Gericht entschied

Senegal verbietet Sänger Kandidatur als Präsident

Ausland
28.01.2012 10:00
Senegals Verfassungsgericht hat die Kandidatur des populären Sängers Youssou N'Dour (Bild rechts) für die Präsidentschaftswahl ohne Begründung zurückgewiesen. Die Kandidatur von Präsident Abdoulaye Wade wurde hingegen gebilligt. In der Nacht auf Samstag protestierten Hunderte Oppositionelle in der Hauptstadt Dakar gegen die Zulassung des langjährigen Amtsinhabers Wade. Bei Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften wurde ein Polizist getötet.

Demonstranten hätten in mehreren Stadtvierteln von Dakar Barrikaden errichtet und Reifen angezündet, hieß es weiter. Die Sicherheitskräfte setzten Tränengas und Schlagstöcke ein, um die Demonstranten zurückzudrängen. Ein AFP-Reporter wurde von einem Polizisten ins Gesicht geschlagen.

Am Dienstag hatte die Regierung ein fünftägiges Demonstrationsverbot ausgesprochen, um Unruhen zu vermeiden, wenn die Kandidaten bekannt gegeben werden. Die Opposition forderte ihre jedoch Anhänger auf, sich dem Verbot zu widersetzen. Die Behörden nahmen die Anordnung schließlich zurück.

Friedliche Proteste am Freitag
Am Freitag waren Tausende Menschen einem Demonstrationsaufruf der Bewegung 23. Juni gefolgt, die gegen Wades Kandidatur protestiert. Bereits am Vormittag versammelten sie sich auf einem Platz im Arbeiterviertel Colobane. Bis zum Abend war die Protestkundgebung friedlich verlaufen.

Auf der Liste, die am Freitagabend im Verfassungsgericht ausgehängt wurde, standen nach Angaben eines Reporters die Namen von 14 Kandidaten. Neben Wade dürfen beim ersten Wahlgang am 26. Februar unter anderem die drei früheren Regierungschefs Idrissa Seck, Macky Sall und Moustapha Niasse sowie Oppositionsführer Ousmane Tanor Dieng von den Sozialisten antreten.

Streit um Kandidatur des Amtsinhabers Wade
Der Streit um die Zulässigkeit einer erneuten Kandidatur Wades schwelt schon seit geraumer Zeit. Der 85-Jährige hat bereits zwei Amtszeiten an der Spitze des westafrikanischen Staates hinter sich, seine Kandidatur für eine dritte Amtszeit ist heftig umstritten. Wade war im Jahr 2000 für sieben und im Jahr 2007 für fünf Jahre gewählt worden. Da die Verfassung nur zwei Amtszeiten vorsieht, dürfte er eigentlich nicht mehr antreten.

Bei einer Verfassungsänderung im Jahr 2008 wurde jedoch die siebenjährige Amtszeit wieder eingeführt. Wades Anhänger argumentieren nun, dass Wade wegen der Neuregelung erneut kandidieren darf - sogar noch zweimal. "Ich habe die Verfassung geschrieben. Alleine. Niemand kennt sie besser als ich", sagte Wade am Donnerstag in einem Interview mit dem Nachrichtenportal Dakaractu. "Ich kann rechtmäßig sogar 2019 wieder antreten." Der 85-Jährige wurde in der Vergangenheit oft kritisiert, zu viel Zeit im Ausland zu verbringen. Im Sommer 2009, als sein Land mit anhaltenden Überschwemmungen und Stromausfällen zu kämpfen hatte, verbrachte Wade seinen Urlaub in einer Villa in Frankreich.

Sänger N’Dour kritisiert Regierungsarbeit
Der Sänger N'Dour hatte seine Kandidatur Anfang Jänner als "höchste patriotische Pflicht" angekündigt und eine "Überraschung" versprochen. "Ich glaube, die Leute werden Youssou N'Dour wählen", sagte er wenig später in einem Interview der Nachrichtenagentur AFP. Offiziell hatte er seine Bewerbung um das höchste Staatsamt am Mittwoch beim Verfassungsgericht eingereicht.

Bereits in der Vergangenheit hatte N'Dour scharfe Kritik an der Regierungspartei geübt. Im November kündigte er an, aus dem Musikgeschäft auszusteigen und sich auf die Politik zu konzentrieren. Der Grammy-Gewinner besitzt einen Radiosender und eine Zeitung. Diese Medien berichten regelmäßig über Korruption und Günstlingswirtschaft der amtierenden Regierung und des Präsidenten. In den vergangen Jahren engagierte sich N'Dour unter anderem im Kampf gegen Malaria.

Populärer Musiker
Der 52 Jahre alte N'Dour ist in Europa einer der bekanntesten afrikanischen Musiker. Seinen international wohl erfolgreichsten Hit "Seven Seconds" nahm er im Sommer 1994 mit Neneh Cherry auf. N'Dour sang damals in seiner Heimatsprache Wolof. Das "Rolling Stone"-Magazin hat N'Dour zu "Afrikas berühmtesten lebenden Sänger" gekürt. In Europa und Amerika wurde er in den 1980er-Jahren bekannt, vor allem durch seine Zusammenarbeit mit Paul Simon und später mit Peter Gabriel. In seiner Heimat ist N'Dour, ein Grenzgänger zwischen afrikanischer Tradition und westlicher Popmusik, seit Langem ein gefeierter Star.

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