Bei manchen Wiesenblumen ist das schon mittags der Fall. Fehlen die Insekten, bleiben die Blüten bis gegen Abend offen. Die Blumenuhr gehe dann nach. "Unsere Ergebnisse zeigen zum ersten Mal, dass die Bestäubung das schnelle Schließen der Blüten auf der Ebene einer ganzen Pflanzengemeinschaft beeinflusst", schreiben die Forscher in der Fachzeitschrift "Ecology Letters".
Wegen dieser engen Verflechtung von Pflanzen und ihren Bestäuberinsekten könne sich auch der aktuell beobachtete Rückgang der Bienen deutlich auswirken, sagen die Forscher. Er führe zum verspäteten Schließen von Blüten und bringe damit das gesamte, fein abgestimmte Nahrungsnetz einer Wiese durcheinander.
Blüten per Hand bestäubt
Schon der schwedische Naturforscher Carl von Linné legte im 18. Jahrhundert im Botanischen Garten von Uppsala eine Blumenuhr an. In diesem Beet waren die Pflanzen entsprechend ihrer Blühzeiten angeordnet. Mit ihrer Hilfe soll Linné die Uhrzeit bis auf fünf Minuten bestimmt haben. Dass diese Präzision der Blumenuhr auch von Insekten abhängt, belegten die Göttinger Forscher nun in einem Versuch. Dabei bestäubten sie Blüten in einem abgeschlossenen Käfig per Hand. Diese begannen sich bereits ein bis zwei Stunden später zu schließen.
Die schnelle Reaktion der Blüten auf eine erfolgreiche Bestäubung könne in Zukunft möglicherweise auch dazu genutzt werden, den Bestäubungserfolg zu messen, mutmaßen die Agrarökologen. Man müsse die Entwicklung der Samen dann nicht mehr abwarten.
Unterschiedliche Uhrzeiten für Bestäubung
Neben unterschiedlichen Uhrzeiten entdeckten die Forscher auch eine Art "Arbeitsteilung" bei den Insekten. "Wir haben beobachtet, dass sich Bestäuberarten ablösen", beschreiben die Wissenschaftler die Ergebnisse eines weiteren Experiments.
In diesem wurden die meisten löwenzahnartigen Pflanzen schon in den ersten Tagesstunden angeflogen. Ihre Blüten waren auf der Wiese daher schon um die Mittagszeit geschlossen. Die Blüten der Schafgarbe bleiben dagegen auch später am Tag geöffnet. Sie wurden erst am Nachmittag von jeweils anderen Bienen bestäubt, wie die Forscher entdeckten.
"Bedeutung von Wechselwirkungen oft nicht beachtet"
Diese unterschiedlichen biologischen Rhythmen der Bienen und Blütenpflanzen sorgten dafür, dass Bestäuber immer genug Futter finden, sagen die Wissenschaftler. Gleichzeitig hielte dies die Konkurrenz unter den Pflanzen um die Insekten in Grenzen.
"Die Bedeutung der Wechselwirkungen mit anderen Lebewesen für viele grundlegende biologische Mechanismen wird häufig nicht beachtet", sagen die Agrarökologen um Jochen Fründ und Teja Tscharntke von der Universität Göttingen. Nur so sei es zu erklären, dass der Einfluss der Bestäubung auf das botanische Phänomen der Blumenuhr bisher unerkannt geblieben sei.
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