Etliche Milliarden Euro hat die seit nunmehr einem Jahr andauernde Corona-Pandemie „Väterchen Staat“ gekostet. Doch wie sieht es für Tirol aus? Dazu hat die „Krone“ Stefan Garbislander, Abteilungsleiter für Wirtschaftspolitik, Innovation und Strategie in der Tiroler Wirtschaftskammer, befragt.
Vorab ist festzuhalten, dass es sich bei seiner Zwischenbilanz noch „um eine Schätzung bzw. Näherung“ handelt. Die Endabrechnung wird erst vorliegen, wenn die Pandemie überwunden sein wird. „Im ersten Lockdown war der wirtschaftliche Einbruch am stärksten“, erklärt der Experte, denn „darauf war ja niemand vorbereitet“. Ein Glück im Unglück war dabei, dass die Saison für den Tourismus, abgesehen von Ostern, beendet war.
„Eine Milliarde Verlust im ersten Lockdown“
„Der touristische Ausfall war aufgrund der sehr guten Monate Jänner und Februar nicht so enorm.“ Unterm Strich war es „eine Milliarde Euro an Wertschöpfungsverlust“, so Garbislander. Zum Vergleich: Österreichweit dürften es zwischen zehn bis zwölf Milliarden gewesen sein. „Im Sommer gab es eine Erholung. Sowohl im produzierenden Bereich als auch im Tourismus ging es bergauf“, erläutert der Experte weiter. Als im September die Reisewarnung seitens Deutschland kam, „wurde die Saison beendet, was aber auch nicht so dramatisch war“.
Im zweiten Lockdown ab November habe es natürlich auch Einbrüche gegeben, darauf seien aber alle „schon besser vorbereitet gewesen“. Von einer halben Milliarde Euro geht Garbislander aus.
„Am massivsten war der dritte Lockdown“
Massiv getroffen hat Tirol dann der dritte Lockdown, ,,der genau in die Wintersaison fiel“. In den Tourismusorten hatten nicht nur Hotellerie und Gastronomie einen Totalausfall, sondern auch der dort ansässige Handel, der von den Gästen aus dem Ausland abhängig ist. „Wir sprechen von einem Verlust von zwei bis drei Milliarden Euro. 30 bis 40 Prozent des Wertschöpfungsverlustes in Österreich entfielen auf Tirol.“
Alle drei Lockdowns zusammengerechnet „kommen wir also auf einen Wertschöpfungsverlust von rund vier Milliarden Euro“.
„Wachstum, das ausfiel, kommt noch hinzu“
Vergessen darf man jedoch nicht, dass zwischen den Lockdowns die Wirtschaft „sehr gedämpft war“ und das 2019 prognostizierte Wachstum von zwei Prozent ausblieb. „Wenn ich das entgangene Wachstum also auch noch dazu zähle, dann kostet uns die Pandemie – sofern sie im dritten oder vierten Quartal zu Ende geht – zwischen acht und zehn Milliarden Euro.“
„Ohne normalen Sommer kein Aufschwung“
Und wie sieht der Blick in die Zukunft aus? Dazu sagt Garbislander, dass „ein wirtschaftlicher Aufschwung nur mit einem normalen Sommer möglich ist“. Kommt er zustande, würde im Vergleich zum Vorjahr ein leichtes Plus herausschauen. „Ohne Sommersaison ist ein Wachstum keinesfalls möglich. Und je länger die Krise andauert, umso mehr unternehmerische Struktur wird zerstört. Die Erholung braucht dann natürlich noch länger.“
Die beste Konjunkturmaßnahme, die man umsetzen könne, liege auf der Hand: „Das Impfen“, sagt Garbislander und betont abschließend, dass „jede Woche Lockdown mehr verschlingt als die gesamten Impfkosten“.
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