18 Jahre lang war Alfred Stingl SPÖ-Bürgermeister von Graz. Am 29. Mai ist er einen Tag nach seinem 86. Geburtstag verstorben. Vielen galt er als das soziale Gewissen der Stadt. Am Dienstag nahmen Familie, politische Wegbegleiter und Bürger am Grazer Zentralfriedhof Abschied.
Ein Schleier der Trauer liegt seit einer Woche über Graz. Aber nicht nur der Opfer des Amoklaufs gedenkt die Stadt, sondern auch ihrem Altbürgermeister und Ehrenbürger Alfred Stingl. „Lasst uns hoffen, dass dieses ,Wir halten zusammen‘ nicht verpufft. Das hätte er sich sicher gewünscht“, mahnte Peter Grabensberger, der elf Jahre lang Pressesprecher von Stingl war.
Weitaus mehr Menschen, als in der Kirche am Grazer Zentralfriedhof gemütlich Platz finden, verabschiedeten sich am Dienstagmittag von Stingl. Er war am 29. Mai, einen Tag nach seinem 86. Geburtstag, in Graz verstorben. Von 1985 bis 2003 leitete Stingl die Geschicke der Stadt. Seine vielen Verdienste ehrte sein guter Freund und Bundespräsident außer Dienst Heinz Fischer: „Alfred Stingl, das ist für mich ein Synonym für einen sehr verehrten Menschen, einen überzeugten Demokraten, einen Grazer, der aus der Arbeiterbewegung kam, der der Stadt und der sozialdemokratischen Gesinnungsgemeinschaft gedient hat.“ Seit 1962, als Stingl Landessekretär der Jungen Generation wurde, waren die beiden miteinander bekannt. „Sein Aufstieg war schrittweise, aber konsequent und stetig, wie bei einem echten Bergsteiger.“ Und viele Bergtouren seien es, die Fischer „mit Alfred und Elli und Margit und mir in Erinnerung sind“.
Alfred Stingl hat bewiesen, dass ein Politiker sauber, ehrlich, anständig und damit obendrein erfolgreich sein kann. Das ist nicht wenig. Das ist viel.
Heinz Fischer, Bundespräsident a. D.
Der Wiederaufbau der Synagoge, das Kulturhauptstadtjahr 2003, das Welt-Buddhistentreffen, bei dem der Dalai Lama nach Graz kam, dazu die Errichtung der Stadthalle, des Kunsthauses, der GGZ: „Vieles der Lebensqualität, auf die wir heute stolz sind, verdanken wir ihm“, würdigte Elke Kahr ihren Vorgänger. In Erinnerung bleibt er als Bürgermeister in der Straßenbahn statt im Dienstwagen: „Trotz seines hohen Arbeitspensums waren ihm Eitelkeiten fremd.“ Als „würdevolle, asketische Erscheinung“ habe er nie „die Bedürfnisse der arbeitenden Menschen vergessen“.
Politische Wegbegleiter kamen zur Verabschiedung
Die Sozialdemokratie erwies ihrem Mitglied die letzte Ehre: Gekommen waren Staatssekretär Jörg Leichtfried, der aktuelle Landesparteichef Max Lercher sowie seine Vorgänger Anton Lang und Michael Schickhofer. SPÖ-Graz-Chefin Doris Kampus und Landtags-Klubchef Hannes Schwarz waren ebenso anwesend wie Alt-LH-Hermann Schützenhöfer und die aktuelle ÖVP-Chefin Manuela Khom.
Neben ihnen nahmen ehemalige und aktuelle Mitglieder der Stadtregierung Platz: Vizebürgermeisterin Judith Schwentner, Stadträte Robert Krotzer, Manfred Eber, außerdem die nunmehrige Obfrau der VinziWerke Österreich Martina Schröck. Gegenüber saßen der ehemalige Bischof Egon Kapellari, der evangelische Superintendent Wolfgang Rehner und Caritas-Direktorin Nora Tödtling-Musenbichler.
Zum Ende der Zeremonie hin war es Stingls Enkel Max Sommer, der die vielleicht persönlichsten Worte im Gedenken an seinen Großvater fand: „Er hat zu Tisch immer das kleinste aller Stücke genommen – sogar, wenn es Apfelstrudel gab.“ Nach der Einkehr auf der Almhütte servierte er selbst ab und danke in die Küche. „Du und Elli seid wieder vereint.“ Rote Nelken und „Tschurtscherl“ – Fichtenzapfen aus den Wäldern, in denen er so viel Zeit verbrachte – waren der letzte Gruß an den Bürgermeister.
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