„Erpressungsversuch“

Russische Zeitung: Wilde Propaganda gegen Nehammer

Medien
12.04.2022 11:55

Kein Handschlag, keine Fotos, keine gemeinsame Pressekonferenz. 75 Minuten dauerte das „harte, offene und direkte Gespräch“ zwischen dem Kanzler und dem Kremlchef in Moskau - krone.at berichtete ausführlich. Der Kreml schweigt auch einen Tag danach. Glücklich scheint man mit dem Ausgang des Gesprächs aber keineswegs zu sein und lässt inoffizielle Informationen verbreiten - eine russische Zeitung will nun gar den „wahren Grund“ für den Kanzler-Besuch kennen.

(Bild: kmm)

Treffen mit Russlands Präsident Wladimir Putin folgen einer gewissen Symbolik. Wie lange lässt er seinen Gast warten? Wie lange dauert das Gespräch? Welche Fotos werden erlaubt? Sorgen, Bundeskanzler Karl Nehammer könnte in eine Propaganda-Falle des Kreml getappt sein, sollten sich zunächst als unbegründet erweisen. Denn auf Absprache beider Delegationen gab es keinen Handschlag, keinen Fototermin und keine gemeinsame Pressekonferenz.

Nur Übersetzer anwesend
Es war ein 75-minütiges Vieraugengespräch zwischen dem Kanzler und dem Kremlchef. Keine Pressesprecher, keine außenpolitischen Berater, keine Botschafter, nur Übersetzer. Was Putin zu hören bekam, dürfte ihm jedoch nicht gefallen haben. „Das Gespräch war sehr direkt, offen und hart“, verkündete Nehammer später in mehreren Statements. Der Kanzler habe dem Kremlchef klargemacht: „Das ist kein Freundschaftsbesuch.“

Positiv stimme ihn allerdings, dass Putin Vertrauen in die Istanbuler Friedensgespräche habe und diese fortsetzen möchte, betonte der Kanzler. Putin soll außerdem zugesagt haben, Fluchtkorridore zu respektieren und humanitäre Hilfe zu ermöglichen. Weiters habe sich Österreich angeboten, sich für eine Aufarbeitung durch die internationale Strafjustiz einzusetzen - die Putin für ein reines Propaganda-Instrument hält.

Russische Zeitung sieht „Erpressungsversuch“
Die Online-Ausgabe der russischen Zeitung „Prawda“ will unterdessen erfahren haben, dass es bei dem Besuch gar nicht primär um die Ukraine gegangen sei. Der Besuch des österreichischen Kanzlers sollte demnach etwas mit der Sicherstellung von Gaslieferungen zu tun gehabt haben.

In dem „Bericht“, der sich auf Insider beruft und in der Nacht auf Dienstag online ging, werden auch ziemlich schwere Geschütze aufgefahren. Man spricht gar von einem Erpressungsversuch durch Nehammer. Dieser habe „offen versucht, den russischen Präsidenten zu erpressen“. Nehammer habe damit gedroht, dass er den Medien der Welt bestätigen würde, die Russen seien „Schlächter“.

Putin habe den Erpressungsversuch freilich abgeschmettert und erklärt, dass für „alle unfreundlichen Staaten“ die Gaslieferungen dieselben bleiben würden. Nehammer habe seine Drohung dann auch wahrgemacht und seine Darstellungen in die westlichen Medien getragen, wird dort geschrieben - tatsächlich war der Kanzler nach dem Gespräch sehr vage geblieben, hatte kaum über Putins Reaktionen gesprochen.

Ex-Diplomat: „Gesprächsstoff ausgegangen“
Im Kreml verzichtete man bislang auf offizielle Erläuterungen, auch andere russische Medien waren eher zurückhaltend. Das Treffen sei „nach Maßstäben der letzten Zeit nicht sonderlich lang gewesen“, kommentierte Putin-Sprecher Dmitri Peskow knapp. „Wenn man die Übersetzungen dazu nimmt, dann haben sie sehr kurz gesprochen“, kommentierte auch der ehemalige österreichische Diplomat Stefan Lehne in der „ZiB 2“ des ORF. Er glaube, dass Putin und Nehammer der Gesprächsstoff langsam ausgegangen und gar keine „echte Kommunikation“ möglich gewesen sei.

Da Nehammer kaum geheime EU-Vorschläge oder eine Botschaft des ukrainischen Präsidenten überbracht haben dürfte, habe es für die beiden zur Ukraine im Großen und Ganzen nichts zu besprechen gegeben, schrieb auch die Zeitung „Moskowski Komsomolez“, deren Chefredakteur Pawel Gussew seit Ende vergangener Woche auf einer EU-Sanktionsliste steht.

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