Kurioser Prozess

Wiener bringt seine Domina mit „Gschichtl“ in Haft

Gericht
20.03.2024 09:00

19.300 Euro für eine Nacht voller Erinnerungslücken: Weil ein Techniker nach einem berauschten Bordellbesuch das Geld zurückwollte, ging er mit falschen Angaben zur Polizei. Das sündteure Vergnügen in einem Wiener Transsexuellen-Studio verschleierte der 54-Jährige. Bei der Prostituierten klickten zu Unrecht die Handschellen. Jetzt wurde der Mann verurteilt.

Es gibt nichts, das es nicht gibt im Wiener Landesgericht. Der Prozess gegen einen 54-jährigen Techniker zeigt es. Ein bieder wirkender Herr betritt Saal 14: graues Haar, adrett gekleidet. Er spricht von einer 30-jährigen Beziehung und davon, dass er zwischen seiner Stadtwohnung und einem Haus am Land pendle. 

„Abstecher“ ins Bordell
Klingt unspektakulär. Wäre da nicht die Nacht von 16. auf 17. Oktober 2023.  Bei der Heimfahrt von einem feucht-fröhlichen Abend mit Freunden in der Wiener Innenstadt entschließt sich der Angeklagte spontan, noch einen Abstecher ins Bordell zu machen. Genauer gesagt in ein Transsexuellen-Studio. Dort nimmt er die Dienste einer Italienerin in Anspruch.

Lorenzo (Name geändert) wird in den Zeugenstand gerufen. Sie ist das glatte Gegenteil des Angeklagten: groß, vollbusig, mit dicken Lippen und überdimensionierter Sonnenbrille. Die Italienerin erzählt, wie der Besuch des 54-Jährigen, dessen Gesicht im Saal röter und röter wird, verlief.

Der Kunde wollte partout nicht heimgehen
„Er blieb zuerst zwei Stunden lang, zahlte 600 Euro. Dann nahm er Dominadienste für 1000 Euro in Anspruch“, berichtet die Zeugin in beherztem Italienisch, ein Dolmetscher übersetzt. Danach wollte die Prostituierte den Kunden eigentlich loswerden. Doch der wollte partout nicht gehen, willigte sogar einer massiven Preiserhöhung auf knapp 2000 Euro pro Stunde ein. Erst gegen 10 Uhr früh habe er das Etablissement verlassen, so die impulsive Zeugin.

Zitat Icon

Er hat nicht ganz die Wahrheit gesagt und das Laufhaus aus Scham ausgelassen. Es war ihm extrem peinlich. Aber die abgebuchte Summe lässt sich mit keiner Dienstleistung in Verhältnis setzen.

Der Verteidiger des Angeklagten

19.300 Euro für Vergnügen mit Transsexuellem
Zu einer Straftat kam es erst, nachdem der Mann seinen Rausch, bei dem auch Drogen im Spiel waren, ausgeschlafen hatte. Und er einen Blick auf sein Konto warf: 19.300 Euro kostete das nächtliche Vergnügen insgesamt. „Ich wusste nicht, wo das Geld hin ist. Es war das ganze Ersparte, das ich gehabt habe“, sieht sich der Angeklagte, der von Erinnerungslücken spricht, als Opfer.

Angeklagter wollte sich das Geld zurückholen
Er beschloss, zur Polizei zu gehen, um sich die knapp 20.000 Euro zurückzuholen. Den Beamten tischte er ein „Gschichtl“ auf, in dem der Besuch im Transsexuellen-Studio nicht vorkam. Vielmehr sei er in jener Nacht betrogen worden. Die Kontodaten führten zu Lorenzo, bei dem wenig später die Handschellen klickten. Vier Einvernahmen lang blieb der Wiener bei seiner Version, die Domina verbrachte mehrere Tage unschuldig in Haft.

„Er hat nicht ganz die Wahrheit gesagt und das Laufhaus aus Scham ausgelassen. Es war ihm extrem peinlich. Aber die abgebuchte Summe lässt sich mit keiner Dienstleistung in Verhältnis setzen“, argumentiert der Verteidiger.

Die Falschaussage flog auf
Richter Martin Kampitsch sieht den Tatbestand der falschen Beweisaussage trotzdem eindeutig erfüllt: „Sie hatten mehrere Gelegenheiten, sich doch noch zu erinnern. Erschwerend kommt hinzu, dass eine Person im Ermittlungsverfahren in Haft musste“, verurteilt er den bislang unbescholtenen Mann zu 15 Monaten bedingter Haft, nicht rechtskräftig. „Der Zeuge, die Zeugin, wird mit ihren Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen“, so Herr Rat abschließend – die Prostituierte fordert 7350 Euro Anwaltskosten plus 18.000 Euro Schmerzengeld. 

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Kommentarfunktion steht Ihnen ab 6 Uhr wieder wie gewohnt zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen
das krone.at-Team

User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.



Kostenlose Spiele