„Krone“-Interview

Landesrätin Pawlata will Rollenbilder verändern

Tirol
07.01.2023 16:00

Tirols Landesrätin Eva Pawlata (SPÖ) möchte beim Thema Gewalt gegen Frauen nicht nur Symptome, sondern Ursachen bekämpfen. Dazu müssen auch Rollenbilder geändert werden, doch das sei das Nageln harter Bretter.

„Krone“: Frau Landesrätin Pawlata, haben Sie sich schon eingefunden in Ihre neue Rolle als Landesrätin?
Eva Pawlata: Ich habe mir schon einen recht guten Überblick verschafft und die ersten Vernetzungspartner getroffen, auch schon die ersten Anfragen und die wichtigsten Problematiken gesehen.

Was sind die wichtigsten Problematiken?
Wir sind mitten in der Teuerungswelle, das betrifft alle Ressorts. Außerdem sind die neuen Zahlen zum Thema Armut gekommen: Jeder siebente Tiroler muss an der Armutsgrenze leben oder ist sogar schon darunter, das ist eine massive Zahl. Dass man da etwas dagegen unternehmen muss, ist klar, das sollte an erster Stelle stehen. Dazu haben wir den Teuerungsrat, das ist meiner Meinung nach ein gutes Mittel. Da kommen natürlich verschiedene Positionen zusammen, wobei meine Position als Sozialreferentin eine sehr gewichtige ist. Wenn man die Basis der Gesellschaft - also jene, die für wenig Geld arbeiten und sich das Leben wirklich nicht mehr leisten können - nicht mehr berücksichtigt, dann weiß ich nicht, wohin das führen soll.

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Wir haben viel zu wenig Frauenhausplätze in ganz Tirol.

Landesrätin Eva Pawlata

Sie kommen aus dem Bereich Opferschutz – welche Punkte können Sie als Politikerin nun endlich umsetzen?
Ein Punkt, der auch im Regierungsprogramm steht, ist, dass die Sozialeinrichtungen, die mit Gewaltopfern arbeiten, gut finanziert werden. Wir haben viel zu wenig Frauenhausplätze in ganz Tirol. Wir bekommen zum Glück ein Frauenhaus im Oberland. Der Ausbau weiterer Frauenhausplätze steht ebenso in unserem Regierungsprogramm.

Die Gewalt an Frauen ist offensichtlich ein massives Problem. Wo sehen Sie Lösungsansätze?
Die großen Schlagworte müssen Gewaltprävention, Sensibilisierung und Umdenken in Bezug auf Rollenbilder sein. Das ist der Schlüssel dafür, dass Frauen arbeiten gehen können, dass sie einen Zugang zum Bildungssystem haben, dass Care-Arbeit für Angehörige und Kinder gerechter aufgeteilt wird und dass Frauen unabhängiger werden.

In der Theorie ist jeder für Gleichberechtigung, die Praxis sieht oftmals anders aus.
Mit der Schaffung von Kinderbetreuungsplätzen, die wir ja in dieser Periode umsetzen wollen, können mehr Frauen erwerbstätig sein. Frauen sind auch mit der Falle der Teilzeitarbeit konfrontiert. Das hat schon viel mit Rollenbildern zu tun. Rollenbilder lassen sich nicht in zwei, drei Jahren verändern. Wir benötigen Sensibilisierung mittels Kampagnen, auch wenn diese etwas kosten. Aber das ist das Nageln harter Bretter.

Sensibilisierung, die auch auf Männer abzielt?
Natürlich, auch das Rollenbild der Männer ist ja ein festgefahrenes. Bei Frauen ist es so: Einerseits wird erwartet, dass sie Zuhause bleiben, andererseits wird bemängelt, dass sie keine Karriere machen. Bei Männern ist es dasselbe. Ich glaube, dass viele Männer schon bei den Kindern daheim bleiben wollen. Die eingefahrenen Rollenbilder merkt man auch im Wording. Wenn sie sagen: „Ich helfe meiner Frau im Haushalt.“ Aber der Mann hilft ja nicht der Frau, es soll eine geteilte Arbeit sein, der Haushalt geht ja beide etwas an.

Mehr Frauen als Männer sind von Armut betroffen – ist hier der Lösungsansatz, Frauen in die Vollbeschäftigung zu bekommen?
Ich glaube schon, dass das ein Schlüssel ist. Das System von Ländern, in denen es normal ist, dass die Frau nach einem halben Jahr wieder arbeiten geht und die Frau nicht stigmatisiert wird, wenn sie das Kind nach einem halben Jahr in eine Fremdbetreuung gibt, das ist, finde ich, ein zukunftsweisendes System.

Was haben Sie von Ihrer langjährigen Zeit als Geschäftsführerin im Gewaltschutzzentrum Tirol mitgenommen?
Erfahrung mit den Medien. Dann kenne ich ein Stück weit die Sozialeinrichtungen von Tirol. Und das Wichtigste: Die Arbeit mit den Menschen. Ich weiß, wo die Bedürfnisse sind.

Menschen mit Behinderungen haben nach wie vor noch keinen barrierefreien Zugang zu hoher Bildung. Was wären hierfür Lösungsansätze?
Dass Menschen mit Behinderung immer noch benachteiligt sind, ist ganz klar. Ich bin auf jeden Fall dafür, dass wenn Entwicklungen gemacht werden, Menschen mit Behinderung miteinbezogen werden sollen - denn sie sind die Profis, ihre Meinung müssen wir inkludieren.

Sie setzen sich ebenfalls für einen leichteren Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen in ganz Tirol ein.
Ein niederschwelliger Zugang muss möglich sein - und zwar sowohl örtlich als auch finanziell. Man muss die Person so weit stärken, dass sie sich frei entscheiden kann. Ob sie sich dann für oder gegen einen Abbruch entscheidet, das habe ich nicht zu bewerten.

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