Anstieg nicht nur in Ö

Messer und Migranten: Verunsicherung ist spürbar

Ausland
27.03.2018 06:11

Messerattacken im öffentlichen Raum sind auf dem Vormarsch: Die Fälle haben nicht nur bei uns - wie berichtet - in den letzten Jahren stark zugenommen, auch in anderen Ländern Europas schrillen angesichts eines enormen Anstiegs der Gewalttaten, bei denen Stichwaffen zum Einsatz kommen, die Alarmglocken. Rechte Politiker sprechen bereits von einer regelrechten „Messerepidemie“. Gestritten wird vor allem darüber, ob der Migrationshintergrund beim Profil der Täter eine Rolle spielt. Ein schwieriges Thema - auch deshalb, weil statistische Angaben der Täterherkunft nicht immer vorhanden sind. Was die Migranten-Beteiligung hinsichtlich der Entwicklung der Straftaten betrifft, orten Regierungskritiker in Deutschland gar ein Tabu, denn die Fakten, um die Worte des bis März 2018 amtierenden, deutschen Innenministers Thomas de Maizere zu verwenden, „würden die Bürger verunsichern“.

Was früher die Faust war, ist heute das Messer. Die Stichwaffe gehört mittlerweile zur Grundausstattung der 15- bis 30-Jährigen: Diese Feststellung der deutschen Polizei stammt bereits aus dem Jahr 2016. „Das ist eine brandgefährliche Entwicklung. Wer ein Messer dabei hat, zückt es auch schnell“, wurde damals der Polizeigewerkschafter (GdP) aus Nordrhein-Westfalen, Arnold Pickert, in Medien zitiert.

Keine zwei Jahre sind seither ins Land gezogen und das Problem mit den Messerattacken hat sich noch weiter verschärft. Sucht man bei Google nach „Messerattacken Deutschland“, finden sich diverse aktuelle Schlagzeilen. „Blutiges Wochenende - Messerattacken in ganz Deutschland“ war zum Beispiel bei der „Bild“ am Montag zu lesen, „Messerangriffe am Wochenende: Mehrere Schwerverletzte in Deutschland“, hieß es beim „Stern“ am selben Tag.

„Verunsicherung der Bürger regelrecht spürbar“
„Die Verunsicherung der Bürger ist regelrecht spürbar, weil kaum noch ein Tag vergeht, an dem nicht Polizeimeldungen über gefährliche oder sogar tödliche Messerattacken bekannt werden“, hatte der Bundesvorsitzende der deutschen Polizeigewerkschaft, Oliver Malchow, bereits im Jänner konstatiert. Gefühlt gebe es täglich neue Angriffe mit Messern, stellte der „Berliner Kurier“ ebenfalls bereits Anfang des Jahres fest. Die Anlässe für die Gewalttaten mit Stichwaffen seien meist nichtig.

Schwierig wird es, wenn es um einen direkten Bezug zwischen dem Anstieg der Messerattacken und Migranten geht. In den meisten Medien will man diese brisante Verbindung möglichst nicht ohne vorliegende Zahlen - die jedoch nicht überall und oft nur teilweise vorhanden sind - herbeischreiben. Bisher werden in Deutschland nur Messerattacken auf Polizisten statistisch aufgeführt, nicht jedoch die auf gewöhnliche Bürger. Aktuell kursierende Zahlen stammen meist aus Auswertungen von Polizei-Pressemeldungen. Die Frage, ob es Bevölkerungsgruppen gibt, die tendenziell stärker zum Einsatz von Messern neigen, werde laut Kritikern so noch überhaupt nicht gestellt.

Messer spielen in „Problemgebieten“ größere Rolle
Auch die deutsche Polizeigewerkschaft ist mit ihren Aussagen zu diesem Aspekt der Messerattacken vorsichtig. So erklärte Polizeigewerkschafter Malchow gegenüber dem „Berliner Kurier“ zwar, dass laut Kollegen „gerade junge Männer zwischen 15 und 30 Jahren immer öfter ein Messer dabei hätten“ und Messer in Problemstadtteilen eine größere Rolle als in bürgerlichen Gegenden spielen - ob möglicherweise junge Männer aus eingewanderten Familien eine größere Rolle spielten, wisse er aber nicht.

Betrachtet man allerdings die oben bereits genannten aktuellsten Meldungen in Sachen Messerkriminalität, ergibt sich ein doch recht deutliches Bild: Demnach hat ein 16-jähriger Syrer einen 15-Jährigen bei einer Massenschlägerei in der Nähe einer Schule niedergestochen. Ein weiterer Fall betrifft einen Deutsch-Tunesier, der sich an einem Bahnhof mit einem anderen Tunesier einen Messer-Streit lieferte. In einer Asylunterkunft gab es drei Verletzte, weil ein Mann ein Messer gezückt hatte. Bei einer Massenschlägerei zwischen irakischen und libanesischen Großfamilien kamen ebenfalls Messer zum Einsatz. Drei syrische Jugendliche - 13, 14 und 17 Jahre alt - wiederum attackierten nach einem Streit in einem Supermarkt ein deutsches Paar am Heimweg mit dem Messer. Eines der beiden Opfer, eine 24 Jahre alte Deutsche, wurde lebensgefährlich verletzt. Alles Messerattacken, die sich an einem einzelnen Wochenende im März 2018 zugetragen haben.

Die deutsche Psychologin Susanne Altweger hatte bereits 2016 gegenüber Medien erklärt: „Zum einen fühlen sich die jungen Leute durch die jüngsten Terroranschläge fälschlicherweise legitimiert, sich selbst zu bewaffnen. Zum anderen denken sie, dass sie mit einem Messer zur Welt der Erwachsenen gehören.“

AfD warnt vor grassierender „Messerepidemie“
In der deutschen Politik hat die AfD das Thema Messerkriminalität aufgegriffen, die rechte Partei schießt sich bereits seit einiger Zeit auf die Verbindung zwischen Messern und Migranten ein, teilte dazu etwa Mitte März eine Grafik mit dem Titel „Messerepidemie grassiert“ auf Twitter. Als vermeintliche Täter brachte die Partei Türken, Kurden, Tschetschenen, Afghanen, Eritreer, Gambier und Syrer ins Spiel - inklusive Messer-Emoji zur Untermauerung des Vorwurfs. Kritiker warfen der Partei daraufhin vor, sie würde die Messerattacken durch Ausländer „erfinden“.

„Konflikte zwischen Flüchtlingen“
Demnach handelt es sich auch bei vielen Opfern von Attacken um Syrer, Afghanen oder Iraker, wie die Polizei in einer Auswertung für den ARD dokumentierte. Unter den deutschen Opfern finden sich demnach Betreuer oder Sicherheitsmitarbeiter in solchen Unterkünften. Auch im Bundesland Rheinland-Pfalz teilte die Polizei auf Anfrage mit, dass bei der Nationalität sowohl bei Tätern als auch Geschädigten eine relativ hohe Zahl von Afghanen und Syrern auffalle. „Ein weiteres Indiz dafür, dass Konflikte zwischen Flüchtlingen eine große Rolle spielen“, hieß es dazu in dem ARD-Bericht.

Die steigenden Messerattacken haben aber mittlerweile nicht nur die AfD auf den Plan gerufen. So forderte die SPD in Nordrhein-Westfalen vor Kurzem eine spezielle Anführung von derartigen Angriffen in der Polizeistatistik. Was jedoch nicht gefordert wurde, ist das statistische Erfassen der Täterherkunft - was aber nach Ansicht vieler Menschen nötig wäre, um die Problematik umfassend zu verstehen.

Auch US-Politik greift Problematik in Europa auf
Die Messerattacken in Deutschland - und hier vor allem eine Verbindung der Gewalttaten mit dem Islam - werden selbst in den USA von der Politik thematisiert. So publizierte der Think Tank „Gatestone Institute“ Ende 2017 ein Papier, in dem von 1600 Gewalttaten mit Messern in Deutschland zwischen Jänner und Mai 2017 die Rede ist. Die Zahl beruhte jedoch nicht auf polizeilichen Statistiken, sondern war - wie viele in Medien kursierende Zahlen - aus Pressemitteilungen der Polizei errechnet worden.

In den Veröffentlichungen des Think Tanks, hieß es in der ARD-„Tagesschau“, gehe es vorwiegend um den Islam, „der sich in Europa und den USA ausbreite und Zerstörung und Gewalt mit sich bringe“. Somit ist klar, worauf auch der Text über die Messerattacken abzielt: einen direkten Zusammenhang zwischen den steigenden Zahlen bei Gewalttaten mit Stichwaffen und den islamischen Migranten in Europa herzustellen.

US-Think-Tank wirft deutschen Behörden bewusste Vertuschung vor
„Bundeskanzlerin Merkels Einwanderungspolitik der offenen Tür hat einen Teufelskreis der Gewalt in Gang gesetzt, in dessen Zuge immer mehr Menschen in der Öffentlichkeit Messer bei sich tragen - darunter auch zur Selbstverteidigung“, ist in der „Gatestone“-Publikation zu lesen. Weiter: „Verlässliche Statistiken über Messergewalt in Deutschland - wo die Polizei beschuldigt wird, es zu versäumen, über viele Verbrechen zu berichten - wohl im Versuch, die Öffentlichkeit ,nicht zu beunruhigen‘ - existieren nicht.“

Fazit: „Diejenigen Verbrechen, über die berichtet wird, werden oft als ,Einzelfälle‘ abgetan, die nichts mit der Masseneinwanderung zu tun hätten. Zudem fehlt in vielen Berichten über Straftaten, auch in Polizeiberichten, oft jeglicher Hinweis auf die Staatsangehörigkeit der Täter und der Opfer - offensichtlich, um zu vermeiden, die Stimmung gegen Einwanderung zu bestärken.“

Die brisante Publikation des US-Think-Tanks mit dem Titel „Deutschland - Immer mehr Messerangriffe“ ist auch deshalb für Europas Politik von immenser Bedeutung, weil der Präsident von „Gatestone Institute“ John Bolton heißt. Bolton ist niemand Geringerer als der neue Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Donald Trump und für seine erzkonservative und militaristische Haltung bekannt.

Alarmierender Anstieg der Messerattacken auch in Großbritannien
Nicht nur in Österreich und Deutschland sind Messerattacken ein wachsendes Problem. Ein anderes europäisches Land, das seit Längerem schon mit einem starken Anstieg bei Messerattacken zu kämpfen hat, ist Großbritannien. Auf der Insel sind Messer mittlerweile eine dermaßen beliebte Waffe, dass sich ein Künstler veranlasst sah, einen Messer-Engel zu kreieren. Die in zwei Jahre langer Arbeit entstandene Statue besteht aus 100.000 von der Polizei beschlagnahmten bzw. bei einer Aktion gegen Messergewalt eingesammelten Stichwaffen. Der Initiator der Aktion „Save a Life, Surrender your Knife“ will dem Engel zudem einen Sockel aus weiteren, Hunderttausenden Messern verpassen, die er mittels eigenen Sammelkästen im ganzen Land aus dem Verkehr ziehen möchte.

Wie dramatisch die Situation ist, machen die jüngsten Statistiken in Großbritannien deutlich: So berichtete der „Guardian“ Ende des Vorjahres, die Zahl der Messertoten unter Kindern und Jugendlichen habe ein „40-Jahres-Hoch“ erreicht. Spitalsbehandlungen von Messerwunden sei im Vorjahr um 21 Prozent gestiegen, nachdem bereits im Jahr 2016 ein Anstieg um 13 Prozent verzeichnet worden war. 38 von 44 Polizeieinheiten des Landes hatten laut dem Bericht eine Steigerung bei den Messerangriffen gemeldet - meist in Problemgebieten.

Messerkriminalität als „soziales Problem“
Britische Medien veröffentlichten außerdem erst in der Vorwoche aktuelle Zahlen des nationalen Statistikamts, wonach in Großbritannien im Vorjahr bis September insgesamt 37.443 Messerattacken verzeichnet wurden. Allein in London waren es demnach 12.980 Angriffe mit Stichwaffen - um 2452 mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Landesweit gab es 2017 7628 Verurteilungen von Verbrechen, bei deinen ein Messer zum Einsatz kam. Im Mittelpunkt der Berichterstattung dazu stehen vor allem die vielen Jugendbanden, wohingegen die Herkunft der Täter selbst im Boulevard wenig thematisiert wird. Vielmehr werden die Messer von der Mehrheit als ein „soziales Problem“ gesehen, die Tatorte der blutigen Messerangriffe sind meist in „Problemgebieten“ oder „Problemstadtteilen“ zu finden.

Im „Guardian“ wurde dazu festgehalten, dass zwar in London die Messer-Opfer unverhältnismäßig oft dunkelhäutig sind, die meisten Opfer in England und Wales allerdings nicht. „Es ist nicht die ethnische Zugehörigkeit, sondern Geschlecht und Alter, die wahrscheinlich die stärksten Anzeichen für die Beteiligung an der Messerkriminalität sind.“ Messerkriminalität, so das Fazit, sei normalerweise mit Armut und oft mit schlechter psychischer Gesundheit, fehlender Schulbildung und einem Mangel an wirtschaftlichen Möglichkeiten verbunden. „Ethnizität kann ein Hinweis auf diese Umstände sein, aber es ist keine Ursache.“

„Interkulturelle Konflikte“ laut BKA häufigster Auslöser für Messerattacken
In Österreich führt das Bundeskriminalamt - wie berichtet - den jüngsten Anstieg derartiger Attacken zu 75 Prozent allein auf „interkulturelle Konflikte“ zurück. Dass der Anstieg an Gewalttaten mit Stichwaffen auch mit der Flüchtlingswelle in Zusammenhang steht, liegt dabei auch für Experten auf der Hand. Islam-Experte Amer Albayati erklärte gegenüber der „Krone“: „Viele der Migranten bei uns sind in ihren Heimatländern in Konfliktsituationen aufgewachsen, da greift man schnell einmal zum Messer. Diese Kultur wurde teilweise importiert."

Der Blick auf Europa macht letztlich eines deutlich: Das Thema Messer und Migranten drängt angesichts der steigenden Straftaten mit Sichwaffen immer mehr ins Zentrum der öffentlichen Diskussion, die Bürger lassen sich mit Entwarnungen über „Einzelfälle“ nicht mehr abspeisen und fordern von der Politik Maßnahmen. Um dieses kulturelle Minenfeld nicht Hetzern zu überlassen, bedarf es Fakten. Fakten, zu denen wohl auch die Migrationshintergründe der Straftäter zählen, will man die Problematik wirklich umfassend verstehen.

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