Endlich neues Album

A Perfect Circle: Zeit für neue Wege

Musik
20.04.2018 07:00

Supergroup ist eine Bezeichnung, die oft aus Verlegenheit gewählt wird. Namhafte Musiker schließen sich zusammen, werfen gemeinsame Einflüsse und Vorlieben in einen Topf und kochen daraus ein selten wirklich schmackhaftes Süppchen. Die Alternative-Rockband A Perfect Circle war Anfang der 2000er eine wohltuende Ausnahme. Nach langer Pause haben sich die Kreativköpfe nun wieder gefunden.

(Bild: kmm)

Das sind allen voran Sänger Maynard James Keenan sowie Songwriter und Gitarrist Billy Howerdel. Mit Kollegen wie Troy Van Leeuwen, Paz Lenchantin oder Josh Freese haben sie gleichermaßen melancholisch-schöne wie zupackende Rocksongs veröffentlicht. War das Debüt „Mer de Noms“ (2000) noch recht geradlinig geraten, gab es spätestens mit dem Zweitwerk „Thirteenth Step“ (2003) kaum Grenzen mehr für die Spielfreude der Truppe, zu der damals wie heute auch Smashing-Pumpkins-Gitarrist James Iha gehört.

Zeit für Wein
Nach „Emotive“ von 2004, das anlässlich der damaligen US-Präsidentschaftswahl veröffentlicht wurde und beinahe gänzlich aus Coverversionen von Antikriegs-Liedern bestand, war dann aber Schluss. Howerdel widmete sich seinem Soloprojekt, Keenan seinen Bands Tool und Puscifer - und natürlich seinen Weinen, ist der Künstler doch leidenschaftlicher Winzer. „Nach dem letzten Album war ich einfach sehr damit beschäftigt, mein Weingut aufzubauen. So was braucht viel Zeit“, erklärte er im APA-Interview nun die Zeitspanne, die bis zur am Freitag erscheinenden, neuen Platte „Eat The Elephant“ verstrichen ist.

„Ich habe aber auch viel mit Puscifer gearbeitet“, betonte Keenan. „Wie bei allen Dingen, mit denen ich mich beschäftige, konnte ich damit einfach nicht aufhören, bevor ich nicht an einem Punkt war, an dem ich dieses Projekt mit gutem Gewissen beiseitelegen konnte. Und dann schaust du auf und zwölf Jahre sind vergangen.“ Nun haben er und Howerdel aber in den vergangenen Monaten intensiv an den neuen Stücken gearbeitet, wurden aus Skizzen verfeinerte Konzepte und schließlich fertige Songs. „Eat The Elephant“ schließt in gewisser Weise zwar an bereits Erreichtes an, dürfte Fans der ersten Stunde aber auch vor den Kopf stoßen.

Kunterbunter Stilmix
So setzt etwa der Titeltrack zu Beginn ganz auf Keenans volles Timbre und zeigt sich mit Klavierbegleitung sowie atmosphärischem Grundrauschen sehr reduziert. Auch insgesamt geben erstaunlich oft Tasteninstrumente den Ton an, dürfen Stücke wie „So Long, And Thanks For All The Fish“ ungewohnt amüsant werden oder wildert man tief im Sound der 90er, wenn sich beispielsweise „Delicious“ als Grunge-Adaption gebärt. Ein Song wie „Hourglass“ kommt dagegen im Industrial-Stil daher, wobei Keenans Stimme arg verfremdet wird.

„Ich hoffe natürlich, dass wir uns verändert haben“, antwortete der Sänger dementsprechend beinahe etwas trotzig. „Jedes Jahr, das man durchsteht, beeinflusst dich in gewisser Weise - hoffentlich bringt man das Erlernte dann mit ins folgende Jahr. Das trifft natürlich auch auf Kunst und insbesondere Musik zu. Außer man ist zufrieden damit, genau das zu wiederholen, was man in der Vergangenheit gemacht hat, um vielleicht eine Art falsch verstandenen Erfolg zu erzielen. So funktionieren wir aber nicht“, unterstrich der Mittfünfziger. „Es sind einfach viele Sachen in unseren Leben passiert - große und kleine - , die insgesamt dazu beigetragen haben, dass wir heute andere Personen sind als damals.“

Jonglieren mit Melodien
Nun erfinden die beiden, die die Songs quasi im Alleingang geschrieben und eingespielt haben, das Rad keineswegs neu, verstehen es aber auch in dieser Reinkarnation von A Perfect Circle, spannende Wendungen und eingängige Hooks zu fabrizieren. „Ich arbeite einfach gerne mit Billy“, sprach Keenan das für ihn Reizvolle an der Band an. „Seine Melodien sind fantastisch, manchmal wie kleine, faszinierende Puzzles. Mit ihnen zu jonglieren war schon immer sehr attraktiv für mich.“ Das ist offenbar auch insofern nötig, als sich viele Stücke im Verlauf des Prozesses stark verändert haben.

Dabei war die Arbeitsweise für „Eat The Elephant“, dessen Titel oder konkrete Songinhalte Keenan in seiner üblichen Manier nicht kommentieren möchte, gänzlich anders als sonst für das Duo. „Es gab einfach eine große räumliche Distanz zwischen uns. Ich steckte schließlich mitten in der Weinlese. Also haben wir uns Dateien hin und her geschickt, er hat in seinem Studio gearbeitet, ich in meinem. Wir saßen kaum im selben Raum, haben aber dennoch viel miteinander gesprochen und uns ausgetauscht. Es hat letztlich gut funktioniert.“

Dritte Stimme
Ein Grund dafür war Produzent Dave Sardy, der nicht nur als Vermittler eine Funktion zu erfüllen hatte. „Normalerweise, wenn wir uns im selben Raum befinden, gebe ich Billy immer wieder mal einen kleinen Schubs in bestimmte Richtungen“, erklärte Keenan. „Er macht einfach gerne Sachen, und meine Rolle war zu sagen: ‘Hör auf damit! Hör dir an, was schon da ist, du musst nichts mehr hinzufügen. Mach es nicht kompliziert.‘ Weil ich das diesmal nicht machen konnte, brauchte ich jemanden, der diese Stimme für ihn war. Und das hat Dave Sardy übernommen.“

Den Anstoß für die Songs lieferte aber wie üblich immer Howerdel - mit einem Riff, einem Demo oder gleich einem fertigen Arrangement. Für Keenan galt es dann zu entscheiden, womit er arbeiten möchte. „Vor 20 Jahren habe ich mich noch von einem Gefühl leiten lassen. Sounds haben in gewisser Weise einen Rausch ausgelöst. Heute geht es mir aber ehrlich gesagt mehr um das Rätsel“, betonte der US-Amerikaner. „Ich weiß, dass ich einen Weg finden kann, um das, was ich höre, noch weiter zu verstärken und herauszuarbeiten. Wenn ich also etwas für mich Ansprechendes entdecke, dann springe ich darauf an. Davon werde ich angezogen.“

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