U-Ausschuss

Causa Glücksspiel: Lotterien-Chef sieht “Staatsstreich”

Österreich
11.07.2012 14:32
In der letzten Sitzung vor der Sommerpause ging es am Mittwoch im Korruptions-U-Ausschuss noch einmal um die Causa Glücksspiel, also um dubiose Zahlungen der Glücksspielindustrie an die Politik während der Amtszeit von Finanzminister Karl-Heinz Grasser. Den Anfang machte Lotterien-Vorstand Friedrich Stickler (Bild), der von einem geplanten "Staatsstreich" von Telekom und Novomatic sprach. Die Initiative von ÖVP und BZÖ, das Glücksspielgesetz zu ändern, habe ihn damals "kalt erwischt", so Stickler.

Er habe von der Initiative der beiden damaligen Regierungsparteien ÖVP und BZÖ erst "extrem kurzfristig" vor der für den 13. Juli 2006 geplanten Nationalratssitzung erfahren. Die Aufhebung des Glücksspielmonopols auf diesem Wege wäre ein "gesetzlicher Umsturz" gewesen, so Stickler. Da die Existenz der Lotterien auf dem Spiel stand, sei es daraufhin darum gegangen, ein Bewusstsein über die Konsequenzen herzustellen, das offenbar bei den handelnden Personen nicht vorhanden gewesen sei.

Nur ein ganz kleiner Personenkreis um den damaligen BZÖ-Chef Peter Westenthaler und den damaligen ÖVP-Klubobmann Wilhelm Molterer habe laut Stickler diesen Antrag vorbereitet. Weder der Finanzausschuss noch die Abgeordneten hätten den Antrag in der Hand gehabt, kritisierte er.

Nach einer Reihe von Telefonaten mit mehreren ÖVP-Abgeordneten, dem Wirtschaftsbund-Generalsekretär, Sportvertretern und der Wirtschaftskammer, in denen er versucht habe, die Situation zu erklären, sei es dann zu einer Erregung im ÖVP-Klub gekommen: "So geht das nicht, ohne Behandlung im Finanzausschuss, ohne Begutachtung wird es diesen Abänderungsantrag nicht geben", erinnerte sich Stickler. Der ÖVP-Klub habe erkannt, was dahinterstecke. "Die Aufhebung des Glücksspielmonopols wäre ein dramatisches Ereignis gewesen." Die ÖVP habe daraufhin ihre Zustimmung zurückgezogen.

Stickler: "Kein Zusammenhang mit 300.000-Euro-Studie"
Einen Zusammenhang mit den von den Lotterien an die damalige BZÖ-Werbeagentur Orange bezahlten 300.000 Euro für eine neunseitige "Studie" sah Stickler damals nicht. Er hatte zwar die Rechnung Ende September 2006 nach Urgenz durch das BZÖ und auf Bitte des damaligen Casinos-Chef Leo Wallner mitunterzeichnet, laut Rechnung sei es aber nicht um diese "Studie", sondern um Beratungen im Bereich des "Responsible Gaming" gegangen, so der Lotterien-Vorstand.

Die Diskussion über die "Studie" - ein Sachverständiger der Staatsanwaltschaft Salzburg hatte diese als "die Arbeit eines Laien" bewertet - sei erst später gekommen. Hätte er gewusst, dass für das Gutachten 300.000 Euro bezahlt wurden, hätte er Wallner gefragt, "ist das dein Ernst?", meinte Stickler am Mittwoch. Von einer politischen Nähe der Agentur Orange zum BZÖ habe er nichts gewusst.

Causa Glücksspiel vor Abschluss
Im Anschluss an Stickler sollte am Mittwoch noch Leo Wallner, ehemaliger Vorstand der Casinos Austria, zu denen die Lotterien gehören, befragt werden. Der Auftritt des 75-Jährigen bei der letzten U-Ausschuss-Sitzung vor der Sommerpause wurde aber nach kurzer Befragung aus gesundheitlichen Gründen abgebrochen. Geladen waren abschließend noch Franz Wohlfahrt, Chef des Glücksspielkonzerns Novomatic AG, und Stefan Tweraser, ein ehemaliger Mitarbeiter der Telekom Austria (siehe Infobox).

Abgelehnt wurde von ÖVP, SPÖ und BZÖ ein Antrag des grünen Abgeordneten Peter Pilz, der für September in der Glücksspiel-Causa noch weitere Zeugen - unter anderen Peter Westenthaler, Herbert Scheibner, Günter Stummvoll und Wilhelm Molterer - laden wollte. Dadurch werde die Aufklärung der 300.000 Euro-Zahlung an die BZÖ-nahe Werbeagentur Orange unmöglich, so Pilz. Der BZÖ-Abgeordnete Stefan Petzner sieht dagegen nach den Aussagen von Lotterien-Chef Stickler keinen politischen Zusammenhang zwischen der Zahlung an Orange und einem im Raum stehenden Gesetzeskauf.

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