Zwei Jahre Haft

IS-Anhänger: „Hab mit Gedanken gespielt“

Wien
01.08.2025 14:42

Ein aus Sicht der Staatsanwaltschaft ungeachtet seines fast noch kindlichen Alters gefährlicher Anhänger der radikalen Terror-Miliz „Islamischer Staat“ (IS) ist am Freitag am Wiener Landesgericht zur Verantwortung gezogen worden. Der 15-jährige Schüler wurde wegen terroristischer Vereinigung, krimineller Organisation und Anleitung zur Begehung einer terroristischen Straftat zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe verurteilt.

Davon wurden acht Monate unbedingt ausgesprochen. 16 Monate bekam der bisher unbescholtene und weitgehend geständige Jugendliche unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen. Bewährungshilfe wurde angeordnet, der 15-Jährige wurde außerdem per Weisung verpflichtet, ein bereits angelaufenes Deradikalisierungsprogramm fortzusetzen.

Urteil angenommen
Er war mit dem Urteil ebenso einverstanden wie der Staatsanwalt. Die Entscheidung ist somit rechtskräftig. Da dem Schüler die U-Haft auf den unbedingten Strafteil angerechnet wird, muss er noch rund drei Monate im Gefängnis verbringen. Eine Lehrplatzzusage für Mitte August, die seine Verteidigerin vorlegte, ist damit vorerst obsolet.

Hinweise aus Schule führten zu Festnahme
Der 15-jährige IS-Anhänger wurde am 7. März festgenommen, nachdem die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) und das Wiener Landesamt Staatsschutz und Extremismusbekämpfung (LSE) aufgrund von Hinweisen aus seiner Schule auf ihn aufmerksam geworden war. Zwei Eltern hatten sich unabhängig voneinander an den Verfassungsschutz gewandt, weil die radikale Gesinnung des Burschen mit indischen Wurzeln aufgefallen war. Er hatte in der Klasse bzw. am Schulgelände Mitschülern Propaganda-Videos des IS, darunter auch Clips mit Enthauptungen von Gefangenen und Geiseln des IS, gezeigt.

Wie sich dann im Zuge der Erhebungen herausstellte, hatte er in seinem Spind in der Schule ein Kampfmesser verwahrt. Bei einer Hausdurchsuchung an seiner Adresse konnte umfangreiches Propagandamaterial sichergestellt werden. Bei der Auswertung von beschlagnahmten Datenträgern zeigte sich dann, dass er sich mit terroristischen Anschlagsabsichten trug und sich in der Bundeshauptstadt mit drei IS-Anhängern vernetzt hatte, die sich allesamt wegen terroristischer Vereinigung bereits in Wien in U-Haft befanden.

In Kontakt mit verhindertem Westbahnhof-Attentäter
Einer von ihnen war der gleichaltrige verhinderte Westbahnhof-Attentäter, der am 10. Februar festgenommen worden war und der vor knapp zwei Wochen am Wiener Landesgericht nicht rechtskräftig zwei Jahre teilbedingt ausgefasst hat. Die Festnahme seines Bekannten hatte den 15-Jährigen wütend gemacht. In einem Chat kündigte er einem weiteren IS-Anhänger an, er werde dafür „Rache üben“. Von einem 20-Jährigen aus dem IS-Netzwerk, das sich um den Angeklagten gebildet hatte, ließ er sich in einem Army-Shop in einem Wiener Einkaufsbezirk ein Kampfmesser mit einer Klingenlänge von 18 Zentimeter beschaffen, das der 15-Jährige in seiner Schule verwahrte, weil er befürchtete, seine Eltern würden es zu Hause entdecken.

Die Staatsanwaltschaft Wien führt gegen den 20-Jährigen übrigens bereits ein drittes (sic) Verfahren wegen terroristischer Vereinigung. Sämtliche Deradikalisierungsversuche dürften in diesem Fall nachhaltig gescheitert sein.

Nachdem er das Messer hatte, besorgte sich der 15-Jährige ohne fremde Hilfe im Internet mehrere Bombenbau-Anleitungen und konsumierte Tutorials, wie Selbstmord-Anschläge durchzuführen sind. Vor allem über Anschläge mit Autobomben informierte er sich eingehend. Der 15-Jährige gab vor einem Schöffensenat zu, er sei nach der Festnahme seines gleichaltrigen Bekannten zunächst auf Rache aus gewesen: „Aber das hat sich schnell auf Eis gelegt.“ Gegenüber der Jugendgerichtshilfe hatte der Schüler im Ermittlungsverfahren jedoch noch auf das „Recht auf Vergeltung“ bestanden und bekräftigt, er habe sich dafür das Kampfmesser besorgt.

„Hab‘ mit dem Gedanken gespielt, einen Anschlag zu verüben“
„Ich hatte diese Gedanken. Ich hab mit dem Gedanken gespielt, einen Anschlag zu verüben. Aber ich hatte keinen Plan. Ich könnte mir nicht zutrauen, wen zu töten. Ich bin 15 Jahre alt. Ich hab' mir nicht zugetraut, was zu tun“, gab der Angeklagte zu Protokoll, der von sechs schwer bewaffneten Beamten der Justizwache Einsatzgruppe (JEG) von der Justizanstalt (JA) Josefstadt in den Gerichtssaal gebracht wurde. Er hätte „keine Mittel, das umzusetzen“ gehabt.

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