Wegen Formalfehlers

Österreicher nach 46 Jahren plötzlich ausgebürgert

Oberösterreich
09.05.2012 17:00
"Ich werde keinen Antrag stellen, ich werde keinen Staatsbürgerschaftstest machen und ich gehe nicht zur Fremdenpolizei – ich bin Österreicher", wettert Eugen Nerger (Bild), der wegen eines Formalfehlers staatenlos ist. Die BH Wels-Land hatte ihm, nachdem seine Mutter gestorben war, einfach den Pass ungültig gemacht.

Eugen Nergers Lebensgeschichte im Schnelldurchlauf: Die Mutter wurde als österreichisch-ungarische Staatsangehörige in der heutigen Ukraine geboren, im Zweiten Weltkrieg wurde sie nach 35 Jahren Staatenlosigkeit Deutsche. Der Vater wurde 1956 in Österreich eingebürgert – doch diese Staatsbürgerschaft übertrug man nie auf Sohn Eugen, wie der "Standard" berichtete. Dennoch folgte ihm die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land 1965 die Staatsbürgerschaft aus – "zu Unrecht", wie es nun plötzlich heißt. Ohne über diesen Irrtum Bescheid zu wissen, verbrachte der heute 65-jährige Pensionist sein ganzes Leben im oberösterreichischen Stadl-Paura.

Keine Chance auf Arbeit oder Ausreise
"Im Jahr 2008, einige Monate nachdem meine Mutter gestorben war, bekam ich ein Schreiben von der Behörde. Meine Staatsbürgerschaft müsse überprüft werden und ich soll meinen Reisepass mitbringen", schildert Nerger im Gespräch mit der "Krone". Das Dokument wurde ungültig gemacht. Der damals arbeitslose Elektriker konnte aufgrund seiner Staatenlosigkeit nicht mehr vermittelt werden. Seit 1. Jänner 2012 ist er in Pension und lebt von 500 Euro Rente.

Zudem würde der Staatenlose gerne seine Verwandtschaft mütterlicherseits in Rumänien und Polen besuchen – allein, das geht ohne Reisepass nicht. "Ich habe meinen Präsenzdienst abgeleistet, habe mir nie etwas zuschulden kommen lassen – und jetzt soll ich auf einmal kein Österreicher mehr sein?"

"Das ist lächerlicher, politischer Missstand"
Volksanwältin Terezija Stoisits kämpft für Eugen Nerger. Laut ihr könnte der 65-Jährige die Staatsbürgerschaft neu beantragen: "Lang genug in Österreich aufhältig ist er ja, nur ist leider fraglich, ob er als Pensionist mit rund 500 Euro Monatsrente die für Einbürgerungen verlangte Einkommensgrenze schafft." Er müsste ein Nettoeinkommen von rund 800 Euro im Monat plus Wohnkosten vorweisen. Zudem müsse er einen Staatsbürgeschaftstest absolvieren, was er verweigert.

Für Stoisits ist der Fall ein Beweis gesetzesmacherischer Kleinlichkeit. Jährlich würden sich rund vier sogenannte Putativösterreicher, deren Staatsbürgerschaft auf einem Rechtsirrtum beruht, an sie wenden, berichtete die Volksanwältin, Signale behördlichen Entgegenkommens seien bisher ausgeblieben: "Seit 1984 regt die Volksanwaltschaft an, für diese Extremfälle eine gesetzliche Regelung zu schaffen. Die Schweiz und Deutschland haben das längst getan. Die Länder wollen das auch – doch es fehlt der Beschluss des Parlaments. Das ist ein klarer Missstand in der Politik und lächerlich. Es geht nicht um Massenzuzug, sondern um eine Handvoll Betroffene."

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