"Spitzenreiter" bei den Meldungen sind die Erzdiözese Wien mit 174 und die Diözese Innsbruck mit 115 Kontakten, gefolgt von Linz (78) und Graz-Seckau (63). In der Erzdiözese Salzburg wurde 55 Mal Kontakt aufgenommen. Niedriger ist die Zahl in Eisenstadt (29), St. Pölten (22), Gurk-Klagenfurt (16) und Feldkirch (14).
Weniger als ein Drittel, nämlich 27 Prozent der gemeldeten Fälle, betreffen tatsächlich sexuellen Missbrauch. Bei 26 Prozent der Fälle handelt es sich um Gewaltanwendung durch Geistliche bzw. Beschäftigte in kirchlichen Einrichtungen. Der Rest, also knapp die Hälfte der Meldungen, bedürfe noch weiterer Aufklärung.
Die diözesanen Ombudsstellen für Opfer sexuellen Missbrauchs in der Kirche werden künftig einen monatlichen gemeinsamen Bericht über den Stand der Meldungen veröffentlichen, kündigte der Leiter der Wiener Ombudsstelle, Johannes Wancata, am Dienstag an. Die Zahl von 566 Meldungen zeige umgekehrt auch, dass die Einrichtungen "Vertrauen genießen und das Angebot angenommen wird".
"Ich werde missbraucht. Bitte um Rückruf"
Wancata betonte, dass ein "beträchtlicher Teil" der Meldungen noch nicht geklärt sei. Zu 47 Prozent der Fälle, die via Telefon oder E-Mail hereingekommen sind, müsse noch recherchiert werden. "Oft erhalten wir nur die Meldung: 'Ich wurde missbraucht. Bitte um Rückruf'", berichtet der Leiter der Ombudsstelle der Erzdiözese. In vielen Fällen bedürfe es auch mehrerer Gespräche, um alles abzuklären und die entsprechenden Konsequenzen einzuleiten.
Geklärt muss vor allem noch werden, wie viele gemeldete Fälle noch nicht verjährt sind. Lediglich ein Prozent der 2010 gemeldeten Fälle hat sich laut offizieller Statistik nach 1993 zugetragen und wäre noch strafrechtlich belangbar.
Schönborn spricht "Schuldbekenntnis" bei Bußgottesdienst
Kardinal Christoph Schönborn hat indes angekündigt, bei einem Klage- und Bußgottesdienst ein "Schuldbekenntnis im Namen der Kirche" zu den Missbrauchsfällen sprechen. Bei der Veranstaltung im Wiener Stephansdom am Mittwoch um 19 Uhr werden die Kirchenspitze und ihre Kritiker in seltener Einigkeit auftreten: Die Plattform wir sind Kirche" war bei der Vorbereitung der Liturgie eingebunden, Schönborn wird den Gottesdienst leiten.
Das Leitmotiv der Messe lautet "Ich bin wütend, Gott!", beim Wortgottesdienst werden Menschen, die Opfer von Missbrauch durch Mitarbeiter der Kirche geworden sind, von ihren Erfahrungen berichten. "Sie werden Zeugnis von ihrer bedrängenden Situation geben", kündigte der Wiener Dompfarrer Anton Faber am Dienstag im Gespräch mit der Kirchen-Agentur "Kathpress" an. In Fürbitten und einem besonderen "Weihrauch- und Kerzenritus" könnten die Gottesdienstbesucher "ihre Ohnmacht und Enttäuschung genauso wie ihre Hoffnungen und Bitten vor Gott tragen", so Faber.
Die Gestaltung der Liturgie werde bewusst die alte kirchliche Tradition der Klagepsalmen aufgreifen, um die "dunklen Seiten" des Lebens vor Gott zu bringen, erklärte Faber. Hans Peter Hurka von "Wir sind Kirche" zeigte sich im Vorfeld des Bußgottesdienstes überzeugt, "dass das Aussprechen von Enttäuschungen ein wichtiger erster Schritt zur Aufarbeitung sein kann".
44 Prozent wollen zu Ostern eine Messe besuchen
Trotz des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche will fast die Hälfte der Österreicher (44 Prozent) zu Ostern eine Messe besuchen. Laut einer aktuellen Umfrage der GfK Austria ist der Hauptgrund dafür die Religiosität (54 Prozent), gefolgt von der familiären Verpflichtung (51 Prozent), Interesse (27 Prozent) und Brauchtum (20 Prozent). 19 Prozent gehen in die Kirche, um zu sehen und gesehen zu werden, vier Prozent pflegen dabei soziale Kontakte.
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