Land im Final-Fieber

Heißester Superclasico aller Zeiten in Argentinien

Fußball International
08.11.2018 11:33

Argentinien ist ein fußballverrücktes Land, in dessen Hauptstadt Buenos Aires das runde Leder den Takt vorgibt. Was sich allerdings an diesem Wochenende dort abspielen wird, haben selbst die hartgesottensten Fans nie zu träumen gewagt: Erstmals in der Geschichte treffen die beiden Erzrivalen Boca Juniors und River Plate im Finale der Copa Libertadores, dem Gegenstück zur europäischen Champions League, aufeinander. Damit kommt es am Samstag wohl zum heißesten Superclasico aller Zeiten. Schon im Vorfeld herrschte Ausnahmezustand. Und dieser wird wohl bis zum Rückspiel am 28. November auch noch anhalten.

Damit es zu diesem Traumduell (zumindest der argentinischen Fans) überhaupt erst kommen konnte, mussten beide Mannschaften Klubs des ewigen Erzrivalen Brasilien aus dem Weg räumen. River Plate machte dies besonders spektakulär, indem es Titelverteidiger Gremio aus Porto Alegre erst in einem Herzschlagfinale in die Knie zwang. 0:1 hatte man das Heimspiel verloren, bis zur 82. Minute lag man zudem auch auswärts 0:1 zurück - die Hoffnung schien begraben.

Umstrittener Elfmeter macht Traumfinale Wirklichkeit
Das 1:1 von Santos Borre mobilisierte noch einmal die letzten Kräfte, ein umstrittener Elfmeter in der 96. Minute machte schließlich das Wunder perfekt. Gonzalo Martinez versenkte, Gremio war ausgeschieden und am nächsten Tag folgte Boca Juniors in Sao Paulo gegen Palmeiras in das Finale des bedeutensten Klubbewerbes des südamerikanischen Kontinents nach. 

Ein Duell, das niemanden kalt lässt
Boca gegen River ist einerseits ein Stadtderby wie so viele auf dieser Welt, doch in Argentinien ist es viel mehr, manche würden sogar sagen, es ist alles. River, der Klub der Reichen, daher auch als „Los Millonarios“ („Die Millionäre“) verschrien, und auf der anderen Seite das im armen Hafenviertel beheimatete Boca. Treffen beide Mannschaften aufeinander, steht das Land still, zumindest für 90 Minuten. Zigmillionen Argentinier fiebern auf der einen oder der anderen Seite mit.

Kartenpreise explodieren, Staatspräsident interveniert
Das Hinspiel im Copa-Libertadores-Finale am Samstag und das Rückspiel zwei Wochen darauf werden nun aber nochmal alles bisher Dagewesene übertreffen. Wie wichtig den Argentiniern dieses Duell ist, zeigt auch, dass sich selbst der Staatspräsident Mauricio Macri, der vor seiner politischen Karriere Klubchef bei Boca Juniors war, in die Organisation einmischte. Er verkündete, dass seiner Meinung nach zu beiden Spielen jeweils auch 4000 Gästefans zugelassen werden sollten.

Dabei dürfen seit knapp über einem Jahrzehnt beinahe bei allen Erstligapartien der Superliga ausschließlich Anhänger der Heimmannschaft auf die Ränge - umso mehr natürlich auch bei Superclasicos. Die Gewaltexzesse unter rivalisierenden Anhängern waren einfach nie unter Kontrolle zu bekommen. Wenige Tage später einigten sich die Vertreter beider Vereine darauf, dass auch zu diesem Finale keine Fans des jeweilig anderen Klubs in die Stadien dürften.

Die gute Nachricht dabei lautet: Durch diese Entscheidung werden wohl mehr Heimfans ihr Team verfolgen können, immerhin müssen aus Sicherheitsvorkehrungen keine Sektoren leergelassen werden. Allerdings wird es auch so schwer genug sein, an Karten für die beiden Spiele zu kommen. Auf legalem Wege werden wohl lediglich Vereinsmitglieder Chancen haben, die sowohl bei River als auch bei Boca weit über 100.000 zählen.

Die Ticketpreise bei Drittanbietern explodieren bereits jetzt, manche Plätze werden zum Gegenwert eines Gebrauchtwagens gehandelt. Dieses Unwesen hat bereits solche Ausmaße angenommen, dass sich Boca Juniors dazu veranlasst sah, harte Strafen für weiterverkaufte Eintrittskarten anzukündigen.

Nachbar fackelt Haus wegen Streit um Superclasico ab
In einer der ärmsten Regionen Argentiniens, der nordöstlichen Provinz Misiones, werden sich wohl so oder so wenige Anhänger Eintrittskarten für das Spiel im mehrere Hundert Kilometer entfernten Buenos Aires leisten können. Dennoch gingen auch hier die Emotionen schon im Vorfeld hoch. Am Sonntag eskalierte ein Streit unter Nachbarn derart, dass schlussendlich das Haus eines Kontrahenten in Flammen aufging.  Solche Wahnsinnstaten bleiben aber hoffentlich selbst in diesem fußballverrückten Land die Ausnahme, egal wie die Finalspiele dann auch ausgehen werden.

Michael Pils
Michael Pils
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(Bild: KMM)



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