Live in der Arena Wien

Myrkur: Ewiger Kampf gegen Misogynie und Klischees

In der nordischen Dunkelheit findet sie ihre kreative Kraft: Amalie Bruun aka Myrkur.

(Bild: Gobinder Jhitta)

Am Dienstag spielt die Dänin Amalie Bruun aka Myrkur in der großen Halle der Wiener Arena ihr bislang größtes Österreich-Konzert. Mit ihrem vierten Album „Spine“ im Rücken, befreit sich die 39-Jährige langsam von ewigen Klischees und Vorurteilen, die wie Klebstoff an ihr haften.

In keinem Genre der Welt wird man so streng nach dem Äußeren und der nach außen getragenen Haltung gemessen wie im Black Metal. Uniformität, Corpsepaint, mieselsüchtige Laune und am besten noch eine latente Spur Aggressivität in jeder Alltagssituation sollten zum A&O des Genreklischees gehören. Kein Wunder, dass die Frauenquote im sinistren Subgenre eher gering ist. Ganz und gar nicht so dunkel wie sie sich auf der Bühne gerne gibt, ist Amalie Bruun. Die 39-jährige Dänin reüssiert seit geraumer Zeit unter dem Banner Myrkur (zu Deutsch: Dunkelheit) und weiß sich einer steigenden Fan-Gefolgschaft zu erfreuen. Mit dem Debütalbum „M“ (2015) blieb sie noch weitgehend unter dem Deckmantel der Anonymität verhaften, der Nachfolger „Mareridt“ (2017) machte sie aber zu einem Genre-Star, mit dem folkigen Nachfolger „Folkesange“ (2020) eröffnete sie unfreiwillig die Corona-Pandemie und kletterte in Deutschland in die Top-20 der Charts.

Zwischen Reality-Show und Black Metal
Für Genre-Puristen ist der Erfolg Myrkurs noch immer ein rotes Tuch. Das liegt einerseits an offenkundiger Misogynie, andererseits aber auch an Bruuns Vorleben. Sie war vor ihrer Karriere im Schwarzwurzel-Segment Balletttänzerin, Pop-Star bei ihrer einstigen Band Ex Cops, komponierte den Titelsong für die dänische Reality-Show „Paradise Hotel“ und war immer wieder in Musikvideos und Werbefilmen zu sehen. Wo die einen Hassprediger in ihr die fleischgewordene Zerstörung einer ganzen Szene verortete, warten ihr andere vor, sie wäre eine „Casting-Show-Metallerin“. „Wenn du solche Shitstorms überlebst, dann hebt dich nichts mehr aus den Angeln“, erzählte Bruun uns schon 2019 im „Krone“-Gespräch, als sie die kleine Halle der Wiener Arena restlos ausverkaufte, „ich wurde zu einem Hassobjekt, obwohl ich nichts gemacht habe. Wenn mir Britney Spears nicht gefällt, dann lasse ich sie doch einfach in Ruhe.“

Im Herbst 2023 hat Myrkur mit „Spine“ ihr bereits drittes Studioalbum veröffentlicht und ging damit den nächsten großen Karriereschritt. Folgerichtig spielt sie nun auch in der großen Halle der Arena. Was die Ewiggestrigen im Black Metal nicht verstehen, ist die Ironie ihres Hasses. Black Metal steht per se für das Aufbrechen von Grenzen, für das Anderssein und das Niederreißen bestehender Dogmen und Klischees – alles Dinge, die Myrkur durch sich und ihre Musik ausreichend erfüllt. „Von Frauen kriege ich jedenfalls sehr viel positives Feedback. Es würde mich freuen, wenn ich mit dem Projekt Myrkur andere Frauen dazu animieren könnte, auch auf die Bühne zu gehen und Black Metal zu spielen.“ Auf der Bühne verbindet Bruun feminine Elemente mit einem düsteren Bühnenbild, harschen musikalischen Ausritten und einer dem Norden anheim liegenden Folklore. „Ich will Emotionen verbreiten, um ein gewisses Unwohlsein in den Menschen hervorzuholen.“

Live in Wien
Am 16. April konzertiert Myrkur mit dem neuen Album „Spine“ erstmals in der großen Halle der Wiener Arena. Im Vorprogramm ist der Schwede Jonathan Hultén zu sehen, der vor geraumer Zeit mit Tribulation für Furore sorgte und seither solo einem wesentlich folkloristischeren Pfad folgt. Unter www.oeticket.com und auch an der Arena-Abendkassa wird es noch Karten für das Konzertereignis geben.