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Huawei: 5G und die Angst vorm Giganten aus China

Digital
24.02.2019 06:00

Eigentlich sollte 5G, die nächste superschnelle Mobilfunkgeneration, das große Thema beim Branchentreff Mobile World Congress in Barcelona sein, der am Montag seine Pforten öffnet. Doch es liegt ein Schatten über dem Supernetz: Just jenes Unternehmen, das beim Ausbau die erste Geige spielen sollte, muss sich schwerwiegender Spionageanschuldigungen aus den USA erwehren. Bewiesen ist nichts, der Ruf aber ramponiert. Nur ein schmutziges Detail des amerikanisch-chinesischen Handelskriegs oder sind die Bedenken doch begründet?

Dass US-amerikanische Geheimdienste Hintertüren in Produkten von US-Technologiefirmen wie Cisco oder Dell installiert haben, gilt seit den Enthüllungen des Whistleblowers Edward Snowden als gut dokumentiert. Unterlagen, die eine Spionage Huaweis für die chinesische Regierung belegen würden, gibt es bislang nicht. Dennoch warnen die USA von höchster Stelle vor dem chinesischen Megakonzern - und drohen verbündeten Staaten mit Informationsboykott, sollten diese trotz dieser Warnungen auf Huawei setzen.

Indizien, Mythen und Gerüchte
Gänzlich an den Haaren herbeigezogen sind die Vorwürfe nicht. Huawei ist ein Ort der Rätsel und Mythen. Das Unternehmen gilt selbst den eigenen Mitarbeitern gegenüber als verschwiegen. Am Arbeitgeber-Bewertungsportal Kununu berichten ehemalige Mitarbeiter der österreichischen Niederlassung, dass der Informationsfluss aus Peking oft beim chinesischen Personal ende. Die Besitzstrukturen des Unternehmens - die Anteile gehören laut Huawei einem Teil seiner 180.000 Mitarbeiter - sind verworren. Gründer Ren Zhengfei war früher Offizier der chinesischen Armee. Gerüchte über ein Bonus-System für Mitarbeiter, die Geheimnisse ausspähen, halten sich hartnäckig.

Dass die kommunistische Partei Chinas eine Dependance bei Huawei unterhält, macht internationale Beobachter stutzig - auch, wenn Huawei beteuert, diese habe schlicht die Funktion, die hierzulande Gewerkschaften haben. Ein 2017 beschlossenes Staatssicherheitsgesetz in China, das Firmen zur Kooperation mit den Behörden verpflichtet, macht ebenfalls skeptisch.

In Polen wurde kürzich ein Huawei-Mitarbeiter wegen Spionageverdacht verhaftet. In Kanada kam es zum Eklat, weil auf Drängen der USA die Huawei-Finanzchefin - und Tochter des Gründers - wegen angeblicher Verstöße gegen Iran-Sanktionen verhaftet wurde. In den USA wurde jüngst Anklage wegen Wirtschaftsspionage erhoben. Hier gilt laut Computermagazin „c’t“ ein Fall als gut dokumentiert: Ein Huawei-Mitarbeiter soll vor sechs Jahren die US-Niederlassung des Mobilfunkers T-Mobile ausgespäht haben. Was die deutsche Telekom heute freilich nicht daran hindert, auf Huawei als Hauptlieferanten für seine Netzwerktechnik zu setzen.

Hofer will an Huawei-Technik festhalten
Überhaupt werden die US-Vorwürfe diesseits des Atlantiks recht kritisch gesehen. Selbst der enge Verbündete Großbritannien hält das Risiko durch Huawei-Technik für „beherrschbar“ und will beim Netzausbau nicht auf Huawei verzichten. Das deutsche Bundesamt für Sicherheit in der IT sprach sich schon im Dezember gegen einen Huawei-Boykott aus - aus Beweismangel. Und hierzulande erklärte Infrastrukturminister Norbert Hofer: „Wir teilen diese Bedenken nicht in diesem Ausmaß.“ Die Chinesen seien Markt- und Innovationsführer. Beim 5G-Ausbau spiele das Unternehmen eine zu wichtige Rolle, um darauf zu verzichten.

Huawei selbst war im Vorfeld des Mobile World Congress um Schadensbegrenzung bemüht und ließ hochrangige Manager durch Europa touren. Sie relativieren vieles: Dass Gründer Ren bei der Armee war, sei nichts Ungewöhnliches und bei vielen anderen Chefs von IT-Unternehmen nicht anders. Die Beziehungen zum chinesischen Staat seien die, die für ein Privatunternehmen in China üblich seien und nicht anders als zu jedem anderen Staat auf der Welt.

Ren Zhengfei, der als öffentlichkeitsscheu geltende Gründer, hat sich zuletzt mit Interviews aus der Deckung gewagt und ortet - Stichwort: Handelskrieg - eine politisch motivierte Kampagne gegen sein Unternehmen. Sein Statthalter in Österreich, Pan Yao, im Gespräch mit krone.at: „Eher würden wir unser Unternehmen zusperren, als unseren Kunden und Partnern irgendwie zu schaden.“ Simon Lacey, einer der obersten Juristen des Unternehmens: „Wenn man andere Länder oder deren Wirtschaft als Feind betrachtet, dann ist das ein Problem.“ Aus einem Krieg auf der ökonomischen Ebene könne sich langfristig schlimmstenfalls nämlich auch ein realer Konflikt entwickeln.

Hintergrund: 5G nennt man in der IT-Branche die nächste Mobilfunkgeneration. Huawei forscht laut eigenen Angaben seit einem Jahrzehnt daran. In Österreich will man mit dem Netzausbau bis 2025 fertig sein. 2020 will Minister Hofer alle Landeshauptstädte damit ausstatten. Gegenüber heutiger LTE-Technik (4G) ist 5G viel schneller: Während LTE bis zu 300 Megabit pro Sekunde überträgt, sind es bei 5G zehn Gigabit (10.000 Megabit). Damit kann man unter optimalen Bedingungen ein Gigabyte Daten - die Größe eines kompletten komprimierten Spielfilms in DVD-Qualität - in der Sekunde übertragen. 5G gilt als Schlüsseltechnologie für das selbstfahrende Auto.

Ist Huawei gefährlich? Diese Frage über den chinesischen Netzwerkriesen stellen sich nach Warnungen vor angeblicher Spionage seitens US-amerikanischer Geheimdienste auch immer mehr Europäer. Auf krone.at haben wir uns dem Thema mit einem umfangreichen Special gewidmet und analysiert, wie der 5G-Ausbau zur Vertrauenskrise wurdemit Österreich-Chef Pan Yao gesprochen und die wichtigsten Zahlen und Fakten zu Huawei zusammengetragen. Wir wünschen viel Freude bei der Lektüre.

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