Hilfe beim Sterben

Milde und traurige Ironie nach Freundschaftsdienst

Oberösterreich
04.05.2021 08:00
Der Angeklagte habe sich verpflichtet gefühlt, seinem besten Freund zu helfen, sagt Verteidiger Andreas Mauhart. Deshalb habe der 36-jährige Linzer Tabletten für dessen Selbstmord besorgt und den Lebensmüden (29) erstickt, als der Todeskampf länger dauerte als angenommen.

Der Prozess in Linz hatte eine menschliche und eine juristische Seite. Der ehemalige Mathematikstudent, den seine psychische Erkrankung aus der Bahn geworfen geworfen hat. Und das Opfer, ein 29-Jähriger, der aufgrund seines Rundrückens seit Jahren unter quälenden Schmerzen litt und deshalb nicht mehr leben wollte. Tragik des Schicksals: Kurz nach seinem Tod bekam das Opfer die Zusage für eine OP in einer Spezialklinik, die ihn vielleicht von den quälenden Schmerzen befreit hätte, so sein Vater.

Gesellschaftspolitische Relevanz
Juristisch ging es um versuchte Mitwirkung am Suizid und Tötung auf Verlangenden. Gesellschaftspolitische Relevanz bekam der Prozess vor Richter Klaus Bittmann auch durch eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes, der Teile des Paragrafen 78, Mitwirkung am Selbstmord, im Dezember 2020 aufgehoben hatte – nach der Tat. Staatsanwältin Renate Lachberger legte den Focus aber auf Tötung auf Verlangen – und die ist weiterhin strafbar.

Angeklagter schwieg
Verteidiger Mauhart hätte den juristischen Diskurs gerne geführt. Der Angeklagte selbst schwieg. Was er zu sagen hatte, hat er bei der Polizei gesagt, als er sich selbst anzeigte.

Zitat Icon

Ich kann doch nicht sehenden Auges jemanden verurteilen, wenn es das Gesetz in einigen Monaten nicht mehr gibt.

Verteidiger Andreas Mauhart

„Täter ist auch ein Opfer“
Mauhart: „Hier sitzt ein Täter, der ein Opfer ist.“ Der Frühpensionist leide an einer schizoaffektiven Krankheit. Er sei ein „sanftmütiges Wesen“, deshalb wollte er seinem besten Freund, den er in der Psychiatrie kennengelernt hatte, und der der dominante Part in der Freundschaft war, auch bei seinem Selbstmord helfen. Die Obduktion ergab übrigens, dass die Tablettendosis tödlich gewesen wäre.

Urteil ist rechtskräftig
Das Urteil: 20 Monate Haft, nur eines davon unbedingt und durch die U-Haft verbüßt. Der Angeklagte nahm das Urteil sofort an.

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