13.05.2012 11:35 |

Einfach "Amazing!"

Umjubelter Auftritt von Cate Blanchett bei Festwochen

Cate Blanchett ist ein Ereignis. Auf diesen einfachen Nenner lässt sich die australische Produktion des Botho-Strauß-Stückes "Groß und klein" bringen, die am Samstagabend ihre offizielle Premiere bei den Wiener Festwochen feierte. Oder, wie das in der englischen Übersetzung von Martin Crimp meist gebrauchte Wort der alles beherrschenden Zentralfigur Lotte lautet: "Amazing!" Der Jubel im Museumsquartier war nach der dreistündigen Vorstellung entsprechend groß.
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"I'm just here. There's nothing wrong with me", lauten Lottes letzte Worte im Stück "Groß und klein", gesprochen in einem Wartezimmer. Dass nichts falsch läuft, ließe sich freilich schwer behaupten. Wer allerdings mehr neben der Spur ist - eine Gesellschaft, die an ihren Ritualen, Imponiergesten und anderen Äußerlichkeiten mehr interessiert ist als am persönlichen Austausch, oder eine quirlige, lebenshungrige und kommunikationssüchtige Frau, die ohne böse Absicht ständig Grenzen überschreitet - ist nicht leicht zu beurteilen.

Cate Blanchett fasziniert mit ihren ungeheuer vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten. Sie legt ihre Lotte als exaltierte, quecksilbrige Person an, die alles eine Spur zu dick aufträgt: ihre Stimme zu laut, ihre Gesten zu groß, ihre Annäherungsversuche zu direkt. Als hoch expressives Energie- und Nervenbündel springt und tanzt sie über die Bühne, wechselt mit ihrer Stimme vom tiefen Brummen in gicksende Höhen (eines der Highlights: Lotte im Dialog mit Gott), ringt mit dem ganzen Körper um Zuneigung und Anerkennung und ist tief in sich drinnen doch nur schrecklich einsam. Dabei ist von Tragik oder Pathos keine Spur, im Gegenteil: Witz und Selbstironie gibt dem Ganzen eine angenehme Leichtigkeit.

Benedict Andrews hat von Luc Bondy, der die Produktion initiiert hatte, doch die Proben in Australien aus Gesundheitsgründen absagen musste, die Regie übernommen. Schwer zu sagen, ob man von Blanchett bei Bondy eine andere, mehr verinnerlichte, subtilere Interpretation der Hauptrolle gesehen hätte - als Beweis für die imponierende Bühnenpräsenz eines internationalen Leinwandstars ist dieses große Solo jedoch ideal. Dass das übrige Ensemble dabei wenig eigenes Profil zeigen kann, nimmt man gerne in Kauf.

Diese durch Europa tourende, ein halbes Jahr alte Festwochen-Koproduktion der von Blanchett und ihrem Mann Andrew Upton geleiteten Sydney Theatre Company bringt auch die Wiederbegegnung mit jener offenen Dramaturgie und fragmentartigen Bühnenästhetik, mit der Botho Strauß die 1970er- und 80er-Jahre dominiert hatte ("Groß und klein" wurde 1978 uraufgeführt). In der Interpretation durch Andrews und seinen Bühnenbildner Johannes Schütz wirkt sie hochmodern. Hinter einem angedeuteten Bühnenportal werden in hübschen Auf- und Abbau-Choreographien in Windeseile Schauplätze wie der Vorplatz eines Wohnblocks, eine Telefonzelle, ein WG-Zimmer oder ein Büro hervor-und wieder weggezaubert. Nichts stört den Spielfluss, nichts stoppt Lottes Sturmlauf. Groß und klein? Groß. Ziemlich groß!

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(Bild: kmm)