16.12.2021 19:24 |

Verdächtige Studien

Finanzministerium: Keine Entlastung in Top-Affäre

Knallharte Analyse aus dem Finanzministerium zu den Vorwürfen rund um geschönte Studien, die vom Steuerzahler finanziert wurden. Fazit der Revision: wenig Nachvollziehbarkeit, Explosion an Kosten für Öffentlichkeitsarbeit. Der Revisor spricht von einer „Welt für sich“. Die Republik erwägt zivilrechtliche Schritte.

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Donnerstag, 11.30 Uhr. Finanzministerium. Neo-Minister Magnus Brunner erscheint in Begleitung eines wichtigen Beamten und des Chefs der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn. Quasi der Anwalt der Republik. Das lässt Wichtiges erahnen. Starke Worte folgen. Der Untersuchungsbericht der Internen Revision zu verdächtigen Studien wird präsentiert.

Von 28 Studien gab es bei 26 keine Aufzeichnungen im Akt. Keine Stundenaufzeichnungen. „Alles in Bausch und Bogen“ abgesegnet. So die Diagnose des Revisors Hannes Schuh. Die Meinungsforscherin Sabine Beinschab soll für Teile von geschönten Studien verantwortlich sein. Finanziert vom schwarz dominierten Finanzministerium, platziert in Fellners Produkt „Österreich“.

Die Ausgaben für Öffentlichkeitsarbeit 2015 betrugen im Finanzministerium 2,84 Millionen, im Jahr 2020 waren es 13,22. Minister Brunner: „Das entspricht nicht meinem Verständnis vom Umgang mit Steuergeld.“

Nach Einschätzung der Revision fehlten umfassende Kommunikationsstrategien, es seien Studien, Umfragen, Inserate und Kampagnen beauftragt worden, die ab 2016 den Finanzierungsvoranschlag erheblich überschritten. „Die Anforderungen der Zubuchungen sind nicht aktenmäßig dokumentiert und damit zu wenig transparent.“

Experte Schuh: „Die Kommunikationsabteilung war eine eigene Welt für sich.“ Die Affäre hat nicht nur Teile der türkisen Riege zu Fall gebracht, sondern ist auch ein Fall für die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Verdacht auf Untreue und Bestechung gegen zehn Personen, darunter Leute aus dem Finanzministerium, die als das verdächtige operative Geschäft geleitet haben sollen. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Verdacht der Ermittler ließ sich nicht entkräften
Überdies erwägen Brunner und Peschorn, sich im Namen der Republik auf zivilrechtlichem Weg schadlos zu halten. Gegen wen konkret? „Schauen Sie sich an, wer auf der Liste der Beschuldigten steht.“ Peschorn weiter: „Die Untersuchung konnte den Verdacht der WKStA nicht entkräften.“ Der Bericht erging an die WKStA.

Einer der Beschuldigten meldete sich bei der „Krone“. Johannes Pasquali, suspendierter Leiter der Öffentlichkeitsarbeit im Ministerium. Er weist alle Schuld von sich. Er hätte gerne zur Aufklärung beigetragen. „Es gab keine Befragung, daher kann nach der Revisionsordnung dieser Bericht kein Beitrag zu echter Aufklärung sein.“ Magnus Brunner und Wolfgang Peschorn sehen das anders. Die Befragungen mögen Ermittler vornehmen, die Analyse der Akten sei aussagekräftig. Es zeige sich ein „Strukturversagen“, so der Finanzminister.

Diese Episode wird auch im Untersuchungsausschuss zu „ÖVP und Korruption“ behandelt. Seit Donnerstag steht fest: Er startet am 2. März 2022. Bis Mitte Juli sind insgesamt 25 Befragungstage geplant. Die Ermittlungen zu den Nachwehen von Ibiza und Co. werden noch länger dauern.

Erich Vogl
Erich Vogl
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