Länder geben Ton an

ÖVP: Vieles neu, aber Spiel nach alten Regeln

Politik
04.12.2021 06:00

Eine machttechnische Reise in die Vergangenheit: Die schwarzen Länder geben wieder den Kurs in der ÖVP vor, vom türkisen System Kurz blieben nur einzelne Figuren übrig. Bundeskanzler Karl Nehammer und sein neues Regierungsteam müssen nun Erfolge liefern: in Umfragen, in der Koalition und in der Bewältigung der Corona-Krise.

Es ist eine beeindruckende Zahl: 58. So viele Angelobungen von Bundeskanzlern und einer Kanzlerin, Ministerinnen und Ministern sowie Staatssekretärinnen und Staatssekretären hat Bundespräsident Alexander Van der Bellen bereits hinter sich. Anfang kommender Woche werden es noch mehr. Denn Österreich hat wieder einmal einen neuen Bundeskanzler - Karl Nehammer - und einige neue Minister.

Schallenberg zurück im Außenministerium
Der bisherige Staatssekretär Magnus Brunner wird Finanzminister, Gerhard Karner, ehemaliger Landesgeschäftsführer der Volkspartei Niederösterreich, wird Innenminister, Martin Polaschek, Rektor der Universität Graz, folgt Heinz Faßmann als Bildungsminister, und Claudia Plakolm, Chefin der Jungen ÖVP, wird Staatssekretärin. Alexander Schallenberg wechselt wieder in sein geliebtes Außenministerium.

Und es ist nicht auszuschließen, dass 2022 nach Neuwahlen die Ernennung einer weiteren Bundesregierung dazukommt.

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Jetzt gilt es, mit Solidarität dafür zu sorgen, dass wir alle die Freiheit wieder zurückgewinnen.

Der designierte Bundeskanzler Karl Nehammer zur Corona-Strategie

Es war kein lockerer Durchmarsch
Seit Donnerstagmittag, als sich Ex-Kanzler Sebastian Kurz aus allen politischen Funktionen zurückgezogen hatte, waren die ÖVP-Landeshauptleute mehr oder weniger mit ihren Telefonen verwachsen. Die Entscheidung für Karl Nehammer als Parteiobmann und Bundeskanzler ist zwar keine allzu große Überraschung, ein lockerer Durchmarsch war es aber auch nicht. Niederösterreich, wo der Wiener Karl Nehammer politisch sozialisiert wurde, forcierte den bisherigen Innenminister, andere galt es erst zu überzeugen, der Jubel war enden wollend.

Mit dem neuen Regierungsteam hat die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner ihre Macht im Bund weiter ausgebaut. Denn, beinahe schon einer Tradition folgend, kommt auch der neue Innenminister Gerhard Karner (54) aus dem flächenmäßig größten Bundesland.

Gesucht wurde ein steirischer Vertreter
Dass die Steiermark seit dem wenig ruhmreichen Ausscheiden von Ex-Arbeitsministerin Christine Aschbacher damit haderte, nicht mehr in der Bundesregierung vertreten zu sein, war kein Geheimnis. Das wusste freilich auch Karl Nehammer, also sprach er mit allen noch verbliebenen Ministern. Alle bis auf Bildungsminister Heinz Faßmann klammerten sich an ihren Sessel. Faßmann passierte ein politisches Hoppala, er betonte, dass Nehammer der Chef sei und sich sein Team aussuchen konnte. Schon war der Wissenschaftler seinen Job los.

Aus Türkis ist großteils wieder Schwarz geworden
Nach stundenlangen Telefongesprächen und einer Videokonferenz hatte das Personalpaket in der Nacht auf Freitag Formen angenommen. Die Länder haben wieder das Kommando übernommen, sie betonen auch selbstbewusst, dass sie mitreden werden - aus Türkis ist großteils wieder Schwarz geworden. Ganz verschwunden ist das türkise System nicht, so richtig aufzuräumen traute sich Nehammer dann doch nicht. Zwei enge Vertraute von Sebastian Kurz, die beiden Ministerinnen Elisabeth Köstinger und Susanne Raab - beide galten als Wackelkandidatinnen -, sind weiter im Amt.

Schramböck musste um ihren Sessel zittern
Gleiches gilt für Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck, die auf den Spuren des ehemaligen SPÖ-Ministers Alois Stöger wandelt. Unzählige Male wurde Stöger abgeschrieben, immer wieder konnte er sich doch noch retten. Der Unterschied zu Schramböck: Stöger bekam stets ein neues Amt. Beinahe hätte es am Freitag die Wirtschaftsministerin erwischt. Im ÖVP-Vorstand entstand plötzlich eine eigene Dynamik, es wurde heftig an Schramböcks Sessel gesägt. Sie müsse weichen, wurde kolportiert, Arbeitsminister Martin Kocher werde ihren Platz übernehmen, AMS-Chef Johannes Kopf rücke als Arbeitsminister nach. Wenig später war diese Version wieder vom Tisch.

Kann das gut gehen? Und vor allem wie lange?
Die Frage, die sich nun stellt, lautet: Kann das gut gehen? Und wie lange? Neuwahlen scheinen immer näher zu rücken, doch Prognosen sind schwierig, wie nicht nur die vergangenen Wochen gezeigt haben. So vieles ist seit Mai 2019, als das Ibiza-Video publik wurde, in der österreichischen Innenpolitik passiert, das bisher als völlig undenkbar und ausgeschlossen galt.

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