz bekannt zu geben. Zum Einsatz kommt der futuristische „Frecciarossa 1000“ – 200 Meter lange Züge mit acht Wägen und 462 Sitzplätzen.
„Österreich und Tirol wird erstmals an das italienische High-Speed-Netz angebunden. Damit rücken Europas Regionen enger zusammen“, frohlockte etwa Sabine Stock, Vorständin ÖBB Personenverkehr.
Nach den angeblichen Verbesserungen und Milliarden-Investitionen gelten demnach gleich lange Fahrzeiten wie in den 70er Jahren?
Gerhard Kernstock, Hobby-Eisenbahnkenner
Fahrpläne von 1976/77 rücken Innovation zurecht
Alles löblich, doch man sollte die Jubelmeldungen bahnhistorisch richtig einordnen. Eisenbahnkenner Gerhard Kernstock aus Innsbruck verweist auf den Winterfahrplan 1976/77, der die Route München-Mailand ebenfalls enthält. 6 Stunden und 46 Minuten sind für den Schnellzug „Mediolanum“ veranschlagt, der optisch längst vergangene Eisenbahn-Zeiten verkörpert. In Tirol gab es Halte in Kufstein (16.44 Uhr) und in Innsbruck (17.30 Uhr). Fahrzeit Innsbruck-Mailand also keine fünf Stunden!
Fazit: Das sind annähernd die selben Zeiten wie vor 50 Jahren, auch wenn die exakten „Frecciarossa“-Fahrzeiten erst im August 2026 feststehen sollen.
„Nach den angeblichen Verbesserungen und Milliarden-Investitionen gelten demnach gleich lange Fahrzeiten wie in den 70er Jahren?“, fragt sich Kernstock. Und dies trotz der damaligen Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h und Lokomotiv-Wechsel am Brenner.
Aufgrund des dichteren Taktverkehrs ist es heutzutage schwieriger, schnelle Trassen für einzelne Züge zu finden.
Christoph Gasser-Mair, ÖBB-Pressesprecher
ÖBB-Reaktion: Dichter Takt macht es schwieriger
Was sagen die ÖBB? Sprecher Christoph Gasser-Mair verweist auf den heutigen „viel dichteren Taktverkehr“. Daher sei es schwieriger, freie schnelle Trassen zu finden. Einst plante man zudem mit weniger Zeitreserven, weil es keine „Takt-Züge“, sondern beschleunigte Einzelzüge waren.
Ein Trost? Auf Tiroler Gebiet (Unterinntaltrasse) ist der „Superzug“ schneller als früher.
Kommentare
Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.