Eskalation um 12-h-Tag

„Morddrohungen“ überschatten heiklen NR-Beschluss

Österreich
05.07.2018 16:15

Während das heftig umstrittene Paket zur Arbeitszeitflexibilisierung am Donnerstag von ÖVP, FPÖ und NEOS im Parlament beschlossen wurde und völlig überraschend bereits im heurigen September in Kraft tritt, hagelte es schwere Vorwüfe seitens der Regierungsparteien an SPÖ und Gewerkschaften. Abgeordnete der Regierungsparteien seien mit Mord bedroht worden, hieß es - man habe gar Pflastersteine und Grabkerzen vor Privatwohnungen gefunden. ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer sprach von einer „noch nie da gewesenen Eskalation“, FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus sah gegenüber krone.at eine „unfassbare Entgleisung“. Für SPÖ-Bundesgeschäftsführer Max Lercher nichts anderes als „tatsachenbefreite Stimmungsmache“.

ÖVP- und FPÖ-Funktionäre hatten berichtet, dass in der Nacht auf Donnerstag Plakate, Pflastersteine und Grablichter vor den Privatadressen von Abgeordneten platziert worden seien. Auch einige Fotos wurden in Umlauf gebracht. Die Koalitionsparteien werten dies offensichtlich als Bedrohung durch SPÖ und ÖGB. Abgeordnete der Regierungsparteien griffen die Aktion dankbar auf, um den Sozialdemokraten wie auch der Gewerkschaft Gewaltbereitschaft vorzuwerfen.

„Wir bedrohen niemanden“
„Wir bedrohen niemanden. Die Einzigen, die bedroht werden, sind Österreichs Beschäftigte, denen von Schwarz-Blau durch die 60-Stunden-Woche Löhne, Gesundheit und Familienzeit gestohlen werden“, meinte SPÖ-Geschäftsführer Lercher. Die Behauptungen der Koalition seien auf das Schärfste zurückzuweisen. Ähnlich der Gewerkschafter und SPÖ-Abgeordnete Josef Muchitsch: „Ein Pflasterstein darf im 21. Jahrhundert kein Zeichen von Gewalt sein, das ist im 21. Jahrhundert ein Zeichen schwerer Arbeit und Ausbeutung.“ Parteivorsitzender Christian Kern lehnte die Aktion klar ab: Man habe mit dieser Sache nichts zu tun.

„Das passiert eben ...“
FPÖ-Klubobmann Gudenus sprach gegenüber krone.at dennoch von einer „unfassbaren Entgleisung“. Seitens der SPÖ seien auch noch Zwischenrufe zu hören gewesen, die die Pflasterstein-Aktion gerechtfertigt hätten. „Das passiert eben, wenn man sich von der Sozialpartnerschaft abwendet!“, habe es geheißen. Auch als Gudenus eine Abgeordnete zur Rede stellte, sei klar geworden, dass die Aktion bei den Sozialdemokraten grundsätzlich begrüßt werde.

Auch ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer sprach von einer „nie da gewesenen Eskalation“. Das gehe „eindeutig“ zu weit, so Nehammer, der außerdem forderte: „Schluss mit den populistischen Kampfansagen und dem Verbreiten von Unwahrheiten. Zurück zu den Fakten - diskutieren wir fair und sachlich über den vorliegenden Gesetzesentwurf.“

Ende einer langen „Kampfsitzung“
Der Beschluss der Ausweitung der Höchstarbeitszeit hätte am Donnerstag auch ohne Pflastersteine und Grabkerzen für hochemotionale Debatten im Parlament gesorgt. Vor allem das überraschende Vorziehen der Arbeitszeitflexibilisierung auf den 1. September empörte die Opposition. ÖVP und FPÖ hingegen frohlockten ob des „guten Gesetzes“, das schlussendlich auch von den NEOS mitgetragen wurde.

Mit dem Beschluss, der erst nach einer ungewöhnlich langen Debatte von rund viereinhalb Stunden gefällt wurde, wird die mögliche Maximalarbeitszeit auf zwölf Stunden pro Tag und 60 Stunden pro Woche ausgedehnt. Die Normalarbeitszeit bleibt aber grundsätzlich bei acht Stunden pro Tag und 40 Stunden pro Woche. Ein SPÖ-Antrag auf eine Volksabstimmung zum Thema fand keine Mehrheit.

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