SP-Chefin Rendi-Wagner

Kern: „Hervorragender Widerpart zu Strache & Kurz“

Österreich
22.09.2018 11:23

Jetzt ist es offiziell: Pamela Rendi-Wagner wird die neue Vorsitzende der SPÖ. „Sie ist ein glasklarer Gegensatz zur Bundesregierung und ein hervorragender Widerpart zu Strache und Kurz“, sagte Noch-Parteichef Christian Kern Samstagmittag nach der Sitzung des SPÖ-Präsidiums. Ihm zufolge habe die Ex-Gesundheitsministerin und erste Frau an der Spitze der österreichischen Sozialdemokratie gute Chancen, „die nächste Bundeskanzlerin zu werden“. Kern gab bekannt, dass die Wahl einstimmig erfolgt sei. Definitiv beschlossen wird die Nominierung Rendi-Wagners für die Wahl am Bundesparteitag am 23. November vom Parteivorstand am Dienstag.

Kern sparte nicht mit Lob für seine Nachfolgerin. Alles, was sie brauche, bringe Rendi-Wagner für ihre neue Aufgabe mit. Sie sei ein Angebot für viele Wähler und ein wichtiges Zeichen für die Öffnung der Partei. Dass Rendi-Wagner erst seit eineinhalb Jahren Mitglied der SPÖ ist, sieht der Ex-Kanzler nicht als Nachtteil. Denn es gelte nicht nur den eigenen Funktionären zu gefallen, sondern ein Angebot an eine breite Wählergruppe darzustellen.

Entgegen anderslautender Darstellungen sei Rendi-Wagner „die erste Wahl“ gewesen. Es habe durchaus auch eine Reihe anderer geeigneter Kandidaten gegeben, so Kern. Am Freitag hatten sich die Bundesländer sowie die mächtige Wiener SPÖ und die Gewerkschaft für die Ex-Gesundheitsministerin ausgesprochen.

„Rendi-Wagner wird ihr eigenes Team aussuchen“
Offen ist noch, wie das Team rund um die neue Parteichefin aussehen wird. Kern betonte, dass die neue Parteivorsitzende ihr Umfeld selbstständig und ohne Einflussnahmen bilden werde können: „Pamela Rendi-Wagner wird vollumfänglich ihr eigenes Team aussuchen“, sagte der scheidende SPÖ-Chef und fügte an, dass sie diese Aufgabe mit Virtuosität meistern werde. 

„Eine große Ehre“ nach „turbulenten“ Tagen
Rendi-Wagner selbst sprach Samstagvormittag vor der SPÖ-Präsidiumssitzung von einer „großen Ehre“. Gleichzeitig bezeichnete sie die Tage, die die Partei zuletzt erlebt habe, als „turbulent“. Umso wichtiger sei es gewesen, rasch und gemeinsam die Frage des Parteivorsitzes zu klären. Weiteres will die künftige Chefin erst nach ihrer Bestätigung durch den Parteivorstand Dienstnachmittag sagen.

Rendi-Wagner vor Präsidiumssitzung: „Fühle große Ehre“

Erstmals ist eine Frau an der Spitze der SPÖ
Mit Pamela Rendi-Wagner bekommt die SPÖ - im 130. Jahr ihres Bestehens - ihre erste Bundesparteivorsitzende. Die quer eingestiegene Ärztin, die erst seit eineinhalb Jahren Parteimitglied ist, ist die zwölfte Parteivorsitzende seit Gründung der Partei Ende 1888/Anfang 1889.

Kern kandidiert als SPÖ-Spitzenkandidat für EU-Wahl
Der jetzige Wechsel kam überraschend. Kern hat am Dienstag bekannt gegeben, dass er EU-Spitzenkandidat und spätestens nach der EU-Wahl im Mai 2019 als Parteichef zurücktreten wird. Jetzt wird seine Amtszeit offiziell am 24. November enden - wenn der Parteitag Rendi-Wagner wählt.

„Das muss sie sagen, wie sie das will“
Wann Kern den Vorsitz im Parlamentsklub an Rendi-Wagner abgeben wird, ließ er offen: „Das muss sie sagen, wie sie das will.“ Ebenfalls noch nicht entschieden sei, ob Kern seinen Sitz im Nationalrat bis zur Europawahl behält. Schließlich ließ es der scheidende Parteichef auch offen, ob er ein Mandat im EU-Parlament annehmen wird, sollte er nicht als Spitzenkandidat der Europäischen Sozialdemokraten aufgestellt werden. Das werde man nach dem Urnengang sehen.

Rendi-Wagner: Modell Kern prolongiert
Die bevorstehende Kür von Pamela Rendi-Wagner zur SPÖ-Chefin ist ein Wagnis. Denn sie verkörpert exakt den gleichen Typus wie ihr Vorgänger Kern, mit dem die Sozialdemokraten ja nicht gerade von Erfolg zu Erfolg geeilt waren. Zudem ist sie in der Partei nicht gerade optimal vernetzt. Dass die Wahl letztlich auf sie fiel, hängt wohl damit zusammen, dass die Partei ein Gegenbild zu Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) schaffen will - und das ist aus Sicht der Sozialdemokraten mit Rendi-Wagner eine moderne, beruflich auch außerhalb der Politik erfolgreiche Frau in mittleren Jahren.

Viele Vorschusslorbeeren aus eigener Partei
Von den meisten Präsidiumsmitgliedern gab es schon am Samstag Vorschusslorbeeren. Der niederösterreichische Parteivorsitzende Franz Schnabl sprach von einer „sehr gute Lösung“, Vorarlbergs neuer Landeschef Martin Staudinger nannte Rendi-Wagner eine „tolle Frau“ und Frauenvorsitzende Gabriele Heinisch-Hosek freute sich „total“, dass erstmals in 130 Jahren Sozialdemokratie eine weibliche Vorsitzende das Ruder übernimmt.

Der steirische Landesvorsitzende Michael Schickhofer konzedierte, dass Rendi-Wagner als Quereinsteigerin sich sicher einarbeiten werde müssen. Da brauche sie die Unterstützung der ganzen Partei. Dass jemand, der erst seit eineinhalb Jahren SPÖ-Mitglied ist, schon Chefin werden kann, ist für Schickhofer ein „schönes Signal“.

Rendi-Wagner muss Partei einen 
Allzu viel gezeigt hat die 47-jährige Wienerin seit ihrem Eintritt in die Politik freilich noch nicht. Ins Detail ging sie nur in der Gesundheitspolitik, ansonsten war außer vorbereiteten Floskeln nicht viel von ihr zu hören. Doch einerseits hatte man in der SPÖ nicht viel Auswahl, andererseits ist Rendi-Wagner rhetorisch versiert und hat noch Zeit zu lernen, bis es wieder an die Wahlurnen geht. Ob sie tatsächlich parteiintern das Standing hat, sich gegen Gewerkschaft und mächtige Landesorganisationen durchzusetzen, wenn es inhaltlich hart auf hart kommt, ist aus heutiger Sicht fraglich.

Dies gilt umso mehr, als Rendi-Wagner nicht zufällig vom „Bobo-Flügel“ in der Partei hofiert wird: Gutverdienern in idealen Wohnlagen mit rot-grünen Tendenzen - also nicht unbedingt die Klientel, die Gewerkschaften, burgenländische SPÖ und der gerade dominante Teil der Wiener Sozialdemokraten anpeilen. Aber Rendi-Wagner dürfte ziemlich lernfähig sein. Als Kern sie zur Frauenministerin machte, reagierte die Frauenorganisation angesichts des fehlenden Stallgeruchs zunächst skeptisch. Innerhalb kürzester Zeit war man von der Ärztin ganz angetan, umso mehr, als rasch bemerkt wurde, dass sich Rendi nicht nur inhaltlich auf Linie befand, sondern sich auch entschlossen in Straßenwahlkämpfe schmeißen konnte und wollte.

Rendi-Wagner ließ in Raucherdebatte aufhorchen
Als Gesundheitsministerin hatte sie, die davor eng mit ihrer verstorbenen Vorgängerin Sabine Oberhauser (SPÖ) zusammengearbeitet hatte, zu wenig Zeit, um echte Glanzlichter zu setzen. Als Gesundheitssprecherin im Parlament verschaffte sie sich vor allem in der Diskussion um das aufgehobene Rauchverbot in der Gastronomie Gehör.

Ansonsten wurde die telegene Polit-Aufsteigerin von der SPÖ gerne in TV-Diskussionen zu allen möglichen Themen gesandt. Die für eine Parteichefin nötige inhaltliche Breite wird sich die emsige 47-Jährige freilich noch erarbeiten müssen.

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