Gewaltige Lawine

Bahnstrecke nach Lawinenabgang lahmgelegt

Österreich
01.03.2009 20:21
"Es klang, als würde die Welt untergehen" - um 7.10 Uhr ist Samstag früh eine riesige Lawine in Wald am Schoberpass im steirischen Bezirk Leoben ins Tal gedonnert. Auf 500 Metern Länge wurde die ÖBB-Bahnstrecke, über die die Verbindungen Graz-Linz bzw. Graz-Salzburg und Graz-Innsbruck laufen, teils bis zu acht Meter hoch verschüttet. Wegen drohender Nachlawinen wurden zwei Gehöfte evakuiert. Auch in Tirol und Salzburg gingen zahlreiche Lawinen ab. Traurige Bilanz: mindestens ein Toter und zahlreiche Verletzte. Die Gefahr von Lawinen ist übrigens auch am Sonntag noch als massiv einzuschätzen.

Kurz nach sieben Uhr früh dürften am Samstag alle 630 Einwohner von Wald am Schoberpass wach gewesen sein - vom Großen Schober hatte sich eine riesige Lawine gelöst und ins Tal gewälzt. "Es hörte sich an, als würde die Welt untergehen", berichtet eine Walderin.

Bahngleise meterhoch verschüttet
Die Bahngleise für den ÖBB-Hauptzugsverkehr nach Salzburg und Linz sind blockiert - sie wurden meterhoch verschüttet. Riesenglück hatte ein Sonderzug auf dem Weg nach Schladming: "Eine halbe Stunde später und die Lawine hätte ihn erwischt", erzählt ein Einheimischer. Die Skifahrer wurden mit Bussen abgeholt. Laut ÖBB wurde für die Strecken von und nach Salzburg und Linz - bis mindestens Sonntag - Schienenersatzverkehr eingerichtet.

Mehr Bilder aus Wald am Schoberpass findest du in der Infobox!

Lawinensprengungen am "Leobner"
Wegen drohender Nachlawinen mussten in Wald zwei Gehöfte mit fünf Kindern sicherheitshalber evakuiert werden. Bei einem der Häuser hat vermutlich nur der Bahndamm verhindert, dass die Lawine das Haus niederwälzt. Um 14 Uhr wurde die "Pyhrn" zwischen Waldtunnel und Kalwang gesperrt - auf dem "Leobner gegenüber des Großen Schobers wurden Lawinensprengungen durchgeführt.

Vor vier Jahren gewaltige Staublawine abgegangen
Bereits vor vier Jahren hatte sich in Wald am Schoberpass ein tragisches Lawinenunglück ereignet. Am 3. Februar 2005 wurden drei Jäger, die mit einem Geländewagen und einem Traktor zur Wildfütterung fuhren, unter den Schneemassen begraben - ihre Leichen konnten erst nach Wochen geborgen werden. Die gewaltige Staublawine war vom 2036 Meter hohen "Leobner" abgegangen.

Damals hatte es in der Obersteiermark ein ähnliches Schneechaos wie jetzt gegeben. Zahlreiche Gemeinden waren von der Umwelt abgeschnitten, Urlauber saßen auf Almen fest, Gehöfte mussten evakuiert werden.

Orte weiterhin nicht erreichbar
Nach wie vor von der Umwelt abgeschnitten sind Kleinsölk (Sperre der L776) sowie Gschöder, Hinterwildalpen und Weichselboden (Sperre der B24). Weiters wegen Lawinengefahr gesperrt sind die Hengstpass-, die Ramsauer und die Koppental-Landesstraße sowie das Niederalpl, die Oppenberg- und die Rössingstraße.

Lawinengefahr in Salzburg und OÖ weiterhin enorm
In Salzburg wird trotz des Schönwetters auch am Sonntag von Skitouren abgeraten. Im Großteil des Landes gilt nach wie vor die Lawinenwarnstufe 4. Lediglich in den Nockbergen wurde auf Gefahrenstufe 3 abwärtsgestuft, aber auch dort sei die Gefahr von Schneebrettern erheblich, hieß es beim Lawinenwarndienst der Landesregierung.

Einige wegen Lawinengefahr gesperrte Straßen wurden zwar am Sonntag wieder freigegeben. Die Verbindung von Lofer über das Kleine Deutsche Eck nach Salzburg wird aber voraussichtlich bis Montagmittag unpassierbar bleiben. Nach wie vor gesperrt sind  auch die B152 (Seeleiten-Straße) zwischen Unterach und Weißenbach am Attersee, die B159 (Salzachtal-Straße) zwischen Golling und Pass Lueg sowie die P1 (Felbertauern Mautstraße) zwischen Matrei und Felbertauerntunnel.

Da die Lawinengefahr am Sonntag im Lagebericht der oberösterreichischen Landesregierung als "erheblich" bis "groß" eingestuft wird, sind immer noch zahlreiche Straßen in Oberösterreich gesperrt. Die Hengst Straße (L550) zwischen Oberlaussa und Unterlaussa und die Langbathsee Straße (L1297) zwischen Kohlstatt und Langbathsee im Bezirk Gmunden unpassierbar. Ebenfalls gesperrt ist der Koppenpass (L547), Pkw-Lenker müssen über den Pötschenpass ausweichen.

Experten warnen vor "Lawinenwochenende"
Auch in Tirol warnen die Experten des Lawinenwarndienstes nach den Schneefällen der letzten Tage vor einem "lawinenaktiven" Wochenende. Vor allem die ansteigenden Temperaturen und die Sonneneinstrahlung - vor allem im Tagesverlauf - werden dafür sorgen, dass die Gefahr rasch auf "groß" ansteigen wird. Erwartet würden "zahlreiche, zum Teil auch große spontane Lawinenabgänge".

Einen ersten "Vorgeschmack" gab es am Samstagvormittag an der Ortseinfahrt zu Sölden, wo ein rund 30 Meter großes Schneebrett die gesamte Ötztalstraße unter sich begrub. Verschüttete dürfte es laut Polizei aber keine gegeben haben. Nur wenige Stunden später wurden auf der Felbertauernstraße in Osttirol zwei Pkw von einer Lawine erfasst. Nach Angaben der Polizei konnte sich aus einem der beiden Fahrzeuge, das von den Schneemassen in den Straßengraben geschleudert worden war, eine vierköpfige Familie selbstständig befreien. Der andere Pkw dürfte leer gewesen sein.

Deutscher Eiskletterer von Lawine erfasst und getötet
Weniger Glück hatte ein sechsköpfige Gruppe Eiskletterer im Tiroler Bezirk Innsbruck-Land. Trotz Lawinenwarnstufe vier war die Gruppe zum Eisklettern in St. Siegmund im Sellrain aufgebrochen, wo sich gegen 15.15 Uhr eine Lawine löste und die Kletterer erfasste. Einer der Männer, ein aus Deutschland kommender Urlauber, erlitt dabei lebensgefährliche Verletzungen und erlag diesen noch an Ort und Stelle. Die restlichen Mitglieder mussten mittels Tau von einem Hubschrauber geborgen werden.

Die Experten rechnen mit weiteren Lawinenabgängen in den Regionen der Stubaier, Ötztaler, Tuxer und Zillertaler Alpen. Anfangs werden davon nach Osten ausgerichtete Steilhänge, etwas verzögert dann auch sehr steile Süd- und Westhänge unterhalb 2.500 Meter betroffen sein. Aus höheren, von der Sonne beschienenen Steilhängen können dort zusätzlich frische Triebschneeansammlungen spontan abgehen. Diese könnten in weiterer Folge auch tiefere Schneeschichten mitreißen, so die Experten.

Lawinentote auch in Südtirol
Das wurde am Samstag auch in Südtirol zwei Tourengehern zum Verhängnis: Die beiden Einheimischen konnten zwar nach Alarmierung der Bergrettung über ihre Lawinenpiepsgeräte schnell geortet werden, für sie kam aber jede Hilfe zu spät, schilderte ein Sprecher der Bergrettung Meran. Die Verunglückten konnten nur mehr tot geborgen werden.

Gegen 16.00 Uhr hatte ein Südtiroler die Einsatzkräfte alarmiert, nachdem er einen Lawinenabgang an der kleinen Orgelspitze im Martelltal beobachtet hatte. Weil ein Aufstieg aufgrund nachfolgender Lawinen zu gefährlich war, mussten zwei Männer der Bergrettung Meran mit einem Rettungshubschrauber zu dem Lawinenkegel geflogen werden. Ersten Vermutungen zufolge dürften die beiden Tourengeher aber bereits am Vormittag von einer Lawine erfasst worden sein.

von Eva Molitschnig, Kronen Zeitung, und krone.at

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