Knalleffekt um die umstrittene Protestaktion gegen das neue Arbeitszeitgesetz der Bundesregierung: Bilder einer Überwachungskamera zeigen zwei Männer, wie sie einen Pflasterstein, ein Grablicht und ein Kartonschild vor einer Haustür ablegen. Wie ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian am Freitagnachmittag gegenüber krone.at bestätigte, handelt es sich bei den Verdächtigen um Mitglieder des Österreichischen Gewerkschaftsbundes. Sie sollen nun „ermahnt“ werden.
Während das heftig umstrittene Paket zur Arbeitszeitflexibilisierung von ÖVP, FPÖ und NEOS im Parlament beschlossen wurde und völlig überraschend noch im heurigen September in Kraft tritt, hatte es bereits am Donnerstag schwere Vorwürfe seitens der Koalition an SPÖ und Gewerkschaften gehagelt. Abgeordnete seien mit Mord bedroht worden, hieß es - man habe Pflastersteine und Grabkerzen sogar vor Privatwohnungen gefunden. Die Aktion wird von Mitgliedern der Regierungsparteien als „Morddrohung“ ausgelegt.
Bei den Männern in dem Video handelt es sich nach Informationen von krone.at um Jugendmitarbeiter bzw. Mitarbeiter der Gewerkschaften PRO-GE und Vida - jeweils Fachgewerkschaften des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB) - aus Salzburg. Die beiden Aktivisten hatten laut einem Insider zuletzt auch an den Protesten gegen den Zwölf-Stunden-Tag in Wien teilgenommen.
ÖGB-Präsident: „So geht das nicht“
Beim ÖGB hatte man bis zuletzt betont: „Wir waren das nicht.“ Auch Präsident Katzian distanzierte sich mehrfach von der Aktion: „Ich halte fest, dass ich mich namens des ÖGB von dieser Aktion distanziere - falls Mitarbeiter in ihrer Freizeit daran beteiligt waren, werden wir mit ihnen sprechen und klarstellen: So geht das nicht!“ Im Gespräch mit krone.at bestätigte der ÖGB-Chef schließlich am Freitagnachmittag, dass es sich um „zwei junge Mitglieder des ÖGB“ handle. Die Mitgliedschaft werde ihnen nicht aberkannt, es werde bei einer Ermahnung bleiben. Die ÖGB-Führung bedauere, dass eine „so gute Protestwelle beschädigt“ worden sei.
„Unfassbare Entgleisung“
ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer sprach von einer „noch nie da gewesenen Eskalation“, FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus sah gegenüber krone.at eine „unfassbare Entgleisung“. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Max Lercher ortete hingegen nichts anderes als „tatsachenbefreite Stimmungsmache“. SPÖ-Chef Christian Kern erklärte, man habe mit dieser Sache nichts zu tun und lehne dies zutiefst ab. „Das war idiotisch.“
Bedeutung von Pflastersteinen
Gewerkschafter und SPÖ-Abgeordneter Josef Muchitsch sprach unterdessen von der Bedeutung von Pflastersteinen: „Ein Pflasterstein darf im 21. Jahrhundert kein Zeichen von Gewalt sein, das ist im 21. Jahrhundert ein Zeichen schwerer Arbeit und Ausbeutung.“ Pflastersteine dienten schon als Anschauungsmaterial beim jüngsten ÖGB-Kongress, um zu verdeutlichen, dass der in Wien lebende „Pflasterer Günther“ statt 3500 Kilogramm in acht Stunden nach der Einführung der neuen Arbeitszeitregeln künftig bei vier Stunden Mehrarbeit am Tag bis zu 1800 Kilo mehr an Pflastersteinen über sein Kreuz heben muss.
Kommentare
Liebe Leserin, lieber Leser,
die Kommentarfunktion steht Ihnen ab 6 Uhr wieder wie gewohnt zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
das krone.at-Team
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB).