EuGH-Urteil:

Rituelle Schlachtungen nicht ohne Betäubung

Ausland
17.12.2020 16:50

EU-Staaten dürfen nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs auch für rituelle Schlachtungen eine Betäubung des Tieres vorschreiben. Rituelle Schlachtungen als solche würden nicht verboten und damit werde die Religionsfreiheit geachtet. Das Urteil kommt überraschend, da ein EuGH-Gutachter kürzlich noch zu dem Schluss gekommen war, derartige Vorschriften widersprächen dem Recht auf Religionsfreiheit.

Religionsvertreter kritisierten das Urteil scharf, Tierschützer begrüßten es. Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt, Präsident der Konferenz der Europäischen Rabbiner (CER) und Oberrabbiner von Moskau meinte in einer Aussendung, dass das Urteil „nachhaltige Auswirkungen auf die jüdische Gemeinde in Europa haben wird. Sie muss sich einmal mehr die Frage stellen, ob sie in Europa wirklich willkommen ist.“

„Angriff auf die Religionsfreiheit“
Bini Guttmann, Präsident der Europäischen Union jüdischer Studenten, warnte, die Ermöglichung eines Schächt-Verbots „könnte jüdisches Leben, so wie wir es kennen, langfristig unmöglich machen“. Auch der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sprach von einem Angriff auf die Religionsfreiheit. Man hoffe, dass es keine Nachahmer in Europa finde und andere EU-Staaten die religiöse Schlachtung weiterhin ermöglichten.

Verhandelt wurde Rechtsstreit aus Belgien
Dort hatte die Region Flandern die Schlachtung ohne Betäubung 2017 aus Tierschutzgründen verboten. Jüdische und muslimische Verbände klagten dagegen. In beiden Religionen gibt es Vorschriften zum Schlachten ohne Betäubung - dem Schächten, um Fleisch koscher beziehungsweise halal herzustellen. Den Tieren wird dabei mit einem Schnitt Speiseröhre, Luftröhre und Halsschlagader durchtrennt - sie bluten dann aus.

Tierschutzbund begrüßt Urteil
Der Deutsche Tierschutzbund begrüßte das EuGH-Urteil: Es sei gut, dass daraus hervorgehe, dass es Wege gebe, sowohl der Religionsfreiheit als auch dem Tierschutz gerecht zu werden. Oftmals werde es so dargestellt, „dass beides nicht in Einklang zu bringen ist“. Es gäbe außerdem Betäubungsarten, die bereits von vielen Muslimen akzeptiert würden. Dem EuGH-Urteil zufolge lässt das EU-Recht zwar in Ausnahmefällen und im Sinne der Religionsfreiheit die rituelle Schlachtung ohne vorherige Betäubung zu. Die EU-Staaten könnten aber dennoch dazu verpflichten, die Tiere zu betäuben.

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