2.254 Euro pro Kopf

NÖ und Kärnten sind “Schuldenkaiser” unter Ländern

Österreich
09.12.2009 14:19
Dramatische Verhältnisse bei der Verschuldung der Bundesländer hat am Mittwoch der Staatsschuldenausschuss zutage gefördert. Spitzenreiter sind demnach die Bundesländer Niederösterreich und Kärnten mit einer Pro-Kopf-Verschuldung von bis zu 2.254 Euro, die auf die Landesväter Erwin Pröll und den verstorbenen Jörg Haider zurückgehen. Als einziges Bundesland weist Oberösterreich keine Verschuldung auf. Auch der Bund muss seine Ausstände schleunigst in den Griff bekommen.

An die Pleite Kärntens oder Niederösterreichs glaubt der Vorsitzende des Staatsschuldenausschusses, Bernhard Felderer, zwar nicht, aber: "Für beide Bundesländer gilt, dass sie sparen müssen."

"Kärnten wird reich", hatte Landeshauptmann Jörg Haider (im Bild bei einer Landeshauptleutekonferenz mit Erwin Pröll im Jahr 2001) beim Verkauf der Hypo Alpe Adria im Jahr 2007 gefeixt - nun stellt sich heraus, dass nicht einmal der gesamte Verkaufserlös der ehemaligen Landesbank dazu ausgereicht hätte, die Schulden des Landes zu tilgen. Rein statistisch steht Kärnten für jeden seiner 560.000 Einwohner mit 2.254 Euro in der Kreide. In Niederösterreich belaufen sich die Schulden auf 1.699 Euro pro Kopf. Inklusive Schulden der Gemeinden liegt Niederösterreich sogar noch knapp vor Kärnten.

Nur Wien kann Schulden gelassen gegenüberstehen
Teilweise deutlich besser ist die Situation in anderen Bundesländern: Zwar liegt auch die Verschuldung in Wien mit 870 Euro über dem Durchschnitt der Bundesländer von 792 Euro. Doch Felderer verweist darauf, dass Wien - im Gegensatz zu Kärnten - noch über beachtliche Aktivposten verfüge: "Das Vermögen der Stadt Wien ist so eindrucksvoll (...), dass die Schulden relativ schnell getilgt werden könnten." In Salzburg liegen die Landesschulden bei 763 Euro pro Einwohner, im Burgenland sind es 733 Euro. Noch geringer ist die Verschuldung in der Steiermark (339 Euro), in Vorarlberg (212 Euro) und in Tirol (89 Euro pro Kopf). Als Musterschüler gilt Oberösterreich: Das Land weist überhaupt keine Verschuldung auf.

Die Pleite eines Bundeslandes ist laut Felderer aber ausgeschlossen, zumal im Fall des Falles der Bund einspringen müsste. Der könnte dann aber Vorgaben zur Budgetsanierung machen. Niederösterreich und Kärnten empfiehlt Felderer nun einen Sparkurs. "Die Ausgabenpolitik war sehr intensiv in den vergangenen Jahren."

Auch der Bund muss sparen
Auch vom Bund fordert Felderer einen rigorosen Sparkurs. Er sieht vor allem Kanzler und Vizekanzler gefordert: "Wir glauben, dass die Regierung sich auf höchster Ebene etwas wird einfallen lassen müssen." Die Regierung brauche ein Sanierungskonzept, um die ausufernde Staatsverschuldung ab 2011 wieder in den Griff zu bekommen. Felderer stürzt sich vor allem auf die geplante Verwaltungsreform, die aber bisher nur "bescheidene Ergebnisse" gebracht habe. Sollte ein glaubwürdiges Konzept zum Abbau der Schulden ausbleiben, drohen Österreich laut Felderer höhere Zinsen. Die Zinsen mit 7,9 Milliarden Euro übersteigen schon heuer das gesamte Schulbudget des Bundes, das 7,3 Milliarden Euro beträgt.

Die österreichische Staatsverschuldung ist zuletzt explodiert: Nachdem der Schuldenstand 2007 erstmals seit dem EU-Beitritt knapp unter der von Brüssel vorgegebenen Grenze von 60 Prozent der Wirtschaftsleistung gelegen war, wird er dank Wirtschaftskrise und Bankenhilfspaket im kommenden Jahr bereits wieder bei 73,9 Prozent liegen. Ein Schuldenabbau wird laut den Prognosen des Staatsschuldenausschusses nur bei äußerster Budgetdisziplin und gutem Wirtschaftswachstum möglich sein und selbst dann Jahrzehnte dauern. Felderer fordert die Regierung daher auf, das Defizit ab 2012 um jährlich ein Prozent des BIP zu reduzieren. Damit könnte das laufende Minus von voraussichtlich 4,7 Prozent des BIP bis 2016 auf ein Prozent reduziert werden. Wird dieser Wert gehalten, dann könnte bis 2020 ein Abbau des Schuldenberges auf 65 Prozent des BIP gelingen, glaubt Felderer.

Expertenausschuss wird öffentlich Druck machen
Der Wirtschaftsforscher kritisiert allerdings, dass die Sparvorschläge der Verwaltungsreform-Experten in der Politik bisher auf wenig Resonanz gestoßen sind. "Dort ist bisher nicht viel passiert. Die Entscheidungen lassen auf sich warten." Nun seien "Entscheidungen auf höchster Ebene" nötig, so Felderer, "auch dann, wenn es dem einen oder anderen politischen Freund weh tut". Die Expertengruppe, der er selbst angehört, werde sich daher demnächst an die Öffentlichkeit wenden und auf mehr Bewegung drängen: "Wir möchten gerne, dass das ernst genommen wird."

Steuererhöhungen kann sich Felderer nur dann vorstellen, wenn alle Sparvorschläge zum Schuldenabbau nicht ausreichen. Er verweist darauf, dass Österreich mit 44 Prozent schon jetzt die vierthöchste Abgabenquote der EU habe. Daher müsse nun ausgabenseitig gespart werden: "Sollte sich nach einiger Zeit herausstellen, dass das nicht reicht, dann wären auch Steuererhöhungen kein Tabu."

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