In der Filmbranche gehört Emilio Sakraya gerade zu den wertvollsten Aktien Deutschlands, musikalisch veröffentlicht er dieser Tage sein zweites Album „1996“ und kommt damit 2023 in die Wiener Simm City. Ein Gespräch über Wohlstandskinder, Muskelmasse, das richtige Lebensgefühl und Probleme im familiären Bereich.
Größtmögliche Authentizität oder optimale Interpretation - zwischen diesen beiden Polen liegen gefühlt Welten, im Falle von Emilio Sakraya passt dort aber kein Blatt Papier dazwischen. Der 26-jährige Berliner fungiert gleichermaßen als Schauspieler wie als Sänger und lässt sich gar nicht erst auf die alte Diskussion ein, was denn in Kopf und Seele eines so mannigfaltig Kreativen wichtiger wäre. „Für mich ist beides auf Augenhöhe und das ist nicht nur so dahingesagt“, erzählt er uns im gemütlichen Gespräch in der Wiener Mariahilfer Straße, „mir macht es genauso viel Spaß in Rollen zu schlüpfen, wie Musik zu schreiben. Die Musik ist sicher zwangloser und macht dadurch mehr Spaß, aber ich mag es auch, mich zu quälen. Ich lege gerne mal 17 Kilogramm Muskelmasse zu und werfe mich mit Haut und Haaren in eine Rolle. Beides gehört definitiv zu meinem Leben.“
Interdisziplinäres Talent
Gerade vor der Kamera hat Emilio in den letzten Jahren Quantensprünge gemacht. Wurde er im Jungerwachsenenalter für seine Teilnahme an den trashigen „Bibi & Tina“-Filmen verlacht, hat er sich zu einem der vielversprechendsten, wandelbarsten und nicht zuletzt beliebtesten Jungschauspielern Deutschlands gemausert. Zwischen „Tatort“, Til Schweiger und Fatih Akin - im Herbst kommt der prestigeträchtige Film „Rheingold“ in die Kinos, in dem Emilio den deutsch-türkischen Hip-Hop-Mogul Xatar verkörpert - hat der schmucke Jüngling nicht nur die Teenies, sondern längst auch die Kritiker überzeugt.
Und interdisziplinär war strenggenommen schon sein Auftauchen im Bushido-Biopic „Zeiten ändern dich“ 2010, obwohl Emilio damals noch für sich alleine im stillen Kämmerchen an Songs feilte. 2016 ging er mit der Single „Down By The Lake“ erstmals an die Öffentlichkeit, bis zu seinem Debütwerk „Roter Sand“ vergingen dann noch einmal vier Jahre. Im besten Zustand war Emilio damals nicht, daher fiel das Werk auch sehr melancholisch und düster aus.
„Der Sound am Debüt war authentisch. Ich war damals ziemlich abgefuckt. Ich war nur am Arbeiten, hatte nie Urlaub und war nicht in der Lage, Beziehungen zu führen. Ich hatte zudem Probleme mit allen Familienmitgliedern und habe mich nach Ruhe und Frieden gesehnt, aber es ging nicht.“ Das Verlassenwerden vom Vater, die enge Bindung zur Mutter, seine unbändige Liebe zur marokkanischen Oma und die nicht immer friktionsfreie Beziehung zu seinem 17-jährigen Halbbruder Ilyes Raoul sind einige der zentralen Themen auf dem brandneuen Zweitwerk „1996“. Wie der Albumtitel schon anklingen lässt, geht es um Emilios Geburtsjahr und eine grobe Reflektion des ersten Vierteljahrhunderts seines Daseins.
„Das Album ist positiver und poppiger, das war mir sehr wichtig. Mir geht es heute auch viel besser als vor zwei, drei Jahren. Themenfelder wie Beziehungen und zwischenmenschliche Erfahrungen sind mir hier wieder wichtig, aber alles ist viel tanzbarer.“
Die Freuden am Leiden
Wo Emilio im Schauspiel sich längst in der deutschen Champions League befindet, ist der Weg in der Musik dorthin noch ein harter. Seine poppige Ausrichtung mit Hip-Hop- und Electro-Zutaten ist gewiss massentauglich und sommerlich, gewinnt aber zugegeben keinen eigenen Innovationspreis. Die Stärke von „1996“ steckt in den textlichen Details. Auf „Schicksal“ rekapituliert er die schwierige Beziehung zu seinem Bruder, „Oma Ti“ ist eine Hommage an jene Person, die ihm Gott und den Glauben näherbrachte und „Winter“ dreht sich, als einer der wenigen wirklich düsteren Songs, um die ständigen Selbstzweifel und Unsicherheiten, die Emilio trotz all seiner Erfolge und Lobpreisungen nicht abschütteln kann. „Ein bisschen Leiden gehört aber auch dazu“, fügt er schmunzelnd an, „wir Künstler sind alle ein bisschen wehleidig und das Leben ist hart genug.“
Mit „Lang nicht vorbei“ hat Emilio auch einen bewusst großspurigen Song am Album, auf dem er sich selbst feiert, obwohl er mit der gängigen Celebrity Culture wenig anfängt. „Wenn man so einen Song schreibt, muss man sich trotzdem mit sich selbst auseinandersetzen. Wissen, woher man kommt und was man alles geben musste, um dort zu sein, wo man gerade ist. Die jüngere Generation stellt Berühmtheiten auf ein Podest und glaubt, sie wären besser als sie selbst. Das stimmt aber nicht. Ich trage eine Rolex und bin trotzdem auch extrem unglücklich, weil ich manchmal keine Zeit habe, Dinge zu tun oder mir der Antrieb fehlt. Wir alle sind Menschen, die am Ende dasselbe durchmachen.“
Emilio vermisst oft auch den fehlenden Funken an Ehrgeiz. „Ich bewege mich in Kreisen, wo viele Menschen sehr reiche Eltern haben. Die gehen ihrer Leidenschaft nach, aber manchmal sind sie ambitionsloser. Wenn da einmal etwas danebengeht, dann landet man Ende doch auf der sicheren Seite. Das sind dann vielleicht die 0,5 Prozent, die solchen Menschen im Vergleich mit anderen an Ehrgeiz fehlen.“
Auf einem guten Weg
Schon im Vorfeld des Album-Releases hat Emilio gesagt, dass er mit „1996“ musikalisch in jene Welten eintauchen möchte, die ihn geprägt haben. So klingt sein Zweitwerk mainstreamtauglich, bunt, aber zu keiner Zeit erzwungen oder schablonenhaft gefertigt. Zwischen nostalgischen Erinnerungen und hoffnungsfrohen Zukunftsaussichten bleibt genug Platz, um im Moment zu leben und der Gegenwart den größten Platz einzuräumen. Mit viel Leidenschaft und klar eingestelltem Fokus hat Emilio auch die Pandemie, und damit einhergehend die Unmöglichkeit, mit einem größeren Filmteam zu drehen, genutzt, um ein weiteres Lebenskapitel auf Polycarbonat zu pressen. „Ich bin auf einem sehr guten Weg, ein gesundes und glückliches Leben zu führen. Genau das spiegelt diese Platte wider.“
2023 live in Wien
Am 16. April 2023 kommt Emilio übrigens für ein Konzert in die Wiener Simm City. Unter www.oeticket.com gibt es alle weiteren Infos und noch Karten für den Auftritt des zukunftsträchtigen Multitalents aus Berlin.
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