Kritik an Schäuble

D: Steuerstreit mit der Schweiz wird zur Polit-Groteske

Ausland
02.04.2012 13:28
Das geplante Steuerabkommen mit der Schweiz ist in Deutschland heftig umstritten. Die nun erfolgten Schweizer Haftbefehle gegen drei Steuerfahnder aus Nordrhein-Westfalen lassen den Streit zwischen den beiden Länder endgültig zur Groteske werden. Unter deutschen Beschuss geriet in der Causa aber nicht nur die Schweiz, sondern auch der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble (Bild). "Die Schweiz kriminalisiert die Steuerfahnder und Schäuble applaudiert. Das ist völlig verquer", kritisierte etwa der Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin.

Das geplante Steuerabkommen mit der Schweiz ist in Deutschland heftig umstritten. Nach den bisherigen Plänen sollen Erträge deutscher Anleger in der Schweiz ab 2013 mindestens genauso hoch besteuert werden wie in Deutschland. Schätzungen zufolge sollen deutsche Anleger zwischen 130 und 180 Milliarden Euro illegal in das Alpenland geschleust haben.

Doch die von SPD und Grünen geführten Länder lehnen das Abkommen auch nach Zugeständnissen der Schweiz ab. Auch die deutsche Steuergewerkschaft bezeichnete das geplante Steuerabkommen als unzureichend. "Lieber kein Abkommen als dieses", befand Steuergewerkschaftschef Thomas Eigenthaler.

Steuerbeamte per Haftbefehl in Schweiz gesucht
Aufgrund der Haftbefehle gegen die Steuerfahnder aus Nordrhein-Westfalen ist die Zukunft des Steuerabkommens zwischen den beiden Ländern nun mehr denn je fraglich. Die Schweizer Justiz hatte Haftbefehl gegen die deutschen Beamten erlassen, weil sie im Februar 2010 am Ankauf einer CD mit Daten deutscher Steuerhinterzieher beteiligt gewesen sein sollen.

Die Schweiz wirft ihnen Beihilfe zur Wirtschaftsspionage und Verstoß gegen das Bankgeheimnis vor. Für den Ankauf der CD mit Daten deutscher Kunden der Schweizer Großbank Credit Suisse sollen die Finanzbehörden mehr als 2,5 Millionen Euro gezahlt haben. Die CD brachte dem deutschen Fiskus nach Schätzung der Deutschen Steuergewerkschaft bis zu 900 Millionen Euro in die Kassen.

"Es besteht der konkrete Verdacht, dass aus Deutschland klare Aufträge gegeben worden sind zum Ausspionieren von Informationen der Credit Suisse", sagte der Schweizer Bundesanwalt Michael Lauber. Die drei Steuerfahnder riskieren nun, bei einer Einreise in die Schweiz festgenommen zu werden.

Empörung über Schäubles Haltung
Der deutsche Finanzminister Schäuble hatte jedoch erklärt, er sehe keinen Zusammenhang zwischen den Haftbefehlen und dem geplanten Steuerabkommen. "Die Justiz und die Strafverfolgungsbehörden in der Schweiz sind so unabhängig wie in Deutschland, und infolgedessen gibt es da keinen Zusammenhang", so Schäuble, der damit ein wahres Feuerwerk der Kritik entfachte.

"Der Finanzminister muss sich vor die Beamten stellen und darauf drängen, dass die Haftbefehle aus der Welt geschafft werden", forderte Grünen-Fraktionschef Trittin. Auch der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans konnte kein Verständnis für Schäubles Aussagen aufbringen.

Er warf der Schweiz vor, Ursache und Wirkung zu verwechseln. Täter seien nicht die deutschen Finanzbeamten, sondern deutsche Steuerflüchtlinge und die Schweizer Banken, die ihnen helfen. Walter-Borjans nannte die Haftbefehle einen "massiven Einschüchterungsversuch gegenüber der deutschen Politik, weil die Schweiz befürchtet, dass das geplante Steuerabkommen scheitert".

Bundesverdienstkreuz für Beamte gefordert
Ein Sprecher des deutschen Finanzministeriums wies dann am Montag darauf hin, dass mit Inkrafttreten des Steuerabkommens das Schweizer Verfahren gegen die drei Beamten sofort eingestellt würde: "Mit dem Abkommen wären die Probleme schlagartig gelöst", in dem Vertrag sei eine Amnestie verankert, so der Sprecher. Das deutsche Finanzministerium hoffe demnach weiter auf ein Zustandekommen des Abkommens.

Indessen wurde gar die Forderung laut, die Steuerfahnder mit dem Bundesverdienstkreuz auszuzeichnen. Sie hätten sich mit ihrem "Kampf gegen Geldwäsche und Steuerhinterziehung um den Rechtsstaat verdient gemacht", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, der "Bild"-Zeitung.

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