Protest gegen Pläne

Ganztagsschule: Eltern fürchten „Zwangsumstellung“

Wien
17.12.2021 10:59

Der Ausbau des Angebots an Ganztagsschulen in Wien schreitet voran. Dafür werden über die ganze Stadt verteilt laufend Halbtagsschulen umgestellt. So soll jetzt auch die Volksschule Rittingergasse in Floridsdorf umgewandelt werden - sehr zum Unmut betroffener Eltern, die gegen diese aus Ihrer Sicht „Zwangsumstellung“ mobilmachen. Unterstützung bekommen sie von der Wiener ÖVP. Die zuständige Schulbehörde versucht indes zu beruhigen. Brisant ist allerdings, dass auch die Schulleitung und Lehrer selbst gegen die Umstellung sind, wie aus einem der „Krone“ anonym zugespielten Brief hervorgeht.

Die VS Rittingergasse ist eine beliebte Volksschule im 21. Bezirk, geführt als Halbtagsschule mit einem integrierten Hort als Betreuungsangebot. Nun haben die Eltern aber davon Wind bekommen, dass die Stadt plane, eine verschränkte Ganztagsschule mit verpflichtendem Unterricht bis 15.30 Uhr aus der Bildungseinrichtung zu machen. Möglicherweise bereits im kommenden Schuljahr. Auch wenn die geplante Umstellung mit künftig geringeren Kosten für die Nachmittagsbetreuung verbunden ist - der Besuch einer der mittlerweile mehr als 70 Ganztagsschulen ist seit dem Vorjahr in Wien gratis -, fühlen sich viele betroffenen Eltern vor den Kopf gestoßen.

Eltern kritisieren „unprofessionelle Vorgehensweise“
„Wir haben von der geplanten Umstellung nur durch Gerüchte erfahren“, ärgert sich eine Mutter, die anonym bleiben möchte, im Gespräch mit der „Krone“ über die „unprofessionelle Vorgangsweise“ der Stadt. Bislang hätten die Eltern auch noch gar keine offizielle Information erhalten. Die Mehrheit der Betroffenen sei nun extrem verunsichert: „Man muss ja bereits im Jänner für das nächste Schuljahr anmelden“, so die Mutter weiter. Viele würden davor aber noch wissen wollen, ob die „Zwangsumstellung auf Ganztagsschule“ bis dahin erfolgt. Einige würden in diesem Fall erwägen, auf Privatschulen auszuweichen.

Die Eltern wandten sich in ihrer Verzweiflung bereits Anfang Dezember in einem Offenen Brief (siehe auch Faksimile unten) mit ihren Sorgen an Bürgermeister Michael Ludwig, die Bildungsdirektion und den Bezirksvorsteher. Die Eltern hätten, wie sie es in dem Schreiben ausdrücken, „diese Form der Schule und Nachmittagsbetreuung gewählt (also Halbtagsschule; Anm.)“, weil sie flexibel sein möchten. Während heutzutage von Arbeitnehmern immer Flexibilität gefordert werden, würden Eltern und Kindern die Umstellung genau dies schulisch und familiär nehmen, so die Kritik der Betroffenen.

ÖVP Wien bringt Antrag gegen Umstellung ein
Neben dem Prostestbrief wurden binnen weniger Tage auch schon zahlreiche Unterschriften gesammelt, die der Wiener ÖVP-Bildungssprecher Harald Zierfuß bei der kommenden Gemeinderatssitzung an den zuständigen Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS) übergeben will - zusammen mit einem Antrag gegen die Umstellung, wie der VP-Gemeinderat wissen ließ. „Rot-Pink fährt einfach über die Betroffenen drüber. Wenn ein Standort sich so offenkundig gegen die Zwangsumstellung zur Wehr setzt, muss die Stadt einlenken!“, so Zierfuß, der diese Woche auch mit den Eltern vor Ort zahlreiche Gespräche führte und sich ihre Sorgen anhörte.

Bei der MA56 beruft man sich indessen auf die „enorme“ Nachfrage an den verschränkten, seit September 2020 gratis angebotenen, Schulplätzen - generell, aber auch speziell im Umfeld der VS Rittingergasse. Derzeit laufe eine ergebnisoffene Prüfung. Ob und wann die Volksschule in eine ganztägig betreute Form umgewandelt wird, entscheide sich erst nach Evaluierung der Ergebnisse durch die Fachdienststelle und der Bildungsdirektion. Für die Verunsicherung und Befürchtungen seitens der Eltern zeige man Verständnis, sei aber sicher, diese letztlich auflösen zu können.

Auch Schulleitung und Lehrer gegen Umstellung
Im Hintergrund dürfte es allerdings nicht ganz so ruhig ablaufen, wie es seitens des Magistrats dargestellt wird. Denn nicht nur eine Mehrheit der Eltern stemmt sich gegen die Umstellung, sondern auch Direktion und Lehrer sprachen sich bereits dagegen aus. Das geht aus einem Schreiben an Bildungsstadtrat Wiederkehr hervor, das der „Krone“ anonym zugespielt wurde.

Darin bringen Schulleitung und Lehrerkollegium mehrere Argumente vor (siehe Faksimile oben), die gegen die verschränkte Ganztagsschule sprechen würden. Darunter etwa auch, dass die derzeitigen räumlichen Gegebenheiten eine Umstellung in der Rittingergasse gar nicht zulassen würden. Ein Problem, das übrigens aus anderen Schulen bekannt ist, die umgestellt wurden. Da musste unter anderem schon mal ein Turnsaal - und mit ihm Zusatzangebote für den Nachmittag - weichen, um für eine Speiseraum Platz zu machen.

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