Nach zehn Jahren an der Spitze der Tiwag verlässt Johann Herdina das Rampenlicht in Richtung Ruhestand. In ein Loch fällt er bestimmt nicht, versichert er im Interview mit der „Tiroler Krone“.
„Krone“: Herr Herdina, für Sie beginnt am 1. Jänner ein neuer Lebensabschnitt als Pensionist. Wird es für Sie als Top-Manager eine Vollbremsung von 100 auf null oder wartet der viel zitierte Unruhestand?
Herdina: Nein, es wird keine Vollbremsung. Ich habe eine Menge Hobbys und auch eine lange Liste, die meine Frau abgearbeitet haben will (schmunzelt). Es fängt an mit Fensterbalken am Haus und geht weiter im Gewächshaus im Garten unseres Hauses auf der Innsbrucker Hungerburg. Ich habe mir auch eine Holzbearbeitungsmaschine gekauft und bin gerade dabei, eine Werkstatt einzurichten.
Bleiben sogenannte Restposten übrig?
Nein, ich habe alle Funktionen beendet – außer jener im Vorstand der österreichischen Gesellschaft der Geomechanik. Da wurde ich hineingewählt.
Auf welches Projekt in Ihrer zehnjährigen Tätigkeit als Tiwag-Vorstand sind Sie besonders stolz?
Zweifellos auf den Baustart im Kühtai und die Fertigstellung des Gemeinschaftskraftwerkes Inn, also des GKI. In diesem Kontext freut mich besonders das neue Vertragsmodell des Tiwag-Allianzvertrages. Ein Vertragsabwicklungsmodell für große Infrastrukturbauten, das alle Projektpartner ins Boot holt und national und international immer öfter kopiert wird.
Gab es auch Niederlagen in Ihrer Tiwag-Karriere?
Ich habe den Zugang, dass ich versuche, in erster Linie immer die positive Seite zu sehen. Das hat mir oft geholfen und gibt eine gewisse Grundzufriedenheit. Im Übrigen kann ich Gott sei Dank sagen, dass ich alle wesentlichen Projekte realisieren konnte.
Der gesamte Energiesektor ist seit einiger Zeit turbulent und völlig uneinschätzbar. Kann ich Ihnen trotzdem eine Prognose abringen, wie Sie die künftige Entwicklung auf diesem Sektor sehen?
In meinen Augen bekommt die Energie jetzt den Wert, der ihr zusteht. Sie war schlicht und einfach zu billig und wir sind verschwenderisch umgegangen. Wir müssten unser Denken umdrehen: Wieviel Energie haben wir im Land und mit der müssen wir auskommen. Wir müssten also haushalten und nicht immer mehr produzieren. Mein Appell ist also umdenken und analytisch überlegen, wie man die Ressource Energie richtig einsetzt. Im Übrigen weise ich darauf hin, dass die elektrische Energie nur 21 Prozent der gesamt benötigten Energie in Tirol ausmacht. Der Anteil von Öl und Gas ist über 60 Prozent. Wollen wir aus dem aussteigen, müssen wir Energie sparen, das ist klar.
In meinen Augen bekommt die Energie jetzt den Wert, der ihr zusteht.
Johann Herdina
Eine wunderbare Überleitung zur nächsten Frage: Glauben Sie, dass sich die geplante Energieautonomie Tirol 2050 ausgeht?
Das ist eine riesige Herausforderung, die wir annehmen müssen und alles daransetzen, um dorthin zu kommen. Wenn wir genügend Energie einsparen und natürlich auch die Produktion ausbauen, dann können wir es schaffen. Wir müssen aber ohnedies dorthin.
Was sagen Sie den Bürgern und Umweltorganisationen, die grundsätzlich gegen den Ausbau der Wasserkraft sind?
Wir brauchen jede Kilowattstunde erneuerbaren Strom mit dem geringsten CO2-Fußabdruck – und da zählt halt einmal die Wasserkraft dazu. Um einmal die Relationen aufzuzeigen: Das gesamte Windpotenzial in Tirol beläuft sich auf etwa 300 Gigawattstunden im Jahr, allein das GKI produziert 440 GWh.
Welches Gefühl kommt auf in der Retrospektive der vielen Jahre als Chef des Landesenergieversorgers? Stolz, Zufriedenheit?
Ich bin schon ein wenig stolz, nicht nur auf die zehn Jahre als Tiwag-Vorstand, sondern in den letzten 25 Jahren für Tirol große Infrastrukturprojekte umgesetzt zu haben, weil alle diese eigentlich Klimaschutzprojekte sind, seien es die Kraftwerksprojekte oder der Ausbau der Bahn-Unterinntaltrasse. Ich kann mit Stolz sagen, das hat schon gepasst.
Glauben Sie, dass Sie das „wichtig sein“ vermissen?
Das glaube ich nicht, weil für mich waren die Projekte wichtig. Ich selbst habe mich nie so wichtig genommen.
Wie werden Sie Ihren ersten Pensionstag verbringen?
Am ersten Jänner bin ich eingeteilt am Glühweinstandl auf der Hungerburg. Darüber hinaus hat mir meine Frau gesagt, ab erstem Jänner ist jeder Termin mit mir abzustimmen (lacht).
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