Anstieg ebbt ab

Bald acht Milliarden: Weltbevölkerung vor Rekord

Ausland
07.11.2022 09:51

Ob die Weltbevölkerung tatsächlich genau am 15. November die Acht-Milliarden-Marke knackt, ist fraglich. Da es aber unmöglich ist, den Überblick über Hunderttausende Geburten und Todesfälle pro Tag zu behalten, haben die Vereinten Nationen die Monatsmitte für den Menschheits-Meilenstein ausgewählt. 8.000.000.000 - so viele Menschen lebten noch nie auf der Erde. Doch ein Ende des Anstiegs ist in Sicht.

Der Homo sapiens tauchte nach aktuellem Kenntnisstand vor etwa 300.000 Jahren auf. In den vergangenen Jahrtausenden stieg die Zahl der Menschen stetig - abgesehen von Phasen großer Pandemien wie etwa der Pest. Allmählich beschleunigte sich die Zunahme, und um das Jahr 0 lebten etwa 190 Millionen Menschen.

Mit längerer Lebenserwartung stieg die Kurve ab etwa dem Jahr 1700 deutlich steiler an - und wohl kurz nach 1800 war die erste Milliarde erreicht. Von einer Weltbevölkerung von zwei Milliarden im Jahr 1928 bis zu den heutigen acht Milliarden Menschen brauchte es keine 100 Jahre. Und das Wachstum von sieben auf acht Milliarden dauerte gar nur elf Jahre.

Keine Sorge vor Überbevölkerung
Für die Chefin des Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen, Natalia Kanem, beinhaltet die aktuelle Zahl viel Positives. Schließlich spiegle sie einen fundamentalen Sprung wider: „Acht Milliarden Menschen, das ist ein bedeutsamer Meilenstein für die Menschheit. Und es ist die Kombination aus längerer Lebenserwartung, weniger Mütter- und Kindersterblichkeit und immer effektiveren Gesundheitssystemen“, sagte Kanem neulich bei einem UNO-Expertengespräch.

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Ich bin hier, um klar zu sagen, dass die schiere Zahl der Menschenleben kein Grund zur Angst ist.

Die Chefin des Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen, Natalia Kanem, zur Überbevölkerung

Dass viele Menschen Sorge vor Überbevölkerung haben, ist Kanem zufolge unbegründet: „Ich bin hier, um klar zu sagen, dass die schiere Zahl der Menschenleben kein Grund zur Angst ist.“ Nach Einschätzung der UNO gibt es durchaus ausreichend Ressourcen - es komme auf die richtige und gerechte Verteilung an.

Frank Swiaczny vom Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung fügt mit Blick auf die Erderhitzung hinzu: „Mehr Menschen bedeuten dabei nicht zwangsläufig auch einen größeren ökologischen Fußabdruck.“ Fast die Hälfte der globalen CO₂-Emissionen würden von den zehn Prozent der Weltbevölkerung mit dem höchsten Einkommen verursacht, während der Beitrag der ärmsten Hälfte zu vernachlässigen sei.

Wachstum ab 2080 vorbei
„Das Tempo des globalen Bevölkerungswachstums verlangsamt sich“, erklärt UNO-Expertin Rachel Snow. Das höchste jährliche Wachstum sei 1964 mit 2,2 Prozent jährlich erreicht worden. „Aber jetzt wachsen wir mit weniger als einem Prozent pro Jahr.“ Dieser Trend soll jüngsten Studien zufolge anhalten - bis die Weltbevölkerung ab dem Jahr 2080 den Prognosen zufolge nicht mehr weiter wachsen soll. Dann liege die Zahl der Menschen bei 10,4 Milliarden.

Indien wird China bald ablösen
Besonderes Augenmerk richtet sich auf die Entwicklungen in Ländern Asiens mit besonders vielen Menschen. China als das - noch - bevölkerungsreichste Land der Erde steht vor gewaltigen Herausforderungen, denn die Geburtenrate in dem Land mit 1,4 Milliarden Menschen ist nach der Ein-Kind-Politik niedrig. Experten begründen das damit, dass viele Menschen, die als Einzelkinder aufgewachsen sind, es als normal empfänden, nur ein Kind zu bekommen.

Indien mit seinen über 1,3 Milliarden Menschen hat eine höhere Geburtenrate und dürfte China schon im kommenden Jahr überholen. Aber auch in Indien verlangsamt sich das Wachstum - was in Zusammenhang mit der besseren Verfügbarkeit von Verhütungsmitteln gebracht wird.

Afrika wird weiter wachsen
In keinem Erdteil wird unterdessen die Bevölkerung auf absehbare Zeit so zunehmen wie in Teilen Afrikas. „Afrika südlich der Sahara wird nach aktuellen Prognosen noch deutlich weiterwachsen. Ein Großteil des künftigen Wachstums der Weltbevölkerung wird in dieser Region und in einigen Ländern in Asien stattfinden“, sagt Experte Swiaczny.

Rund 1,4 Milliarden Menschen leben nach Angaben der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung derzeit in Afrika. Bis 2050 wird die Bevölkerung demnach auf rund 2,5 Milliarden steigen. Bis Ende des Jahrhunderts werden etwa dreimal so viele Menschen in Afrika leben wie heute, knapp 4,3 Milliarden - etwa 40 Prozent der Weltbevölkerung.

Migranten in manchen Ländern dringend gebraucht
Einkommensstarke Länder wie Japan rutschen demgegenüber gegenwärtig in eine negative Bevölkerungsentwicklung ab. Für eine stabile Wachstumsrate wären einige Länder deshalb auf Migration angewiesen. Die UNO ratet in einem Bericht: „Alle Länder, unabhängig davon, ob sie einen Nettozustrom oder -wegzug von Migranten verzeichnen, sollten Schritte unternehmen, um eine geordnete, sichere, reguläre und verantwortungsvolle Migration zu erleichtern.“

Natürlich wird es auch bei neun und zehn Milliarden Menschen auf der Erde wieder Aufsehen geben. Doch eine wirkliche Zeitenwende erwarten die Vereinten Nationen erst im Jahr 2100. Experten glauben, dass die Weltbevölkerung etwa ab dann stetig sinken wird. Doch wie bei Wettervorhersagen werden auch die Prognosen für die Entwicklung der Bevölkerung mit zunehmendem zeitlichen Abstand unsicherer.

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