OLG-Entscheid

Grazer Drogenboss wird  nicht an USA ausgeliefert

Steiermark
16.02.2023 14:19

Eine bemerkenswerte Entscheidung hat vor Kurzem das Oberlandesgericht (OLG) Graz getroffen. Mittels eines Beschlusses wurde die Auslieferung eines in der Steiermark lebenden 54-Jährigen abgelehnt, der laut US-Justizbehörde DEA und des heimischen Bundeskriminalamts einem internationalen, von den USA und Kolumbien aus operierenden Drogen-Kartell angehört haben soll. Er soll als führende Kraft in einem Lager in Graz mehr als 100 Kilogramm Heroin gebunkert haben.

Der gebürtige Montenegriner wurde aufgrund eines Ersuchens des US-Justizministeriums sowie eines Haftbefehls eines New Yorker Bundesbezirkgerichts am 15. April 2021 in der Steiermark festgenommen. Über die US-Botschaft in Wien erging ein Auslieferungsersuchen, in erster Instanz wurde die Auslieferung an die USA seitens der Justiz auch für zulässig erklärt. Dagegen legte jedoch der auf Haftrecht spezialisierte Wiener Rechtsanwalt Philipp Wolm Beschwerde ein - und bekam nun vom OLG Graz Recht.

Die Auslieferung des mutmaßlichen Drogenhändlers wurde für unzulässig erklärt, die Auslieferungshaft aufgehoben und die Enthaftung des 54-Jährigen angeordnet. Seine Familie konnte der Mann aber nur kurz in die Arme schließen. Denn die Staatsanwaltschaft Graz führt gegen ihn ebenfalls ein Verfahren, weswegen er jetzt in U-Haft sitzt.

Mafiöse Strukturen
Die verdeckten Ermittler kamen mehreren in Österreich lebenden Mitgliedern der Organisation auf die Spur, gaben Interesse an Drogen vor und führten zum Schein Verhandlungen über den Ankauf von Heroin. Dabei stießen sie auf den 54-Jährigen sowie zwei weitere Verdächtige, die in Wien gemeldet waren und die zwecks Suchtgift-Deals zwischen der Bundeshauptstadt und Südamerika hin- und herpendelten. 

Die Drogen-Bande, der der 54-Jährige seit Herbst 2020 angehört haben soll, handelte in Übermengen mit Kokain und Heroin. So wurden im Oktober 2019 im kolumbianischen Hafen Turbo 850 Kilogramm Kokain in Bananenschachteln beschlagnahmt. Im Februar 2020 wurde im italienischen Hafen Gioia Tauro Kokain sichergestellt, das nach Koper in Slowenien transportiert werden sollte. Das DEA führte in weiterer Folge verdeckte Ermittlungen durch, aus denen hervorging, dass die Bande in Österreich offenbar große Mengen Heroin zwischengelagert hatte.

Koffer mit 2,6 Mio. Euro
Im Dezember 2020 wurden den US-Ermittlern am Flughafen in Graz vier Pakete mit zwei Kilogramm Heroin mit einem Reinheitsgehalt von 43 Prozent übergeben. Anfang Februar 2021 bot der 54-Jährige zunächst weitere 200 Kilogramm an, wobei er versichert haben soll, 100 Kilo wären sofort verfügbar, weil sie sich in einer Lagerhalle in Graz befänden. Bei einem weiteren Treffen im März wurde konkret die Übergabe von 135 Kilo zu einem Verkaufspreis von 19.000 Euro pro Kilo vereinbart wurde. Beim letzten Meeting zeigten die DEA-Beamten offenbar sogar einen Bargeldkoffer mit 2,6 Millionen Euro her, worauf zwei Liefertermine in der letzten April-Woche festgelegt wurden. Dazu kam es dann nicht mehr, der 54-Jährige wurde festgenommen, weitere Fahndungsmaßnahmen in die Wege geleitet.

Auslieferung könnte lebenslange Haft bedeuten
Die Auslieferung des in Österreich bisher unbescholtenen 54-Jährigen lehnte das Grazer OLG deshalb ab, weil gegen diesen ein Inlandsverfahren geführt wird und eine Abtretung der Ermittlungen an die USA einer unvertretbaren Schlechterstellung des Beschuldigten gleichkäme: Für die Delikte, die ihm angelastet werden, drohen im hierzulande maximal 15 Jahre, in den USA allerdings lebenslange Haft. Außerdem begründet das OLG Graz seine Entscheidung mit dem Grundrecht auf Achtung des Familienlebens. Der Mann ist seit 20 Jahren verheiratet, hat einen zweijährigen Sohn und ist laut OLG in der Steiermark „tiefgreifend familiär verwurzelt“.

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