Wer sagt da Schnulzenheini? Wer spricht von triefendem Schmalz, wenn Eros Ramazzotti singt? Wer von quäkender Stimme? Eros’ Wien-Konzert in der Stadthalle war vom ersten bis zum letzten Ton großartig, sympathisch und überraschend retro-orientiert. Ein kleiner Italiener in Hochform überzeugte sogar seine Kritiker...
Dafür, dass die Tour "9" heißt, wiesein neues Album, hat Eros Ramazzotti erstaunlich wenig von dieserCD gebracht. Das tat der Stimmung keinen Abbruch, die Fans konntendie meisten Songs mitsingen und waren entsprechend begeistert.Eros brachte beinahe ein Best of seines musikalischen Schaffens.Dabei kamen einige Songs in völlig neuem Gewand daher, "Adessotu" zum Beispiel performte der Römer allein auf der Bühnemit der Gitarre in der Hand, auch gesanglich überraschteer, nicht nur bei diesem Song.
Der kann ja singen... Eros hat über die Jahre tatsächlich singengelernt. Hielt er sich in der ersten Konzertviertelstunde beiden ganz hohen Tönen noch zurück bzw. das Mikro weitgenug weg, so dass sie nicht auffielen, brillierte er die übrigenzwei Stunden durch perfekte Gesangsdarbietung und interessantePhrasierungen.
...und Gitarre spielen! Vielseitig präsentierte sich der Süditaliener,einige Gitarrensoli brachte er zu Gehör, und die waren vomFeinsten. An seinen phänomenalen Lead-Gitarristen reichteer natürlich nicht heran. Auch ans Schlagzeug setzte sichEros. Unterstützt von seinem Hauptberufs-Drummer wirbelteer über Felle und Becken. Man wusste zwar nie, welche Tönejetzt tatsächlich von Eros selbst und welche vom großenSchlagzeug im Hintergrund kamen, aber es kam gut und der Italienerhatte seinen Spaß.
Diesen Eindruck machte er das ganze Konzert über:Eros hatte Spaß, mit der Musik, mit dem Publikum (er stürztesich sogar in die Menge!), seinen Musikern und seinen beiden Backgroundsängerinnen(die auch als Duettpartnerinnen nicht nur eine gute Figur, sondernauch eine gute Stimme machten).
Gigantisch, apokalyptisch, aus einem Guss In Sachen Bühnenshow ist Eros erwachsen geworden.Stand er früher einfach während des ganzen Konzertesmit geschlossenen Augen, die Fäuste in den Hosentaschen geballt,präsentiert er jetzt eine Bühnenshow aus einem Guss.Zu Beginn des Konzertes zeigt er Posen im Gegenlicht von Stichflammenauf der Riesenleinwand hinter ihm. Die Bühne selbst wirktdabei apokalyptisch, glühende Erdschollen wirken, als würdegleich flüssige Lava dazwischen hervorquellen. Schier endloseBeleuchtungsmöglichkeiten ändern das Bild von Song zuSong, so steht Eros beim nächsten praktisch auf einer aufgerissenenStraße irgendwo in Rom, bevor er zu "Stella gemella" aufeinem Kometen durch das All rast.
Mega-Kamera-Aufwand Für das Bespielen der Riesenleinwand im Hintergrundwar Herrn Ramazzotti offenbar kein Aufwand zu groß. Währenddes gesamten Konzertes waren mehrere ferngesteuerte Kameras imEinsatz, die phantastische, effektgeladene Livebilder lieferten:eine fahrbare am Bühnenrand, eine Minikamera, die an einemlaaangen Galgen um Eros herumtanzte. Und eine hing sogar an einemgroßen Ballon, der durch die Halle schwebte.
Fazit: 130 Minuten Eros samt Band, alles von höchstermusikalischer Qualität, mit einer tollen Performance undrichtig gutem Sound (in der Stadthalle keine Selbstverständlichkeit).
Wertung: 9 von 10 gut gefüllten Ramazzotti-Gläsern.
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