Giftanschlag-Affäre

Russland will neutrales Österreich als Vermittler

Ausland
29.03.2018 19:25

In der Affäre rund um den Giftanschlag auf einen russischen Doppelagenten in Großbritannien scheint sich die betont neutrale Haltung von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) nun auszuzahlen: Russland kann sich offenbar eine Vermittlerrolle Österreichs vorstellen. Kremlsprecher Dmitri Peskow antwortete am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Moskau auf eine entsprechende Frage, Russland brauche „jede Stimme, die London helfen kann, zur Vernunft zu kommen“. Kneissl betonte allerdings kurz darauf, dass es bislang keine entsprechende Anfrage gebe. Unterdessen gab der russische Außenminister Sergej Lawrow die Ausweisung von 60 US-Diplomaten bekannt.

Nach dem Giftanschlag auf den Doppelagenten Skripal und seine Tochter hatten zahlreiche Länder russische Diplomaten ausgewiesen. Österreich hatte sich dabei zurückgehalten - und dafür etwa aus Deutschland heftige Kritik geerntet. Nun scheint es, als wolle Russland Österreich als Vermittler im Konflikt mit dem Westen. Kneissl meinte dazu, man sei gerne bereit, „wenn wir gefragt werden“.

Polizisten vor dem Haus, in dem der frühere Doppelagent gewohnt hat (Bild: Associated Press)
Polizisten vor dem Haus, in dem der frühere Doppelagent gewohnt hat

Am Mittwochabend hatte die Außenministerin in der „ZiB 2“ bereits auf die österreichische Praxis, „Gesprächskanäle und Kommunikation offenzuhalten“, verwiesen. Das sei umso wichtiger, als Wien Sitz wichtiger UNO- und sonstiger internationaler Vertretungen sei, etwa der OSZE. Nur wenn eine schlüssige Beweiskette ergebe, dass der Anschlag in irgendeiner Form in Russland in Auftrag gegeben worden war, könnte eine multilaterale Aktion gesetzt werden.

Karin Kneissl im Jahr 2018 (Bild: APA/HERBERT NEUBAUER)
Karin Kneissl im Jahr 2018

Kurz: „Brückenbauer zwischen Ost und West“
In dieselbe Krebe schlug auch Kanzler Kurz. Er hatte am Dienstag getwittert, man wolle „Brückenbauer zwischen Ost und West sein und Gesprächskanäle nach Russland offen halten“. Großbritannien hatte am Donnerstag diplomatisch zurückhaltend auf die Weigerung Österreichs reagiert, als Zeichen der Solidarität russische Diplomaten auszuweisen. In einer Stellungnahme der britischen Botschaft hieß es: „Wir schätzen es sehr, dass Österreich gemeinsam mit allen anderen EU-Ländern seine Solidarität mit dem Vereinigten Königreich bekundet hat und uns in der Formulierung eines klaren Statements des Europäischen Rats sowie beim Zurückrufen des EU Botschafters aus Moskau unterstützt hat.“

Kneissl verwies am Donnerstagnachmittag außerdem darauf, dass sie sich am 19. und 20. April zu einem Besuch in Moskau aufhalten werde, in dessen Rahmen auch ein Gespräch mit ihrem Amtskollegen Lawrow geplant sei. Die Einladung von russischer Seite sei aber bereits im Jänner eingetroffen, es gebe also keinen direkten Konnex mit der aktuellen Affäre.

Der Kreml in Moskau (Bild: AFP)
Der Kreml in Moskau

Russland schließt auch US-Konsulat in Sankt Petersburg
Als Reaktion auf die Ausweisung von 60 russischen Diplomaten aus den USA im Zuge der Skripal-Affäre kündigte Moskau die Ausweisung derselben Anzahl von US-Diplomaten an. Zudem werde das Konsulat der USA in Sankt Petersburg geschlossen, sagte Lawrow. Die USA kritisierten die Maßnahmen. Die Entscheidung bedeute eine „weitere Verschlechterung der Beziehungen zwischen den USA und Russland“, erklärte eine Sprecherin des Weißen Hauses. Der Schritt sei aber „keine Überraschung“. Zuvor hatte die US-Regierung 60 russischen Diplomaten die Akkreditierung entzogen und die Schließung des russischen Konsulats in Seattle verfügt. Laut „New York Times“ müssen insgesamt 150 westliche Diplomaten Russland verlassen.

UNO-Chef warnt vor neuem Kalten Krieg
Angesichts der wachsenden Spannungen zwischen Russland und der westlichen Welt hat UNO-Generalsekretär Antonio Guterres vor einer Art neuem Kalten Krieg gewarnt. Vorsichtsmaßnahmen wie im Kalten Krieg seien wieder notwendig, so Guterres am Donnerstag. Die Situation besorge ihn sehr. Sie sei „in vielerlei Hinsicht ähnlich dem, was wir im Kalten Krieg erlebt haben“, und bedürfe „Kommunikationsmechanismen und Kontrolle, um Eskalation zu verhindern und sicherzustellen, dass die Dinge nicht außer Kontrolle geraten, wenn die Spannungen zunehmen. Diese Mechanismen wurden abgebaut, weil die Menschen dachten, der Kalte Krieg wäre beendet.“

Antonio Guterres (Bild: AFP )
Antonio Guterres

Während des Kalten Krieges zwischen 1947 und 1989 hatte es beispielsweise eine spezielle Telefonverbindung zwischen Washington und Moskau gegeben.

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