Bahn-Jubel relativiert

70er-Lok gleich flott wie hochmoderner „Superzug“

Tirol
10.08.2025 06:00

Euphorisch wurde für Ende 2026 die neue Zugverbindung München – Innsbruck – Mailand mit dem italienischen „Frecciarossa“ vermeldet. Freilich: Die angepeilte Zeit von rund sechseinhalb Stunden schaffte man schon 1976. Die „Krone“ fragte nach, warum sich der Fortschritt in Grenzen hält.

Die Eisenbahn-Zukunft beginnt 2026 – oder sind die Fortschritte doch nicht so spektakulär? ÖBB, Deutsche Bahn und Trenitalia kündigten eine Direktverbindung an, die die 600 Kilometer lange Strecke München via Innsbruck nach Mailand in etwa sechseinhalb Stunden bewältigen wird. Rund fünf Stunden dürfte man demnach von Innsbruck nach Mailand benötigen. Exakte Zeiten fehlen noch.

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Österreich und Tirol wird erstmals an das italienische High-Speed-Netz angebunden. Damit rücken Europas Regionen enger zusammen.

Sabine Stock, Vorständin ÖBB Personenverkehr

Jubeltreffen kürzlich in München
Ein Großaufgebot an Politikern und Bahnmanagern traf sich im Mai in der bayerischen Weißwurstmetropole, um die Pläne stolz bekannt zu geben. Zum Einsatz kommt der futuristische „Frecciarossa 1000“ – 200 Meter lange Züge mit acht Wägen und 462 Sitzplätzen.

„Österreich und Tirol wird erstmals an das italienische High-Speed-Netz angebunden. Damit rücken Europas Regionen enger zusammen“, frohlockte etwa Sabine Stock, Vorständin ÖBB Personenverkehr.

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Nach den angeblichen Verbesserungen und Milliarden-Investitionen gelten demnach gleich lange Fahrzeiten wie in den 70er Jahren?

Gerhard Kernstock, Hobby-Eisenbahnkenner

Fahrpläne von 1976/77 rücken Innovation zurecht
Alles löblich, doch man sollte die Jubelmeldungen bahnhistorisch richtig einordnen. Eisenbahnkenner Gerhard Kernstock aus Innsbruck verweist auf den Winterfahrplan 1976/77, der die Route München-Mailand ebenfalls enthält. 6 Stunden und 46 Minuten sind für den Schnellzug „Mediolanum“ veranschlagt, der optisch längst vergangene Eisenbahn-Zeiten verkörpert. In Tirol gab es Halte in Kufstein (16.44 Uhr) und in Innsbruck (17.30 Uhr). Fahrzeit Innsbruck-Mailand also keine fünf Stunden!

Schwarz auf weiß: Die Fahrzeiten 1976/77 zwischen München, Mailand und Innsbruck.
Schwarz auf weiß: Die Fahrzeiten 1976/77 zwischen München, Mailand und Innsbruck.(Bild: ÖBB Kursbuch 1976/77)

Fazit: Das sind annähernd die selben Zeiten wie vor 50 Jahren, auch wenn die exakten „Frecciarossa“-Fahrzeiten erst im August 2026 feststehen sollen.

„Nach den angeblichen Verbesserungen und Milliarden-Investitionen gelten demnach gleich lange Fahrzeiten wie in den 70er Jahren?“, fragt sich Kernstock. Und dies trotz der damaligen Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h und Lokomotiv-Wechsel am Brenner.

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Aufgrund des dichteren Taktverkehrs ist es heutzutage schwieriger, schnelle Trassen für einzelne Züge zu finden.

Christoph Gasser-Mair, ÖBB-Pressesprecher

ÖBB-Reaktion: Dichter Takt macht es schwieriger
Was sagen die ÖBB? Sprecher Christoph Gasser-Mair verweist auf den heutigen „viel dichteren Taktverkehr“. Daher sei es schwieriger, freie schnelle Trassen zu finden. Einst plante man zudem mit weniger Zeitreserven, weil es keine „Takt-Züge“, sondern beschleunigte Einzelzüge waren.

Ein Trost? Auf Tiroler Gebiet (Unterinntaltrasse) ist der „Superzug“ schneller als früher. 

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