Wahlkampf eröffnet

ÖVP schießt sich in Geheim-Fibel auf Rot-Grün ein

Österreich
10.07.2012 16:30
Seit Dienstag werden sämtliche ÖVP-Politiker auf Wahlkampf gedrillt. Die Parteizentrale hat dazu bereits rund 400 Funktionären eine Geheim-Fibel zukommen lassen. Der "Krone" liegt der 61-seitige Strategieplan (siehe weitere Bilder) vor. Hauptangriffsziel der ÖVP ist demnach eine mögliche rot-grüne Koalition. Einige der Formulierungen aus der Funktionärsunterlage: "Rot-Grün heißt Asylmissbrauch", "Rot-Grün heißt Abschaffung der Ehe", "Rot-Grün heißt Abtreibung auf Krankenschein".

Die Wahlkampf-Fibel passt in jede Sakko- oder Handtasche, und die ÖVP-Funktionäre sollen sie ab jetzt stets bei sich haben. So jedenfalls lauten die Anweisungen aus der Parteizentrale. Auf 61 eng bedruckten Seiten sind in dem Papier die Argumente der von Vizekanzler Michael Spindelegger geführten ÖVP gegen eine von SPÖ und Grünen zusammengesetzte Regierung angeführt.

"Rot-grüne Anschläge drohen"
Die Strategieunterlage trägt die Handschrift des Partei-Generalsekretärs Hannes Rauch (im Bild), der die Existenz des Papiers auf Anfrage der "Krone" bestätigte, und ist entsprechend scharf formuliert. Bereits im Einleitungstext des Argumentariums schreibt Rauch, dass der Republik "rot-grüne Anschläge drohen" und "manche einschlägig motivierte Medien nach einem Linksruck in unserem Land rufen".

So lauten einige der vorgegebenen Formulierungen für ÖVP-Funktionäre: "Rot-Grün heißt Gesamtschule und Ganztagszwang" oder dass unter Rot-Grün "alles gratis sein" müsse. Eine Regierung von SPÖ und Grünen würde, so die ÖVP-Geheimunterlage, "hohe Energiepreise", "Guantanamo-Häftlinge in Österreich", "neue Schuldenpolitik", "mehr Steuern", "Chaos und Anarchie", "Städte als Drogenmagneten", "Täterschutz statt Opferschutz", "Asylmissbrauch", "Staatsbürgerschaften zum Schleuderpreis", "Abschaffung der Ehe", "Abschaffung von Lebenslänglich", "Abtreibung auf Krankenschein", "unkontrollierte Sterbehilfe", "grenzenlose Zuwanderung", "Legalisierung von Haschisch" bedeuten.

Kommentar: Die Ferien sind schon wieder aus
Als artige Mehrheitsbeschaffer für den ESM waren die Grünen der ÖVP noch recht. Auch beim Transparenzpaket, um das die Regierung ein Getöse veranstaltet hatte, waren die Grünen willkommen. Jetzt aber ist für die Hardliner rund um den Vizekanzler Schluss mit dem Gesäusel.

Die Tändelei zwischen Grünen-Chefin Eva Glawischnig mit Bundeskanzler Werner Faymann, der die grüne Allianz eingefädelt hat, geht der Volkspartei ohnehin schon die längste Zeit gehörig auf den Wecker. Der ÖVP-Frontalangriff auf eine (noch fiktive) rot-grüne Regierungspartnerschaft zu Beginn der Urlaubssaison könnte zum Sprengsatz für die rot-schwarze Koalition werden.

Jedenfalls sind jetzt die Ferien für SPÖ und ÖVP beendet, bevor sie überhaupt richtig begonnen haben. Denn der Wahlkampf ist damit offiziell eröffnet. Und fein wird dieser Wahlkampf garantiert nicht. So viel lässt sich nach Durchsicht der ÖVP-Wahlkampf-Fibel jetzt schon mit Gewissheit sagen.

Dass die ÖVP in Oberösterreich selbst eine überraschend gut funktionierende Koalition mit den Grünen betreibt, passt nicht ganz in die schwarze Angriffslogik. Aber Logik und Wahlkampf sind ohnehin zwei einander ausschließende Begriffe.

Logisch ist aus Sicht der ÖVP jedoch, dass sie den Angriff starten musste. Der Zustand der Partei lässt kaum andere Möglichkeiten offen. Allerdings kann aus dem Befreiungsschlag auch ein Rohrkrepierer mit Bumerangeffekt werden.

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