Wohin steuert Graz?

Nach „Zubetoniererei“: Hoffen auf grüne Trendwende

Steiermark
01.10.2021 08:00

Wohin steuert Graz in Sachen Naturschutz? In unserer Serie nach der Wahl kommt nun Wolfgang Windisch, Beauftragter für den Naturschutz in der Murmetropole, zu Wort. Er hofft jetzt auf die Trendumkehr.

„Krone“: Graz wird zubetoniert, haben Sie im Jahr 2012 im großen „Krone“-Interview prognostiziert. Wie sehr hat sich das bewahrheitet?
Wolfgang Windisch: Meine Befürchtungen wurden sogar übertroffen. Das ungehemmte Bauen hat das Stadtbild nachteilig verändert, so extrem hatte ich das gar nicht erwartet.

Das spiegelt sich auch im Wahlergebnis wider?
Wir hatten das schon im Vorfeld kommen sehen, da wir das Ohr an der Bevölkerung und die Unzufriedenheit mit der Zubetoniererei deutlich wahrgenommen haben. Wenn mehrgeschoßige Wohnhäuser direkt neben Einfamilienhäuser gebaut werden, Grünfläche weg fällt, dann vermindert das die Wohnqualität. Und der Unmut wächst, weil man selbst betroffen ist.

Stichwort Grünraum: Wie viel ist in den letzten Jahren weg gefallen?
Exakte Zahlen hat das Vermessungsamt, aber es wurde täglich Grünraum unwiederbringlich zerstört. Man kann zwar ausgleichen, aber nicht ersetzen. Wenn mehr Baukräne stehen als Bäume, ist Feuer am Dach.

Sie haben damals auch gesagt, dass das Murkraftwerk „ein enormer Eingriff, ein unglaublicher Verlust an Bäumen, aus wirtschaftlichen Gründen absoluter Nonsens“ ist. Ist das so eingetreten?
Die Wirtschaftlichkeit kann ich nicht beurteilen. Aber unglaublich viel an Natur und Lebensräumen für Wildtiere sind zerstört worden. Stichwort Krähenplagen: Viele regt das auf, dass man jetzt so viele dieser Vögel in der Innenstadt sieht. Doch das ist kein Wunder. Sie waren zuerst an der Mur, dieser Lebensraum ist weggefallen, damit wurden sie in die Innenstadt verdrängt. Das Problem ist also hausgemacht, und dafür können nicht die Krähen verantwortlich gemacht werden. Das ist nur ein Beispiel von vielen. Es hat sich ein Ungleichgewicht ergeben, das die Grazer Bevölkerung noch Jahrzehnte beschäftigen wird.

Erwarten Sie eine Veränderung unter den neuen politischen Verhältnissen?
Davon gehe ich aus. Die Signale sind auf jeden Fall da, wenn ich mir die Parteiprogramme anschaue, die auch Artenschutz und Natur berücksichtigen. Unbedingt erwarte und hoffe ich, dass dem Grünraum wieder mehr Wertigkeit eingeräumt wird. Er ist gleich wichtig wie die Versorgung mit Lebensmitteln oder eine gute Infrastruktur, sonst wird der Mensch auch aus der Stadt gedrängt, weil er die Natur wo anders sucht; das kann aber nicht die Lösung sein.

Ihr Wunsch an die neue Stadtregierung?
Dass man wieder Entwicklungen fördert, die dem Gemeinwohl dienen und nicht nur dem Einzelnen, einem Bauträger zum Beispiel. Dass Grünland gefördert wird, zum Wohle aller. Das wurde vernachlässigt - und sollte doch oberstes Prinzip der Politik sein!

Wie soll sich Graz aus Ihrer Sicht entwickeln?
Lebensqualität ist immer mit Grünraum verbunden. Die Landeshauptstadt sollte wirklich das werden, als was sie schließlich immer bezeichnet wird: die grüne Stadt. Und zwar eine liebenswerte Kleinstadt. Was wir nicht brauchen, ist uns als Großstadt mit möglichst vielen Mega-Bauprojekten zu profilieren.

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