Zu Besuch in Madrid

Delegation der WK Tirol: „Spanien ist uns voraus“

Tirol
03.12.2023 10:00

Kann sich Tirol von spanischen Banken und Versicherungen etwas abkupfern? Dieser Frage ging in den vergangenen Tagen eine Delegation der WK Tirol nach - und zwar in Madrid.

Die Gesamtinflation in Spanien liegt bei 4,3 Prozent (Stand September 2023) und somit unter dem EU-Durchschnitt. Zum Vergleich: In Österreich lag diese im selben Monat bei 6 Prozent. Der Fachkräfte- und Pflegekräftemangel ist durch spanischsprachige und somit deutlich leichter integrierbare Lateinamerikaner nur gering. Und das Land ist der zweitgrößte Autohersteller Europas (22 Prozent des BIP).

Botschafter Enno Drofenik (2. v. re.) und Wirtschaftsdelegierter Richard Bandera (re.) tauschten sich mit Reinhard Mayr (2. v. li.) und Franz Mair aus. (Bild: Jasmin Steiner)
Botschafter Enno Drofenik (2. v. re.) und Wirtschaftsdelegierter Richard Bandera (re.) tauschten sich mit Reinhard Mayr (2. v. li.) und Franz Mair aus.

Direktinvestitionen bei 2,5 Milliarden Euro
Diese Fakten zeigen, dass es Abweichungen zwischen Spanien und Österreich gibt. Und, wie Enno Drofenik, Österreichischer Botschafter in Madrid, und der Wirtschaftsdelegierte Richard Bandera betonten, „gibt es nicht allzu viele Berührungspunkte zwischen diesen beiden Ländern“. Zu den Ausnahmen zählen etwa mehr als 250 Niederlassungen österreichischer Unternehmen samt rund 11.600 Beschäftigten - die Direktinvestitionen in Spanien beliefen sich 2022 auf 2,5 Milliarden Euro.

Auch David Alaba, Österreichs „Sport-Exportschlager“, ist an dieser Stelle zu erwähnen, der als Stammkicker bei Real Madrid eine wichtige Rolle im Merchandising-Bereich für die Königlichen ist.

Die Delegation besuchte auch das AußenwirtschaftsCenter. (Bild: Jasmin Steiner)
Die Delegation besuchte auch das AußenwirtschaftsCenter.

„Das wäre auf jeden Fall ein vernünftiger Ansatz“
Im Zuge der Fachexkursion gab es unter anderem einen Austausch mit Verantwortlichen der Firma Fintonic – eine unabhängige Firma, die für ihre Kunden das Beste aus deren Geld rausholt. „In der FinTech-Szene (damit sind Unternehmen gemeint, die digitale bzw. technologische Finanzinnovationen anbieten, Anm.) ist Spanien Österreich definitiv voraus. Dieser Bereich sowie jener der Start-ups ist bei uns prinzipiell noch ausbaufähig“, betont Reinhard Mayr, Spartenobmann und Vorstand der Raiffeisen Landesbank Tirol AG, „der Vorteil in Spanien ist, dass es hier eine Interessenvereinigung für FinTech gibt, die das Unternehmen sowohl gegenüber dem Regulator als auch gegenüber der Aufsicht vertritt und damit einen guten Boden für die Zusammenarbeit schafft.“

Ein Besuch bei MAPFRE RE stand auch auf dem Programm. (Bild: Jasmin Steiner)
Ein Besuch bei MAPFRE RE stand auch auf dem Programm.

Stärke in Tirol ist Nähe zum Kunden
Ein Besuch bei Santander, der größten Bank Spaniens, stand ebenfalls auf der Agenda. „Man hat hier mit Dimensionen zu tun, die wir in Österreich nicht gewohnt sind. 166 Millionen Kunden, Bilanzsummen in Billionen-Höhe und Ergebnisse, die sich den 10 Milliarden Euro nähern, sprechen für sich. Das ist die Champions League, wir spielen im direkten Vergleich hingegen in der Regionalliga. Das heißt aber nicht, dass unser Spiel schlechter ist“, sagt Mayr, „unsere Stärke gerade in Tirol ist die Nähe zum Kunden. Damit können wir sehr individuell auf deren Bedürfnisse eingehen.“

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Wir haben in Europa mehrere Länder, die anhand von Systemen Naturkatastrophen bestens bewältigen - Spanien zählt dazu. Dort ist ein solches System bereits in den 30er bzw. 40er Jahren entstanden.

Franz Mair

Topf mit 10 Milliarden Euro für Naturkatastrophen
Bei MAPFRE RE, einem diversifizierten Finanzdienstleistungskonzern aus Spanien mit Schwerpunkt auf dem Versicherungsgeschäft, spielten hingegen die Naturkatastrophen eine Rolle – Stichwort „flächendeckende Versicherbarkeit von Naturgefahren“. „Wir haben in Europa mehrere Länder, die anhand von Systemen Naturkatastrophen bestens bewältigen – Spanien zählt dazu. Dort ist ein solches System bereits in den 30er bzw. 40er Jahren entstanden. Es ist über die Jahre hinweg gewachsen, derzeit sind im Topf zehn Milliarden Euro enthalten – zusätzlich haben sie noch die Staatshaftung. Das wäre auch für Österreich ein vernünftiger, guter Ansatz“, erklärt Franz Mair, stellvertretender Obmann der Sparte Bank und Versicherung sowie Vorstand der Tiroler Versicherung.

Die Delegation posiert für das Gruppenfoto. (Bild: Jasmin Steiner)
Die Delegation posiert für das Gruppenfoto.

„Müssen realistisch anfangen“
Doch hierzulande debattiere man lediglich darüber seit etlichen Jahren (auch derzeit wieder) – obwohl der Klimawandel evident sei und Extremwetterereignisse stark zunehmen. Und: „Wir diskutieren bereits über Prämienhöhen und darüber, mit welcher Sparte man das verknüpfe – obwohl die Basis noch nicht einmal geklärt ist. Das ist ein riesiger Fehler, weil sich so zeigen wird, dass es nicht machbar ist. Wir müssen realistisch anfangen, das bedeutet: Wir benötigen zuerst einen Topf, der befüllt werden muss – zum Beispiel, indem dorthin Katastrophenfondsmittel umgeschichtet werden. Zusätzlich brauchen wir unbedingt die Staatshaftung. Erst dann können wir den nächsten Schritt gehen. Mit einem derartigen Aufbau könnten wir durchaus ans Ziel gelangen“, glaubt Mayr. Die Politik müsse hierzu natürlich ihren Beitrag leisten.

Das waren die Teilnehmer

Johannes Peter Bachler, Raiffeisenbank Kitzbühel- St. Johann eGen; Markus Hörmann, Volksbank Tirol AG; Walter Hörtnagl, Sparkasse Reutte AG; Andreas Knaus, Raiffeisen Regionalbank Achensee eGEN; Benedikt Kranebitter, ehem. Raiffeisenbank Kematen eGen; Franz Mair, Tiroler Versicherung V.a.G.; Reinhard Mayr, Raiffeisen-Landesbank Tirol AG; Simon Muglach, Raiffeisenbank Vorderes Ötztal eGen; Walter Peer, Wiener Städtische Versicherung AG; Markus Sappl, Bank Austria - Member of UniCredit; Claus Scheiber, Raiffeisenbank Sölden eGen; Manfred Scheiber, Raiffeisenbank Vorderes Ötztal eGen; Armin Schneider, OeNB; Andreas Stadler, Hypo Tirol Bank AG; Manfred Zeller, Raiffeisenbank Alpbachtal eGen; Oswald Wolkenstein und Sabine Uitz - WK Tirol.

„Wir sind in Österreich damit viel zu spät dran“
Doch er habe seine Zweifel daran, „ob wir das in Österreich jemals realisieren werden. Und zudem sind wir damit viel zu spät dran“. Wichtig wäre es jedenfalls, ein derartiges System noch vor einer „Mega-Katastrophe“, von der Österreich bisher verschont geblieben sei, zu realisieren. „Das ist unsere große Chance.“

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