'Maskenmann'-Prozess

Angeklagter will sich ausführlich “zur Sache” äußern

Ausland
10.10.2011 15:12
Der als "Maskenmann" bekannt gewordene mutmaßliche Serienmörder und Kinderschänder Martin N. steht seit Montag in Deutschland vor Gericht. Die Anklage wirft dem 40-jährigen Pädagogen drei Morde an Buben und zahlreiche Kindesmisshandlungen vor. Sein Mandant wolle sich ausführlich "zur Sache" äußern, kündigte der Verteidiger zu Prozessbeginn an.

Mit langem Bart und teilweise ergrautem Haar erschien Martin N. am Montag im Gerichtssaal und verfolgte die Ausführungen der Staatsanwaltschaft weitgehend regungslos. Der Verteidiger kündigte für den nächsten Verhandlungstag am 26. Oktober die Verlesung einer ausführlichen Erklärung seines Mandanten an. Bereits nach einer halben Stunde endete der erste Prozesstag.

Mögliche Pannen für Anklage "völlig nebensächlich"
Der Norddeutsche Rundfunk hatte zuvor berichtet, Polizei und Staatsanwaltschaft hätten Akten vernichtet, obwohl die entsprechenden Taten zu dem Zeitpunkt noch nicht verjährt gewesen seien. Möglichen Pannen bei den Ermittlungen gegen den mutmaßlichen Kindermörder räumt die zuständige Staatsanwaltschaft Stade in Niedersachsen aber nicht allzu viel Bedeutung ein.

"Wir sind bestens aufgestellt", sagte Behördensprecher Kai Thomas Breas vor Beginn des Prozesses. Sollten tatsächlich Akten nicht mehr vorhanden sein, sei das "völlig nebensächlich": "Wir sprechen über drei Morde und zahlreiche Missbrauchsfälle." Die Staatsanwaltschaft sei zuversichtlich, diese dem Angeklagten nachweisen zu können.

In dem Verfahren sollen zunächst chronologisch die Morde an den drei Buben und dann die Missbrauchsfälle behandelt werden. Der Täter war getarnt mit einer Maske nachts in Kinderzimmer, Schullandheime und Zeltlager eingeschlichen und hatte sich an seinen Opfern vergangen. Der Angeklagte habe aus niedrigen Beweggründen getötet, um andere Straftaten zu vertuschen, sagte der Staatsanwalt bei der Verlesung der Anklage vor dem Landgericht in Stade.

Opferanwalt: "N. hat bisher taktiert"
Das Magazin "Focus" zitierte am Montag Opferanwalt Johannes Giebeler mit den Worten: N., der Hochbegabte, habe "bisher taktiert". "Ich vermute, dass er dem Gutachter (dem Münchner Psychiater Norbert Nedopil) nicht in allen Punkten die Wahrheit gesagt hat."

Der Pädagoge hatte kurz nach seiner Festnahme in Hamburg gestanden, zwischen 1992 und 2001 die Kinder in Norddeutschland entführt und später ermordet zu haben. Auch den Missbrauch von rund 40 Buben hatte er eingeräumt. Die Hälfte der sexuellen Übergriffe ist inzwischen aber verjährt. Angeklagt ist er wegen insgesamt 23 Straftaten.

Polizei suchte lange Zeit vergeblich nach dem Mörder
Viele Jahre suchte die Polizei vergeblich nach dem Serientäter. Dieser hatte 1992 den 13-jährigen Stefan aus einem Internat in niedersächsischen Scheeßel geholt, den achtjährigen Dennis R. 1995 aus einem Zeltlager bei Schleswig in Schleswig-Holstein und den neunjährigen Dennis K. aus einem Schullandheim nahe Bremerhaven.

Anwältin Monique Radtke, sie vertritt die Mutter von Dennis K., denkt laut "Focus" darüber nach, auch das einstige Pflegekind von N. zu laden. Der Pädophile durfte sich von 1996 bis 2000 um einen Ziehsohn kümmern, den er angeblich nicht missbraucht hat. Radtke sagt, sie habe daran Zweifel.

Die Eltern der drei getöteten Buben und ein Missbrauchsopfer treten in dem Prozess als Nebenkläger auf. Einige erschienen am ersten Verhandlungstag im Gerichtssaal. Bis Anfang Dezember hat die Kammer zehn weitere Termine angesetzt.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

Kostenlose Spiele