"Will letztes Essen"

Todeskandidat scherzt vor 4. Gang in die Giftkammer

Ausland
24.09.2012 08:45
Es ist Galgenhumor im wahrsten Sinne des Wortes: Ein wegen Mithilfe bei einem Mord zum Tode verurteilter Ex-Soldat hat schon drei Hinrichtungstermine und zwei tatsächliche "Trips" in die Giftkammer überlebt und scherzt in einem Interview über verhinderte Henkersmahlzeiten und die gruseligen Stahltüren im ältesten Gefängnis Texas'. Cleve Foster, der seine Beteiligung am Mord einer 30-jährigen Sudanesin im Jahr 2000 bis heute bestreitet, hofft dennoch, dass er auch von seinem vierten Gang zum Schafott am Dienstag erzählen kann.

Den Weg zur Hinrichtungskammer im Huntsville-Gefängnis haben die meisten getöteten Häftlinge nur einmal beschritten. Seit 1924 starben ingesamt 846 Verurteilte in Texas durch die Hand des Staates, bis Mitte der Sechziger am elektrischen Stuhl, danach durch die Giftspritze. Foster, 48, hat in den letzten 21 Monaten schon zweimal die Erfahrung gemacht, als "Dead Man Walking" von seinem Stammgefängnis, der Polunsky-Haftanstalt in Livingston, in die seit 1849 bestehende "Huntsville Unit" überstellt zu werden.

Zweimal gewährte ein Gericht kurz vor der Hinrichtung einen Aufschub, weil Fosters Anwälte angebliche Verfehlungen seines Pflichtverteidigers aufzeigten. Einmal, heuer im April, wurde sein Hinrichtungstermin früher "storniert". Für ein neues Verfahren reichte es bislang nicht. Auch vor dem vierten Hinrichtungstermin, der für Dienstagabend angesetzt ist, ist ein Antrag beim Supreme Court anhängig. Foster ist zuversichtlich: "Ich will nicht überheblich klingen, aber ich habe Vertrauen in meinen Anwalt und in Gott."

"Da sitzt du dann, in Handschellen und Fußfesseln"
Der typische Hinrichtungstag in Texas beginnt mit einer vierstündigen Besuchszeit für Familie und Freunde. "Der letzte Besuch, das ist das Einzige, vor dem ich mich fürchte", erklärt Foster einem Reporter der Nachrichtenagentur AP beim Interview durch die Gegensprechanlage. Das Gespräch wurde bereits Ende August geführt, durfte aber erst jetzt, einen Tag vor dem Hinrichtungstermin, veröffentlicht werden.

Zu Mittag beginnt das eigentliche Exekutionsprocedere. 111 Schritte seien es von seiner Zelle zum Überstellungszentrum, wo er nach einer Routine-Durchsuchung die einstündige Fahrt zum Hinrichtungstrakt antritt, erzählt Foster. Am lebhaftesten sei ihm die schwere Stahltür zur Hinrichtungskammer in Erinnerung. "Diese Tür, du kannst deinen Blick nicht von dieser Tür nehmen", schildert Foster. Vier Stunden habe er beim ersten Mal im Vorraum gewartet und auf die Tür geblickt, durch die er zum Tode schreiten würde. "Da sitzt du dann, in Handschellen und Fußfesseln. Sie geben dir Stoffschuhe, mit denen du schlurfen musst, damit sie anbleiben."

Der Todestrakt selbst sei gruselig. "Man sieht gleich, dass das hier schon seit einiger Zeit steht. Alles ist zwar sauber poliert, aber trotzdem steinalt. Du blickst dich um, hier drin steckt viel Geschichte." Beim ersten Mal war es knapp, an Foster war bereits der Beutel mit den Giftspritzen vorbeigetragen worden. Beim zweiten Mal sei er einige Stunden nach der Ankunft in Huntsville wieder weggeschickt worden. Seine Verwandten waren beide Male angereist, nur um dann zu erfahren, dass die Hinrichtung ausgesetzt wurde. Foster scherzt, er komme sich vor wie im Eagles-Song "Hotel California": "You can check out any time, but you can never leave."

Letzter Wunsch: Eine ungestörte Henkersmahlzeit
Beim ersten Mal im Jänner 2011 gab es noch eine Henkersmahlzeit. Foster bestellte Huhn, "da waren richtig tolle Gewürze drauf". Beim zweiten Mal, im September vergangenen Jahres, galt bereits eine neue Regel, wonach zum Tode verurteilten Häftlingen keine besondere letzte Malzeit zu gewähren sei. Foster sollte daher dasselbe wie die anderen Häftlinge bekommen: Huhn und Nachos.

Doch kaum hatte er zum Besteck gegriffen, kam die Nachricht vom Anwalt: Der Aufschub sei genehmigt worden, er werde jetzt zurück in sein Stammgefängnis überstellt. Foster fragte, ob man ihm das Abendessen einpacken könne, doch die Gefängniswärter verneinten. Für den "vierten Streich" sei er gerüstet, sagt Foster, und scherzt abermals durch die Glasscheibe: "Ich habe dem Gefängnispriester gesagt, sie sollen beim Abendessen den Telefonhörer von der Gabel nehmen. Ich will diese letzte Mahlzeit haben."

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