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Wem Nehammer gefallen will | Wem er gefallen muss

Über den Dächern der Bundeshauptstadt, rechts beflaggt von Östereich- und EU-Fahne, hielt Karl Nehammer seine Rede an die Nation. Eingestimmt von austauschbaren Pianoklängen, im Zentrum: die Zahl 2030. Im Schulaufsatz, auf dem Kassazettel, als Uhrzeit und - in zigfacher Ausführung - auf der Glasfront hinter dem Kanzler schwebend. Soweit die Szenerie. Die sich schnell erschöpfte und dennoch mehr Vielfalt bot als die Inhalte: Klimaschutz, Migration, leistbares Eigentum. Zu allen Punkten gibt es detailreiche Stellen im Koalitionsabkommen. Eine Koalition, die Nehammer mit dem gestrigen Tag zwischen den Zeilen, wenn nicht für beendet erklärte, dann zumindest tief erschütterte: Klimaschutz? Ja, aber... „Ignoranz, billige Worthülsen und totales Versagen, völliges Armutszeugnis“, hörten Organisationen wie Greenpeace und Global2000 aus den Kanzler-Worten. All das, während zeitgleich nur wenige Kilometer weiter die mächtige niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner Sondierungsgespräche mit den Freiheitlichen führte. Und während der Kanzler auch mit seinen Ideen zu Sozialhilfe und Flüchtlingspolitik den Grünen bittere Pillen zu schlucken gab, reichte er eben diesen Freiheitlichen mit denselben Ideen eineinhalb Jahre vor der nächsten Nationalratswahl die Hand.

Nicht 2030, sondern 2024 spätestens muss sich Karl Nehammer der Wahl stellen. Im Gegensatz zur SPÖ wird in der ÖVP (noch) nicht (offen) über einen alternativen Spitzenkandidaten diskutiert. Damit es gar nicht so weit kommt, verpackte der amtierende ÖVP-Chef in seine Rede an die Nation viele ÖVP-Kernthemen: Erleichterungen beim ersten Eigenheim, Senkung der Abgabenquote, Ausbau der Kinderbetreuung, Halbierung von Sozialleistungen und weniger Geld für Asylwerber. Wenig überraschend, was er sagte. Spannender eher, was er nicht sagte: „Das Wort ,Korruption‘ fiel in der 80 Minuten dauernden Rede kein einziges Mal, auch die wachsende Armut nicht“, schreibt „Krone“-Kolumnistin Conny Bischofberger. Und zieht damit den Schluss, wem Karl Nehammer mit seiner Rede in Wahrheit gefallen wollte: „Alles in allem war es weniger eine Rede an die Nation als vielmehr eine Rede an die ÖVP-Klientel und all jene, die zur FPÖ abgewandert sind. Man könnte auch sagen: ein ganz passabler vorgezogener Wahlkampfauftakt.“ Eineinhalb Jahre Wahlkampf? Dafür darf ein Kanzler bei Rekordinflation, Krieg und Teuerung keine Zeit haben. (TS)

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