Ins Ausland verkauft

China geht jetzt gegen staatliche “Kinderdiebe” vor

Ausland
11.05.2011 14:56
Ein Skandal um amtliche "Kinderdiebe" sorgt in China für Empörung. Behörden sollen in Zentralchina Familien als Strafe für Verstöße gegen die Familienplanungspolitik die Kinder weggenommen und in Waisenhäuser gesteckt haben. Anschließend wurden die Kinder um Tausende US-Dollar an ausländische Familien verkauft. Nun wollen offizielle Stellen dem Treiben ein Ende setzen. "Die Ermittlungen haben begonnen", versicherte ein Sprecher des besonders betroffenen Kreises Longhui am Mittwoch.

Die Vorfälle ereigneten sich in den vergangenen zehn Jahren. Betroffen waren Eltern, die gegen die damals noch striktere Ein-Kind-Politik oder andere Vorgaben der Familienplanung verstoßen hatten und die hohen Geldstrafen von 3.000 bis später sogar 10.000 Yuan (umgerechnet 320 bis 1.070 Euro) nicht bezahlen konnten.

Kinder werden ins Ausland verkauft
Das Magazin "Caixin" enthüllte, das zwischen 2000 und 2005 mindestens 16 Kinder in der Stadt Gaoping im Kreis Longhui zwangsweise in ein Waisenhaus der übergeordneten Präfektur Shaoyang gesteckt worden seien. Zwölf davon seien an meist ausländische Eltern vermittelt worden.

Wie viele Kinder insgesamt abgeholt wurden, ist unklar. Über die Jahre hatten sich verzweifelte Eltern vergeblich an die Behörden gewandt. Wie ein Vater, der dem Magazin erzählte, dass sie seine kleine Tochter abgeholt hätten, obwohl er und seine Frau gar nicht gegen die Ein-Kind-Politik verstoßen hätten. "Sie haben meine Tochter für ein illegales Kind gehalten, als meine Frau und ich in Shenzhen arbeiten waren", so der Mann. Doch er hatte jahrelang keine Chance, sein Kind wiederzubekommen. Erst jetzt habe er sie aufspüren können - sie sei nun sieben Jahre alt und lebe in den USA.

Dass Kinder einfach so weggeholt würden, sei "kein Einzelfall", sagte der Soziologieprofessor Li Jianxin dem Magazin. "Verstöße bei der Durchsetzung der Familienplanung sind nicht selten. Der Baby-Export aus Hunan ist nur ein extremer Fall." In einer Mitteilung der Kreisregierung von Longhui hieß es, die Behörden sollten "Lehren aus dem Skandal ziehen" und ihr Vorgehen ändern und "gerechter" gestalten.

Das Waisenhaus in Shaoyang habe sogar 1.000 Yuan (107 Euro) für jedes Kind bezahlt, berichtete "Caixin". Sie seien dann für 3.000 Dollar (2.085 Euro) zur Adoption ins Ausland gegeben worden. Vor allem Mädchen würden wegen der Ein-Kind-Politik von Eltern ausgesetzt oder eben zur Adoption freigegeben, damit die Chance auf einen Sohn erhalten bleibt.

Obwohl die Bestimmungen inzwischen etwas gelockert wurden und Paare in ländlichen Gegenden ein zweites Kind bekommen dürfen, vor allem wenn das erste ein Mädchen ist, werden Buben weiterhin als Nachkommen präferiert. Paare, die in der Stadt leben, sollten weiterhin nur ein Kind haben - auch wenn sie einer ethnischen Minderheit angehören oder selbst Einzelkinder sind, zwei weitere Ausnahmen der Ein-Kind-Politik.

Nach Angaben des Zentrums für Adoptionen sind zusammengerechnet schon mehr als 100.000 chinesische Kinder von ausländischen Eltern - meist aus den USA - adoptiert worden.

Nachdenken über Ein-Kind-Politik?
Der Skandal hat die Debatte über die Ein-Kind-Politik in dem 1,3-Milliarden-Einwohner-Land neu angefacht. Sie betrifft heute zwar nur noch ein Drittel der Bevölkerung, sorgt aber auch für eine Überalterung der Gesellschaft. Die Regierung will allerdings an der Geburtenkontrolle festhalten und verweist vor allem auf den Mangel an Ressourcen.

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