Kinder-Fastenverbot

Glaubensgemeinschaft: „Demütigung für Muslime“

Politik
14.06.2018 15:51

Kurz bevor der Fastenmonat Ramadan endet, wird noch eine hitzige Debatte über das Kindeswohl geführt. Die islamische Glaubensgemeinschaft lehnt ein von ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer gefordertes Fastenverbot für schulpflichtige Kinder vehement ab: Sie sieht darin eine „Einschränkung der Religionsfreiheit“. Damit würde man Muslime nur „demütigen“ und „entfremden“.

Die Berichte von Lehrern, die enthüllten, dass viele Schüler im Ramadan vom Fasten völlig geschwächt im Unterricht sitzen, hat hohe Wellen geschlagen. Viele würden unter Kreislaufproblemen leiden und sich nicht einmal trauen, Wasser zu trinken.

In diesem Video berichten Pädagogen über die Situation während des Fastenmonats:

Diese Medienberichte nahm Nehammer zum Anlass, um über ein Fastenverbot für schulpflichtige Kinder zu diskutieren. „Wenn religiöse Rituale - egal welcher Religion - die Gesundheit von Kindern gefährden, geht das eindeutig zu weit“, so der ÖVP-Politiker. Religionsfreiheit sei ein hohes Gut aber: „Wenn die Religion über dem Kindeswohl steht, ist Schluss“.

„Es darf nicht sein, dass gesundheitliche Risiken für die Kinder entstehen und Pädagogen Schüler nicht mehr unterrichten können. Ich fordere ein Fastenverbot für schulpflichtige Kinder, die eindeutig geschwächt sind und nicht mehr dem Unterricht folgen können. Wenn sich die Erziehungsberechtigten darüber nicht im Klaren sind, muss es im Einflussbereich von Schulen strengere Regeln geben. Wir dulden bei Kindern keine Verantwortungslosigkeit“, so Nehammer.

Glaubensgemeinschaft: „Fasten fördert sozialen Zusammenhalts und Empathie“
Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) sieht durch diese Aussagen die Fastenpraxis in ein schlechtes Licht gestellt, Nehammer „müsse bewusst sein, dass er damit muslimische Werte angreift“ erklärte IGGÖ-Frauenreferentin Carla Amina Baghajati. Der Monat Ramadan beinhalte viel mehr als eine Enthaltung von Essen und Trinken - er fördere eine Ethik des sozialen Zusammenhalts und der Empathie. „Wenn Herr Nehammer von der ÖVP meint, über den Trick das ‘Kindeswohl‘ angeblich schützen zu wollen, einer Diskussion zum Thema ‘Einschränkung der Religionsfreiheit‘ aus dem Weg gehen zu können, so wird das nicht gelingen“, meinte Baghajati.

Fastenverbot sei Demütigung für Muslime und führe zur Entfremdung
Es sei offensichtlich, dass es hier nicht um das Kindeswohl gehe, sondern vielmehr Ressentiments gegen den Islam und Muslime bedient würden. „Längst hat die Verbotspolitik den Charakter des rein Symbolhaften verloren. Zu tiefgreifend ist, wie hier Muslime ständig vor den Kopf gestoßen werden und man sie bewusst zu demütigen sucht. Dies führt zu einer gefährlichen Entfremdung in der Gesellschaft.“ Vor allem Kinder und Jugendliche bekommen diese Feindbildpolitik zu spüren. Es bestehe die Gefahr, dass sie sich deshalb bewusst von der hiesigen Gesellschaft abwenden oder - noch schlimmer - empfänglich werden für radikales Gedankengut.

Baghajati: Kinder praktizieren meist andere Formen wie „Süßigkeitenfasten“
Zur Fastenpraxis im Ramadan meinte Baghajati, dass Kinder ohnehin vom Fastengebot ausgenommen seien. „Sie sind körperlich im Wachstum und noch nicht religionsmündig. Freilich erleben sie die besondere Stimmung des Ramadan intensiv mit. Es gibt auch viele Kinder, die in verschiedenen Formen Anteil am Fastenmonat nehmen. Das heißt nicht, dass sie wie Erwachsene mitfasten. Aber sie probieren mitunter einen halben Tag zu fasten, machen ein ‘Süßigkeitenfasten tagsüber‘ oder enthalten sich bewusst schlechter Rede. In Einzelfällen mag es auch dazu kommen, dass ein Kind, meist an der Grenze zur Pubertät, schon den ganzen Tag fasten möchte. Es ist Sache der Erziehungsberechtigten dies verantwortungsvoll zu begleiten.“ Über den Religionsunterricht werde zudem ein vernünftiger Umgang mit der Fastenpraxis vermittelt, so die Frauenbeauftragte.

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