Nicht nur in Spitälern, auch bei niedergelassenen Ärzten änderten sich in der Corona-Pandemie die Rahmenbedingungen rapide. Viele Hausbesuche, langwierige Behandlungen und wenig Entlohnung für ausführliche Beratungen stellen sie dabei vor neue Hindernisse. „Jeder Patient braucht viel mehr Zeit“, erklärt etwa die Allgemeinmedizinerin Naghme Kamaleyan-Schmied. Die Ärztekammer fordert neben einem Ärzte-Parkpickerl für Wien auch ein Dispensierrecht - sodass Ärzte ihren Patienten Medikamente geben können -, um den neuen Alltag in ihren Praxen zu erleichtern.
Auch am Land und in der Höhe sei man mit Covid-19 gut ausgelastet, stellt der Tiroler Arzt Edgar Wutscher fest, denn Allgemeinmediziner übernehmen die Betreuung von 90 Prozent der Corona-Positiven. Dadurch hat sich auch die Arbeitsweise verändert. Viele Patientinnen und Patienten hätten Angst vor Covid oder der Impfung dagegen. „Jeder Patient braucht viel mehr Zeit“, erklärt Kamaleyan-Schmied, die in Wien-Floridsdorf eine Ordination betreibt.
Gespräche - etwa Impfaufklärungen - seien von großer Bedeutung, führt Kamaleyan-Schmied weiter aus. Auch Long Covid-Patienten würden mit ihren langwierigen Erkrankungen viel Zeit benötigen. Die Ärztin erkennt außerdem eine Zunahme an Depressionen.
Kasse zahlt nicht für alle Behandlungen
Sie kritisiert, dass längere Gespräche mit Patientinnen und Patienten limitiert seien - nur zwei von zehn könne sie laut Kasse beraten. Auch Impfberatungen seien im Honorarsystem nicht sichtbar. Der Österreichischen Gesundheitskasse zufolge werden alle notwendigen Gespräche „als Teil der Behandlungshonorare, die mit den Ärztekammern vereinbart sind, abgegolten“.
Für besonders aufwendige Gespräche gebe es ein zusätzliches Honorar. Das Impfgespräch sei Teil des Impfhonorars; für Aufklärung, Impfung und deren Dokumentation im zentralen Impfregister gebe es 25 Euro pro Erst- und 20 Euro pro Zweit- und Drittimpfung.
Ärzte fordern Entlastungen
Für Hausbesuche fordert Kamaleyan-Schmied die Möglichkeit eines Parkpickerls für Ärzte in Wien. „Die Einführung des Dispensierrechts ist ein Muss“, appelliert Wutscher. Kranke, möglicherweise bettlägerige Menschen sollten ihre Medikamente vom Arzt oder von der Ärztin bekommen können und keine weiten Wege bis in die Apotheke mehr zurücklegen müssen. Für Covid-Patienten sei das sowieso unmöglich. Ärztekammer-Vizepräsident Johannes Steinhart fordert außerdem, die Elektronische Gesundheitsakte ELGA zu stabilisieren, die zuletzt „genau dann abgestürzt ist, als es am unangenehmsten war“ - nämlich, als wegen der Einführung von 2G wieder mehr geimpft wurde.
Geänderte Rahmenbedingungen
Auch die Organisation der Arztpraxen hat sich gewandelt. „Wir haben uns verändert, damit unsere Patienten sicher sind“, sagt Kamaleyan-Schmied. Früher seien Patienten gekommen, wenn sie sich krank gefühlt hätten, nun betreibe man viel Terminmanagement. Rezeptbestellungen per Telefon oder E-Mail, ein Rückrufservice und Terminvereinbarungen auf der Website stünden hoch im Kurs.
Patienten mit anderen Erkrankungen raten die Ärzte, trotz Covid Vorsorge- und Kontrolltermine wahrzunehmen, diese könne man trotz Pandemie gut und sicher versorgen. „Jede Erkrankung, die wir erkennen und therapieren können, ist ein dringend notwendiger Beitrag, um die Spitäler zu entlasten“, bekundet Steinhart.
Mediziner warnen vor „unsinnigen Therapievorschlägen“
Die Mediziner weisen außerdem auf die hohe Wirksamkeit der Impfung hin, über die sie ihre Patienten immer wieder aufklären. „Unsinnigen Therapievorschlägen“, etwa mit dem Entwurmungsmittel Ivermectin, erteilt Wutscher auch im Hinblick auf dadurch verursachte Vergiftungen eine „unbedingte Absage“.
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