Die Anklagebehörde wirft Ildar A. Überstellung an eine ausländische Macht, geheime nachrichtendienstliche Tätlichkeit zum Nachteil der Republik Österreich und Bestimmung zum Amtsmissbrauch vor. Der gebürtige Kasache, der die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, soll zur gescheiterten Entführung des Alijew-Vertrauten beigetragen haben, indem er unter anderem den unmittelbaren Tätern im Vorfeld in seinem Haus Unterschlupf gewährte, ihnen eine Telefonwertkarte besorgte, mit ihnen laufend Kontakt hielt und kommunizierte und sie logistisch unterstützte.
"Es hat nie eine Entführung gegeben"
Der Angeklagte bezeichnete sich als Opfer einer Verschwörung des beim kasachischen Staatspräsidenten Nursultan Nasarbajew in Ungnade gefallenen Rakhat Alijew. "Das ist eine Inszenierung. Das haben sicher Alijew und seine Leute organisiert. Es hat nie eine Entführung gegeben". Er bekannte sich daher nicht schuldig. Sollte er verurteilt werden, drohen ihm zehn bis 20 Jahre Haft. Die Verhandlung wird am 7. Oktober fortgesetzt.
Drei Männer hatten am frühen Nachmittag des 17. Juli 2008 nur wenige Meter vom Wiener Straflandesgericht entfernt versucht, Mussajew in ein Auto zu drängen, als dieser sein Büro verließ, um - so Staatsanwalt Hans-Peter Kronawetter - ihn daraufhin der kasachischen Botschaft zu übergeben.
Ehemaliger Geheimdienstchef nicht leicht einzuschüchtern
Da Mussajew sein Chauffeur zu Hilfe kam und der Mann als ehemaliger Geheimdienstchef offenbar auch nicht so leicht einzuschüchtern und zum Einsteigen zu bewegen war, schlug die Entführung fehl. Stattdessen vereinbarte Mussajew laut Anklage zum Schein mit den ihm Unbekannten für 16 Uhr desselben Tages ein Treffen in einem Kaffeehaus, zu dem er nicht erschien.
Während der Unterhaltung mit den ihn bedrängenden Männern telefonierten diese - und zwar mit einer Nummer, die im Nachhinein zweifelsfrei Ildar A. zugeordnet werden konnte. Nicht nur hinter Mussajew war der KNB her. Der Staatsanwalt berichtete von zwei weiteren geplanten Entführungen am 26. August 2008 sowie am 22. September 2008, die sich gegen Alijew selbst sowie dessen ehemaligen Leibwächter richteten. Beide sollten demnach außer Landes gebracht werden, um sie - so die Vermutung - in Kasachstan den Behörden übergeben zu können. Auch diese Pläne ließen sich nicht in die Tat umsetzen.
"Vermehrtes Auftreten von Geheimdienstlern in Wien"
Alijew war ursprünglich der Schwiegersohn des kasachischen Staatschefs Nursultan Nasarbajews und ein erfolgreicher Geschäftsmann. Im Frühjahr 2008 wurde er in seiner Heimat in Abwesenheit allerdings zu zweimal 20 Jahren Haft verurteilt, weil er an der Entführung zweier bis zum heutigen Tag verschwundener Banker beteiligt gewesen sein und eine Mafia-Vereinigung begründet haben soll. Alijew bestreitet diese Behauptungen entschieden. Er sei dem kasachischen Staatspräsidenten gefährlich geworden und daher von diesem fallen gelassen und verfolgt worden.
Österreich, wo Alijew zuletzt als Botschafter tätig war, lehnte ein Auslieferungsansuchen Kasachstans ab, weil diesem in seiner Heimat kein faires Verfahren sicher sei. Daraufhin setzte laut Staatsanwalt Kronawetter "ein vermehrtes Auftreten von Geheimdienstlern in Wien" ein.
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